Sintflut
die einander ganz fremd waren, fielen sich vor Jubel in die Arme.
»Wer wird Boguslaw unterkriegen? so fragtest du,« sagte einmal der Miecznik zu Alexandra. »Weißt du nun, wer?«
Von der Zeit an traf lange keine Kunde von dem Fürsten ein; es war, als wenn er mit allen seinen Truppen ins Wasser gefallen wäre. Die Offiziere, die in Tauroggen zurückgeblieben waren, begannen unruhig zu werden. Sie hätten die schlimmsten Nachrichten diesem beängstigenden Schweigen vorgezogen. Aber von Boguslaw konnten keine Nachrichten kommen; zu dieser selben Zeit verfolgte ihn der schreckliche Babinicz, der alle seine Boten abfing.
6. Kapitel.
Panna Anna Borzobohata kam, von mehreren Soldaten eskortiert, nach Tauroggen. Braun nahm sie, soweit er dessen fähig war, liebenswürdig auf. Anna verlor ihre Geistesgegenwart durchaus nicht. Sie begann zu allererst Braun und seinen Offizieren freundliche Blicke zuzuwerfen und in Tauroggen wie in ihrem eigenen Hause zu schalten und zu walten. Bald wurde sie mit Alexandra bekannt, die ihr jedoch zuerst mit Mißtrauen entgegentrat, obwohl sie hoffte, viel Neues von ihr zu erfahren.
Und es waren auch genug der Neuigkeiten, die Anna mitbrachte. Der Miecznik hörte mit beiden Ohren eifrigst zu und fürchtete, daß ihm ein einziges Wort entgehen könnte. Fast in jeder Minute rief er:
»Gott sei Dank! Gott sei Dank!«
»Eigentümlich,« bemerkte Anna, »daß Sie fast gar nichts von dem Mißerfolge der Schweden gehört haben! Das ist doch schon eine alte, alte Geschichte. Zu uns, nach Zamoscie, gelangte sie schon lange, mehrere Tage vor der Ankunft des Pan Babinicz. – Nachher begann man die Schweden überall zu schlagen, – in Groß-Polen und auch bei uns, meist war es Czarniecki. – Gott wird es geben, daß wir mit dem Feinde fertig werden!«
Erst jetzt bemerkte Anna, daß über Alexandras Gesicht Tränenströme flossen.
»Weinen Sie nicht!« sagte sie und legte freundlich ihren Arm um die Schultern der Weinenden. »Ich kann wirklich nicht ruhig Ihre Tränen mit ansehen! Was ist Ihnen denn?«
Es lag soviel Aufrichtigkeit in dem Klange ihrer Stimme, daß Alexandras Mißtrauen gänzlich verschwand. »Ich weine vor Freude. – vielleicht auch vor Schmerz, solange hier gefangen zu sein, ohne zu wissen, was der nächste Morgen bringt.«
»Wie? Sie werden vom Fürsten Boguslaw gefangen gehalten? Er schien doch ein so liebenswürdiger und zuvorkommender Mann zu sein. – Ich kenne ihn zur Genüge. – Er ist mit den Zamoyskis und den Wisniowieckis verwandt. Ich erinnere mich noch genau, wie er zu uns nach Lubni kam, um mir dem Fürsten Jeremias gegen die Tataren zu ziehen. – Ich war damals noch ganz klein. – Herrgott! Wer konnte denken, daß Fürst Boguslaw sein Vaterland verraten würde! Aber beunruhigen Sie sich nicht; wir werden schon versuchen, hier irgendwie rauszukommen.«
»Das haben wir auch schon getan; doch ist es uns gänzlich mißlungen,« antwortete der Miecznik. »Wir eröffneten unseren Plan einem Offizier, aber es zeigte sich, daß wir auf seinen Beistand nicht rechnen können. Nun bleibt allein der Kommandant Braun, mit dem jedoch wird der Teufel selbst nicht fertig!«
Anna schlug bescheiden die Augen nieder.
»Vielleicht gelingt es mir. – Möchte nur Pan Sapieha erst näher herangerückt sein; wo sollten wir uns sonst verbergen!«
»Das gebe Gott!« rief Pan Billewicz. »In seiner Armee stehen viele Freunde und Verwandte von mir! – Pan Zagloba, Skrzetuskis, Wolodyjowski. Sie sind doch bei ihm?«
»Nein, die sind nicht bei Sapieha. Aber ein anderer Ritter steht bei ihm, der diese alle aufwiegt!«
»Wer ist es denn?«
»Pan Babinicz, aus der Witebsker Wojewodschaft. – Sie haben wohl schon von ihm gehört?«
»Nein, – und das eben wundert mich.«
Anna erzählte die Geschichte ihrer Abreise aus Zamoscie und alles, was ihr unterwegs passiert war. Babinicz wuchs in ihrem Berichte zu einem solchen Helden an, daß der Miecznik sich aufs höchste für ihn interessierte.
»Aber ich bitte Sie, ich kenne ja ganz Litauen,« sagte er schließlich. »Doch den Namen Babinicz habe ich nie gehört. – Ich denke, dieser Name ist einfach ein angenommener. Hm, – Babinicz! – Muß wohl ein geschickter Mann sein, wenn er sogar den Zamoyski hintergehen konnte!«
»Ach, wenn Sie ihn nur kennten!« rief Anna. »Warum aber sehen Sie mich so an? Sie denken wohl Gott weiß was?«
»Gott behüte mich!«
»Kaum waren wir aus Zamoscie 'raus, da eröffnete mir Pan Babinicz,
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