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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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einige Tataren und nehmen die Verfolgung auf. Die wilden Reiter der Steppen kann man niedertreten, aber man kann sie nicht durch einen Ansturm vernichten. Bald erheben sich einige andere und wieder einige, und sie sausen hinter den sich entfernenden Kürassieren her, und ihre Lassos pfeifen in der Luft.
    An der Spitze der Fliehenden befindet sich immer noch der Ritter im silbernen Harnisch, aber Kmicic ist unter den Verfolgern nicht zu sehen! –
    Erst bei Tagesanbruch begannen die Tataren zurückzukehren, fast jeder hatte einen gefangenen Kürassier im Lasso. Nach langem Suchen fanden sie auch Kmicic und brachten den Bewußtlosen zu Pan Sapieha.
    Der Hetman saß unentwegt an seinem Lager; erst gegen Mittag öffnete Pan Andreas die Augen.
    »Wo ist Boguslaw?« war seine erste Frage.
    »Aufs Haupt geschlagen. Zuerst war ihm das Glück günstig; dann aber stieß er auf die Infanterie Oskierkas und verlor seine ganze Armee. Ich glaube kaum, daß er noch fünfhundert Mann für sich gerettet hat.«
    »Und er selbst?«
    »Ist geflohen.«
    Kmicic schwieg einen Augenblick.
    »Es ist schwer, sich mit ihm zu messen. Durch einen einzigen Hieb stürzte er mich vom Pferde. – Zum Glück rettete mich mein Helm! – Aber es ist gleich, – ich werde ihn verfolgen bis ans Weltende!«
    »Lesen Sie nur den Brief, den ich nach der Schlacht erhalten habe,« sagte der Hetman, indem er Kmicic ein Schreiben überreichte.«
    Kmicic las laut:
    »Der schwedische König rückt gegen Zamoscie, Lemberg und dann gegen unseren König vor. Kommen Sie mit Ihrer ganzen Armee, den König und das Vaterland zu retten! – Ich allein kann gegen den Feind nicht aufkommen. Czarniecki.«
    Es trat Stillschweigen ein.
    »Gehen Sie mit uns, oder wollen Sie mit den Tataren nach Tauroggen?« fragte nach einiger Zeit der Hetman.
    Kmicic schloß die Augen. Er gedachte der Worte Pater Kordeckis und der Tat Skrzetuskis.
    »Ich ziehe gegen den Feind fürs Vaterland. Die Rache später!«
    Der Hetman umarmte ihn.
    »Sei du mein Bruder!« sagte er. »Ich bin ein alter Mann; empfange meinen Segen.« – –
    Ende des Vierten Buches.

Fünftes Buch.
1. Kapitel.
    Während in der Republik die ganze Bevölkerung aufs Pferd stieg, verweilte Karl-Gustav in Preußen, um mit dem Elektor Unterhandlungen zu führen. Nach der ungeheuer leichten Eroberung des fremden Landes begann der erfahrene Feldherr jetzt zu bemerken, daß der schwedische Löwe mehr gefressen habe, als sein Bauch beherbergen konnte. Mit der Rückkehr Jan-Kasimirs verlor Karl-Gustav die Hoffnung, die Republik behalten zu können. Er hätte sich gern nur mit einem Teile, insbesondere mit Polnisch-Preußen begnügt, einer reichen, fruchtbaren und mit großen Städten besäten Provinz. Aber diese Provinz hatte sich zuerst gegen ihn erhoben und war stets auf seiten ihres legitimen Herrschers und der Republik geblieben. Da nun die Rückkehr Jan-Kasimirs und der von der Tyszowiecer Konföderation begonnene Krieg den Geist dieser Provinz noch stärken mußte, so beschloß Karl-Gustav, den Aufstand gegen ihn möglichst schnell zu unterdrücken und den Preußen jede Hoffnung auf Hilfe zu rauben. Dazu kam noch, daß der schwedische König den Kurfürsten gut durchschaut hatte und nicht daran zweifelte, daß dieser nach den ersten schwedischen Mißerfolgen zu Jan-Kasimir übergehen würde.
    Deshalb wollte Karl-Gustav gegen die Republik vorrücken, um unter allen Umständen mit Jan-Kasimir zusammenzustoßen. Wie immer führte der Schwedenkönig seinen einmal gefaßten Plan mit Blitzesschnelle aus. Ehe noch die Nachricht von dem bevorstehenden Feldzuge des schwedischen Königs in die Republik dringen konnte, passierte er schon Warschau.
    Wie ein Sturm, von Zorn und Rache und Wut erfüllt, durchzog Karl-Gustav die Republik. Zehntausend Reiter zogen mit ihm über die noch mit Schnee bedeckten Felder. Die Infanterie wurde aus den Besatzungen der nächstliegenden Festungen gesammelt und rückte auch gegen die Republik vor.
    Das war nicht mehr der frühere Karl-Gustav, der gütige Herrscher, gnädig und heiter, der die polnische Reiterei bewunderte und den polnischen Offizieren schmeichelte. Jetzt vergoß man auf sein Geheiß das Blut der Schlachta und Bauern in Strömen; überall wurden Galgen errichtet. Niemand hatte auf Schonung zu rechnen, kein einziger entging seiner Verfolgung.
    Aber wie in einem dichten Walde dem mächtigen Bären eine Schar furchtsamer Wölfe folgt, so schlich hinter Karl-Gustavs Armee die Menge der

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