Sintflut
Aufmerksamkeit in Anspruch. Ich war sehr erfreut, als ich Ihre Namen hörte, daß Gott mir so tüchtige Ritter hierher gesandt hat. Setzen Sie sich doch, meine lieben Gäste. Wer von Ihnen ist denn Pan Jan Skrzetuski?«
»Ich, Euer Durchlaucht,« sagte Jan.
»Starost – Starost von – Verzeihung, ich habe ganz vergessen, wovon Sie Starost sind?«
»Ich bin gar kein Starost.«
»Wie!« Der Fürst zog seine Brauen zusammen. Man hat Ihnen für Ihre Dienste in Zbaraz keine Starostei verliehen?«
»Ich habe mich nie darum bemüht, Durchlaucht.«
»Auch ohne das mußte man Sie zum Starosten machen. Was sagen Sie? Man hat Sie auf keine Weise belohnt? Man hat Sie ganz vergessen? Eigentümlich! Doch, was sage ich, heutigen Tages kann man sich über nichts wundern. Jetzt wird der belohnt, der sich darauf versteht, tiefe Bücklinge zu machen. Unverständlich, wirklich unverständlich! Man hat Ihnen keine Starostei gegeben! Sehen Sie mal an! – – Es ist wirklich ein Glück, daß Sie hierher gekommen sind; wir hier sind nicht so vergeßlich. – Kein einziges Ihrer Verdienste wird ohne Belohnung bleiben. – – Und auch die Ihren, Pan Oberst Wolodyjowski.«
»O, ich habe mich noch durch nichts verdient gemacht, Durchlaucht.«
»Nun, überlassen Sie mir das, darüber zu urteilen. Fürs erste nehmen Sie dies Dokument an, kraft dessen ich Ihnen Dydkiemie als lebenslängliches Besitztum übergebe. Es ist kein schlechtes Stückchen Erde, hundert Pflüge fahren jeden Frühling darüber, um es zu beackern. Nehmen Sie wenigstens diese Kleinigkeit von mir an, mehr kann ich Ihnen jetzt nicht geben. Und sagen Sie dem Pan Skrzetuski, daß Radziwill weder seine Freunde noch die, die unter seinem Befehle dem Vaterlande treu gedient haben, vergißt!«
»Euer Durchlaucht,« murmelte höchst verlegen Pan Michail.
»Genug, genug! Verzeihen Sie nur, daß es so wenig ist. Aber vergessen Sie nicht, hören Sie, vergessen Sie nicht, Ihren Freunden zu sagen, daß der nicht fehlgehen wird, der seine Kräfte dem Hause Radziwill widmet. Ich bin nicht der König, aber wenn ich der König wäre, Gott ist mein Zeuge, ich würde solche Ritter nicht vergessen wie Jan Skrzetuski und Zagloba.«
»Hier bin ich!« sagte Zagloba, indem er beherzt hervortrat.
Er war schon sehr ungeduldig, daß man ihn solange unbeachtet gelassen hatte.
»Ich erriet schon, daß Sie das wären. Man hatte mir erzählt, daß Sie schon ein bejahrter Herr seien.«
»Ja, ich ging mit dem würdigen Vater Ihrer Durchlaucht in eine Schule. Und da er von Kind auf ritterliche Neigungen bewies, so zog er mich in seine nähere Umgebung. Auch ich liebte mehr die Lanze als die lateinischen Verben.«
Dem Pan Skrzetuski wurde es etwas ungemütlich. Gestern noch erzählte Zagloba, daß er ein Schulkamerad des Fürsten Janusz selbst war, und heute war er der seines Vaters.
»Ei, sieh einer an,« sagte der Fürst. »Sie sind also aus Litauen?«
»Ja, aus Litauen,« antwortete Zagloba, ohne sich zu besinnen.
»Jetzt verstehe ich, warum Sie bislang keine Auszeichnungen erhalten haben. Wir Litauer sind ja an Undank gewohnt, das wird schon so unser Schicksal sein. Wir bringen unser Blut und Leben und all unsere Habe dem Vaterlande zum Opfer dar, und niemand, niemand lächelt uns einmal dafür freundlich an. – Nun, wie die Saat, so die Ernte, – so befiehlt Gott und die Gerechtigkeit. – Das alles muß anders werden. Schon allein dafür, daß Sie hierher gekommen sind, stehe ich tief in Ihrer Schuld, Wenn ich auch nicht Ihr König bin, so glauben Sie, mit bloßen Versprechungen werden Sie alle nicht ausgehen.«
»Euer Durchlaucht,« unterbrach ihn lebhaft und mit einem gewissen Stolze Pan Skrzetuski, »Reichtümer und Auszeichnungen wegen sind wir nicht hierher gekommen. – Der Feind tritt unser Vaterland mit Füßen, wir sind gekommen, um unter dem Befehle eines berühmten Führers ihm unsere Kräfte zu weihen. Mein Vetter Stanislaus sah bei Ujscie unsere schreckliche Mißwirtschaf; er sah Feigheit, Verrat und zuletzt den Triumpf des Feindes. Hier aber wird der Feind nicht triumphieren, hier soll ihm das Verderben bereitet werden. – Darum sind wir zu Ihnen geeilt, Durchlaucht. – Wir sind Soldaten, uns treibt es in die Schlacht.«
»Nun, wenn das Ihr Wunsch ist, so wird er nicht lange mehr unerfüllt bleiben,« sagte der Fürst feierlich. – »Aber erst gilt's gegen einen anderen Feind zu marschieren; wir müssen den Brand von Wilna rächen! – Ich will Sie nicht länger
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