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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Galgen wirst du sicherlich nicht entgehen! Aber solange ich lebe, soll dir kein Haar gekrümmt werden, und eine Belohnung sollst du auch erhalten. Ich aber –«
    »Sie aber werden bei der Panna Billewicz und bei ihrem Onkel feierlich um ihre Hand anhalten. Lassen Sie sich aus meinem Felle Riemen schneiden für die Sandalen, mit denen Sie nach Rom pilgern werden, wenn Sie einen Korb erhalten. Nur sagen Sie dem Miecznik, daß der Kurfürst und der schwedische König Ihnen eine Prinzessin aus einem regierenden Hause bestimmt hätten, und daß deshalb alle Unterhandlungen über Ihre Heirat geheim bleiben müßten. Setzen Sie getrost einen beliebigen Ehekontrakt auf, beide Kirchen werden ihn für ungültig erklären.«
    »Ich habe wenig Zeit,« begann nach einer Pause Boguslaw, »In drei Tagen muß ich unbedingt gegen Sapieha vorrücken.« »Ausgezeichnet! Wie anders sollte Ihre Eile erklärt werden, als durch diese äußerste Notwendigkeit! Wie natürlich, daß man schnell den ersten besten Pfarrer zur Trauung wählt. – Selbst, wenn Sapieha Sie schlägt, so haben Sie doch immerhin einen Sieg errungen!«
    »Schon gut! Schon gut!« entgegnete der Fürst. »Geh!«

3. Kapitel.
    Um anderen Tage ging Boguslaw sofort zum Miecznik.
    »Pan Miecznik,« begann er, noch an der Schwelle stehend, »ich habe mir gestern vor Ihnen etwas zuschulden kommen lassen; ich gestattete mir im eigenen Hause in Zorn zu geraten. Mea culpa! Um so mehr, als ich einen Mann beleidigt habe, der von jeher den Radziwills sehr ergeben war. Aber wie die Dinge auch stehen, ich hoffe, Sie werden mir angesichts meiner aufrichtigen Reue verzeihen. – Sie, ein alter Freund unseres Hauses, werden doch meine Hand nicht zurückweisen, wenn ich sie Ihnen reiche.«
    Der Miecznik antwortete trocken:
    »Geben Sie uns unsere Freiheit zurück, und unsere Rechnung ist beglichen.«
    »Sie können abreisen, wann Sie wollen, ich halte Sie nicht. Ich bitte Sie nur, hören Sie mich an.«
    »Ich bin bereit, Ihnen sogar bis zum Abend zuzuhören.«
    »Sie erhalten Ihre Freiheit, obwohl ich nicht sicher bin, daß Sie von ihr Gebrauch machen werden, ob Sie willens sein werden, mein Haus zu verlassen. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich in Tauroggen wie zu Hause fühlten! – Hören Sie weiter. – Wissen Sie, warum ich mich der Abreise der Panna Alexandra widersetzte? Weil ich Ihre Absicht erriet, für immer von hier fort zu gehen. Und ich habe Ihre Nichte so lieb gewonnen, daß ich bereit bin, für sie jeden Tagen den Hellespont zu durchschwimmen, wie einst Leander für Hero.«
    Der Miecznik brauste auf:
    »Und Sie wagen es, mir das zu sagen!«
    »Gerade Ihnen kann ich es sagen, mein guter Freund!«
    »Fürst, suchen Sie Ihre Befriedigung bei einer Ihrer Hofdamen, aber wagen Sie es nicht, die Tochter eines Schlachtschitzen anzurühren! Sie können sie gefangen halten, – Sie können sie hinter sieben Schlösser legen, aber sie zu entehren, das erdreisten Sie sich nicht!«
    »Entehren! nein!« rief der Fürst gedehnt, – »aber ich könnte ihren Onkel, den alten Billewicz, inständig bitten, mir die Hand seiner Nichte zu schenken. Denn ich kann ohne das Mädchen nicht leben!«
    Der Miecznik sah sich ganz verblüfft um, strich mit der Hand über sein Gesicht und sagte stotternd:
    »Schlafe ich, oder bin ich wach?«
    »Sie sind wach, lieber Pan Billewicz. Und um Sie davon zu überzeugen, wiederhole ich Ihnen: Ich, Boguslaw, Fürst Radziwill, Oberstallmeister des Großfürstentums Litauens, bitte Sie, Tomasz Billewicz, den Rosiener Miecznik, um die Hand Ihrer Nichte Panna Alexandra.«
    »Erlauben Sie, – lassen Sie mich erst zu mir kommen. – Und der Unterschied unserer Stellung?«
    »Kommen Sie doch zur Besinnung. Spreche ich nicht mit dem Pan Billewicz?«
    »Fürst, ich weiß, daß der Stammbaum unseres Geschlechtes im alten Rom zu suchen ist, – aber –«
    »Aber in Ihrem Geschlechte gab es weder einen Hetman noch einen Kanzler, meinen Sie? – Das ist jedoch Unsinn! Sobald in unserer Republik jeder Schlachtschitz zum Könige gewählt werden kann, verschwindet jeder Unterschied der Stammbäume. Meine Mutter, lieber Pan Miecznik und künftiger Onkel, war eine brandenburgische Prinzessin, – meine Großmutter, eine Fürstin Ostrogska, – aber mein Großvater, Krysztof I., der Großhetman, Kanzler und Wilnaer Wojewod, hatte zur ersten Frau eine Panna Sobek. Seine fürstliche Krone ist ihm deshalb nicht vom Kopfe gestürzt, weil er nur eine Schlachcianka geheiratet hat.

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