Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
Vom Netzwerk:
seiner Oberstenwürde, war aber ein kräftig Ding mit einem schweren, eisernen Knopf. – Und der Teufel begann ihm ins Ohr zu flüstern:
    »Brüll' ihm ins Ohr, wer du bist, und schlag' ihm den Kopf in Stücke. – Die Nacht ist dunkel, wirst dich schon retten können. Hast ja die Kiemlicz' bei dir. Zertritt den Verräter wie ein giftiges Insekt! Zahl' ihm alle die Kränkungen heim! Rette Alexandra und Soroka! Schlag' zu!«
    Pan Andreas näherte sich noch mehr der Tragbahre, und mit zitternden Händen begann er, den Stab aus dem Gürtel zu ziehen.
    »Eins, zwei, drei!« flüsterte der Teufel.
    Da erschrak sein Pferd und tat einen großen Sprung zur Seite; die Sänfte entfernte sich inzwischen um mehrere Schritte.
    Dem Ritter sträubten sich die Haare; er kam wieder zur Besinnung.
    »Mutter Gottes, rette mich!« flüsterte er durch die zusammengepreßten Zähne. »Ich bin ein Abgesandter des Hetman und will den Feind meuchlings ermorden. Ich, ein Schlachtschitz, dein Diener! – Mutter Gottes, rette mich vor der Versuchung!«
    »Was brummen Sie denn da in den Bart?« vernahm man Boguslaws schwache Stimme. – »Hören Sie, die Hähne krähen schon. – Es ist spät, ich bedarf der Ruhe.– Dieses Fieber quält mich zu Tode.«
    Kmicic steckte den Stab hinter den Gürtel; aber er konnte seine frühere Ruhe nicht wieder gewinnen. Er begriff, daß es nur der größten Selbstbeherrschung gelingen würde, Soroka zu retten, und er überlegte, mit welchen Worten er sich an den Fürsten wenden sollte. Vor allen Dingen nahm er sich vor, nur an Soroka zu denken, und alles andere, selbst Alexandra, zu vergessen. – Aber wehe ihm, wenn er sie von selbst erwähnen sollte; Kmicic fühlte, dann mußte der Fürst sterben!
    Die Sänfte blieb an der Tür des fürstlichen Quartiers stehen. Boguslaw stützte sich auf die Schultern zweier Edelleute und wandte sich dann zu Kmicic:
    »Bitte, folgen Sie mir. – Der Anfall wird bald vorüber sein; dann können wir alles besprechen.«
    Sie traten in ein Zimmer, dessen Kamin hell brannte. Die Edelleute betteten Boguslaw auf einen Diwan, bedeckten ihn mit einer Pelzdecke und gingen hinaus.
    Der Fürst warf den Kopf Zurück, schloß die Augen und lag mehrere Minuten ohne Bewegung.
    Kmicic blickte ihn unverwandt an. Boguslaw hatte sich wenig verändert; er war wie früher weiß und rot geschminkt; aber bewegungslos, mit geschlossenen Augen und nach hinten geworfenem Kopfe ähnelte er einem Toten oder einer Wachsfigur.
    Pan Andreas stand im Lichte eines Kandelabers vor ihm. –
    Endlich hob der Fürst langsam seine Lider, und plötzlich riß er die Augen weit auf. Ein Schatten von geistiger Verwirrung flog über sein Gesicht. Alles dies währte nur einen Augenblick, dann schloß er wieder die Augen.
    »Wenn du ein Geist bist,« rief er, »ich fürchte dich nicht! Verschwinde!«
    »Ich bin mit einem Schreiben des Hetman hier!« antwortete Kmicic.
    Boguslaw schüttelte den Kopf, als wenn er sich von einem teuflischen Bilde befreien wollte, sah dann Kmicic an und fragte: »Ich habe Sie damals nicht getroffen?«
    »Nicht sehr,« sagte Kmicic brummig, indem er auf die Narbe an seiner Stirn zeigte. »Da ist der Brief Sapiehas.«
    Boguslaw las den Brief, und seine Augen erglänzten eigentümlich.
    »Gut,« rief er, »es ist genug Blindekuh gespielt! – Morgen soll die Schlacht beginnen. – Ich bin froh: Morgen werde ich kein Fieber haben!« »Auch wir sind froh!« fügte Kmicic hinzu.
    Es entstand Schweigen. Die unerbittlichen Feinde betrachteten sich einander. Der Fürst begann zuerst:
    »Jetzt errate ich es, – Sie waren es, der mich mit den Tataren fortwährend umschwärmt hat.«
    »Ich war es.«
    »Und hatten Sie gar keine Bedenken, hierher zu kommen? Wir beide, Kavalier, haben doch noch miteinander abzurechnen. – Ich kann Ihnen jetzt die Haut vom Leibe ziehen lassen.«
    »Das können Sie.«
    »Freilich, Sie sind mit einem Geleitbrief gekommen. – Ich verstehe jetzt, warum Sapieha sich ihn ausbat! – Aber Sie haben auf mein Leben einen Anschlag gemacht. – Den Sakowicz hat Sapieha zurückbehalten, aber der Pan Wojewod ist dazu nicht berechtigt, – ich hingegen Ihnen gegenüber – ja.«
    »Ich komme zu Euer Durchlaucht mit einer Bitte.«
    »So? Sie können sicher sein, daß ich für Sie alles tun werde, was in meiner Macht liegt! – Und um was bitten Sie?« –
    »Sie haben einen Soldaten aufgegriffen, einen von denen, die mir dazumal halfen, Euer Durchlaucht zu entführen. Ich habe dem

Weitere Kostenlose Bücher