Sintflut
Manne damals befohlen, es zu tun; er war ein Werkzeug in meinen Händen. Belieben Sie, ihn jetzt freizugeben?« Boguslaw schwieg.
»Ich bitte nicht umsonst um die Befreiung dieses Mannes.«
»Und was bieten Sie mir denn für ihn?«
»Mich selbst.«
»Oho, was für ein Lösegeld! Sie sind sehr freigebig. – Aber Sie werden vielleicht noch jemand anderes auszulösen haben!«
Kmicic näherte sich dem Fürsten um einen Schritt; er war schrecklich bleich geworden, so daß der Fürst unwillkürlich zur Tür sah und trotz seines Wagemutes das Gesprächsthema wechselte.
»Pan Sapieha wird kaum auf diesen Tausch eingehen,« bemerkte er. »Mir wäre es sehr angenehm, aber ich verpfändete mein fürstliches Wort für Ihre Sicherheit.«
»Ich werde dem Hetman durch jenen Soldaten einen Brief zustellen, daß ich freiwillig geblieben bin.«
»Und er wird trotz Ihres Wunsches Ihre Freilassung fordern! Sie haben ihm viel Nutzen gebracht. – Auch wird er Sakowicz nicht entlassen: Sakowicz aber schätze ich höher als Sie!«
»Dann entlassen Sie uns beide. Und ich gebe Ihnen mein Wort, dahin zurückzukehren, wohin es Ihnen beliebt.«
»Morgen harrt meiner vielleicht der Tod! Die Zukunft interessiert mich wenig.«
»Ich flehe Sie an! – Für diesen Mann will ich –«
»Was denn?«
»Will ich auf meine Rache verzichten!«
»Hören Sie, Pan Kmicic, ich bin viele Male in meinem Leben mit dem Jagdspieß auf Bären losgegangen, nicht etwa in der Notwehr, sondern aus freiem Willen. – Ich liebe es, daß mir eine Gefahr droht, – dann erscheint mir das Leben nicht so langweilig. Auch Ihre Rache sehe ich als eine Zerstreuung für mich an, denn, ich muß Ihnen gestehen, Sie sind auch so ein Bär, der von selbst auf den Jäger zurennt.«
»Fürst,« rief Kmicic, »der Herrgott erläßt auch für eine kleine Guttat große Sünden. Wir wissen nicht, wann wir vor den Richterstuhl Christi berufen werden.«
»Genug!« unterbrach ihn Boguslaw, »wenn ich einen Prediger gebrauchen sollte, werde ich mir einen kommen lassen. – Sie verstehen es nicht, mit der nötigen Unterwürfigkeit um etwas zu bitten und versuchen es mit Umwegen. Ich stelle Ihnen folgende Bedingung: Morgen während der Schlacht treten Sie auf unsere Seite über, und übermorgen ist Ihr Soldat frei, und alle Ihre Vergehungen sind Ihnen vergeben. – Den Radziwills haben Sie die Treue gebrochen, warum sollten Sie jetzt nicht Sapieha untreu werden?«
»Ist das Ihr letztes Wort? Ich flehe Sie bei allen Heiligen an!«
»Nein! – Was zum Teufel sind Sie so blaß geworden! Kommen Sie mir nicht zu nahe! Sehen Sie dies hier! Sie sind wirklich zu mutig!«
Und Boguslaw zeigte die Mündung einer Pistole.
»Durchlaucht!« rief Kmicic, er faltete flehentlich bittend seine Hände, aber sein zorniger Gesichtsausdruck änderte sich nicht.
»Sie bitten und drohen zu gleicher Zeit«, erwiderte Boguslaw, »Sie biegen Ihren Rücken, aber hinter ihm fletscht der Teufel seine Zähne auf mich! Wenn man einen Radziwill um etwas bittet, so wirft man sich ihm zu Füßen, Verehrtester, ja! Mit der Stirn auf der Diele! Dann werde ich Ihnen vielleicht meinen Entschluß mitteilen!«
Pan Andreas' Gesicht war kreidebleich. Er führte seine Hand über seine feuchte Stirn und sagte mit gebrochener Stimme:
»Wenn Sie meinen Soldaten freilassen, – werde ich – Ihnen – zu – Füßen – fallen.«
Über Boguslaws Lippen flog ein selbstgefälliges Lächeln. Sein Feind war gezähmt und gedemütigt. Eine bessere Befriedigung seiner Rache konnte er sich selbst nicht wünschen.
Kmicic stand vor ihm mit zerzaustem Haar, wie im Fieber zitternd. Boguslaw fuhr fort, ihn unverwandt ansehend:
»Auch vor Zeugen, vor meinen Leuten?«
Er klatschte in die Hände.
Die Tür öffnete sich, und mehrere Edelleute und Offiziere traten ein.
»Meine Herren,« sagte der Fürst, »Pan Kmicic, der Bannerträger von Orsza und Abgesandte des Pan Sapieha, bittet mich um eine Gnade und will Sie zu Zeugen haben.«
Kmicic schwankte wie betrunken, stöhnte auf und fiel zu Boguslaws Füßen. Und der Fürst streckte absichtlich seinen Fuß so aus, daß die Spitze seines Reiterstiefels die Stirne des Ritters berührte.
Alle sahen der eigentümlichen Szene erstaunt zu und begriffen nicht, um was es sich handelte.
Endlich stand der Fürst auf und ging ohne ein Wort zu sagen in das Nebenzimmer.
Kmicic erhob sich. Auf seinem Gesichte lag weder Zorn noch Haß, seine Augen waren erloschen und blickten leer in den Raum
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