Sintflut
Fußboden liegenden Miecznik' gewahr wurde, bückte sie sich nieder und befühlte ihm Herz und Kopf.
Der Miecznik atmete auf, öffnete die Augen und kroch mit Hilfe des Mädchens bis zum nächsten Sessel.
Dann erst bemerkte Alexandra die Anwesenheit ihrer Tante.
»Sie haben sie getötet?« fragte sie Sakowicz.
»Behüte Gott!«
»Ich befehle Ihnen, ihr die Fesseln zu lösen!«
In Alexandras Stimme lag ein so gebieterischer Ton, daß Sakowicz sich sofort an die Befreiung der ohnmächtigen Panna Kulwiec machte.
»Und jetzt,« sagte die Panna, »gehen Sie zu Ihrem Herrn. Er liegt da oben.«
»Was ist mit ihm?« rief Sakowicz. »Sie werden dafür zur Verantwortung gezogen werden!«
»Nicht von dir, Knecht! Hinaus, marsch!«
Sakowicz rannte wie besessen nach oben.
4. Kapitel.
Während der ganzen folgenden Nacht wich Sakowicz nicht vom Bette des Fürsten. Der Fieberanfall Boguslaws trat diesmal so heftig auf, daß man ihm die Zähne mit einem Dolche öffnen mußte, um ihm Medizin einflößen zu können. Schließlich ließ das Fieber nach, der Fürst schlief ein und wachte gegen Mittag, bis zum äußersten geschwächt, auf. –
»Wie fühlen Sie sich?« fragte Sakowicz.
»Mir ist besser. Sind Briefe da?«
»Ja, vom Kurfürsten und von Steinbock: sie liegen dort auf dem Tische. Aber sie zu lesen, müssen Sie aufschieben; denn Euer Durchlaucht sind noch nicht bei Kräften.«
»Gib sie, – hörst du?«
Sakowicz reichte die Briefe. Boguslaw las sie durch, sann eine Zeitlang nach und sagte dann:
»Morgen rücken wir ins Feld.«
»Morgen werden Sie wie heute im Bette liegen.«
»Zu Pferde werde ich sein wie du! – Schweig' und streite nicht mit mir!«
Im Zimmer trat Stille ein, die nur von dem »Tick-Tack« der Danziger Uhr unterbrochen wurde.
»Der Rat war dumm – und die Idee war dumm,« begann plötzlich der Fürst. – »Und auch ich war dumm, daß ich dir folgte.«
»Ich wußte im voraus, daß im Falle des Mißlingens die ganze Schuld auf mich fallen wird. Der Rat war nicht dumm; aber wenn denen der Teufel selbst beisteht, so kann ich natürlich nichts dafür.«
Der Fürst richtete sich im Bette hoch.
»Denkst du das wirklich?« fragte er, Sakowicz starr ansehend.
»Als wenn Sie die Papisten nicht kennten! – Ich habe gestern vorsichtshalber die alte Hexe, ihre Tante, gefesselt und richtete, um sie einzuschüchtern, den Dolch auf sie. – Stellen Sie sich nur vor, – heute sehe ich, – die Spitze des Dolches ist ganz stumpf.«
»Zeig' mal!«
»Ich habe ihn sofort in den Brunnen geworfen, obwohl in seinem Griffe ein schöner Saphir saß.«
»Nun, ich werde dir auch mein Abenteuer erzählen. – Also, ich stürzte wie von Sinnen zu ihr. – Was ich alles geredet habe, das weiß ich nicht mehr. – Ich weiß nur, daß sie ausrief: »Lieber werfe ich mich in dieses Feuer!« Du kennst doch den ungeheuer großen Kamin in ihrem Zimmer? Und wirklich, sie rannte zum Feuer, und ich ihr nach. Ihre Kleider flammten schon auf, und ich mußte die Flammen löschen und sie zu gleicher Zeit festhalten. Da bekam ich plötzlich meinen Anfall. Es war mir, als wenn mir jemand meine Gurgel zuschnürte. Dann schienen sich die um uns fliegenden Funken in Bienen zu verwandeln, die um meinen Kopf summten.«
»Und was weiter?«
»Was weiter geschehen, darauf kann ich mich nicht besinnen. Mich erfaßte eine solche Angst, als wenn ich in einen tiefen Brunnen, in einen tiefen Abgrund stürzte. – Was für eine fürchterliche Empfindung! Noch jetzt sträuben sich mir die Haare. Es war nicht die Angst allein, wie soll ich dir das beschreiben? – Eine beängstigende Leere, eine unermeßliche Sehnsucht und eine unbegreifliche Müdigkeit erfüllten mich. Zum Glück stand mir die Kraft des Himmels bei, sonst könnte ich mich nicht jetzt wieder mit dir unterhalten!«
»Sie hatten eben einen Anfall. Welche Visionen kommen einem nicht während der Hitze des Fiebers? – Wenn wir morgen aufbrechen, so wäre es doch besser, wir ließen fortan Panna Alexandra in Ruhe.«
»Ich muß wohl; – aber meine Leidenschaft zu ihr ist dann ganz erloschen.«
»Lassen Sie sie laufen; mag die Gesellschaft sich zum Teufel scheren!«
»Das geht nicht. Der Miecznik hat mir gestanden, daß auf seinem Gute Billewicze eine große Summe Geldes vergraben liegt. Lasse ich sie von hier fort, dann graben sie das Geld aus und fliehen damit in die Wälder. Ich ziehe es vor, sie hier zurückzuhalten und ihre Gelder als Requisition zu nehmen. Jetzt
Weitere Kostenlose Bücher