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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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benutzen. Fort von hier müssen Sie auf alle Fälle. Sagen Sie der Panna, sie müsse alle ihre Kräfte zusammenraffen, denn Radziwills Rache wird niemanden schonen.«
    »Das ist wahr,« gab der Miecznik zu, »ich gehe!«
    Nicht lange darauf kehrte er mit seiner Nichte zurück. Panna Alexandra war schon reisefertig angekleidet. Auf ihrem Gesichte lag eine helle Röte, und ihre Augen glänzten fieberhaft.
    »Laßt uns schnell abfahren!« sagte sie beim Hereinkommen.
    Nach einer Viertelstunde hörte man Pferdegetrappel und das Gerassel eines ankommenden Wagens.
    »Fahren wir! fahren wir!« sagte Alexandra.
    In diesem Augenblicke tat sich die Tür auf und Pan Zagloba kam hereingestürzt.
    »Ich habe die Hinrichtung aufgehalten!« rief er.
    Alexandra wurde wieder bleich, es schien einen Augenblick, als wollten sie die Kräfte von neuem verlassen; keiner aber hatte Zeit, in diesem Augenblicke auf sie zu achten. Alle Aufmerksamkeit richtete sich auf Zagloba, der noch ganz außer Atem war, und nach Luft rang.
    »Sie haben die Hinrichtung aufgehalten?« fragte der erstaunte Wolodyjowski. »Und aus welchem Grunde?«
    »Aus welchem Grunde? – Laßt mich erst ein wenig zu Atem kommen. Wäre nicht dieser Kmicic, dieser wackere Ritter, so würden wir alle schon an Kiejdaner Bäumen hängen. Uff, unseren Retter wollten wir töten, Panowie. Was sagen Sie dazu? Uff – uff – –«
    »Wie geht das zu?« riefen alle auf einmal.
    »Wie das zugeht? – Da, lest mal diesen Brief, dann werdet ihr alles wissen.«
    Wolodyjowski begann den Brief laut vorzulesen, in dem Radziwill Kmicic bittere Vorwürfe darüber machte, daß er die in Kiejdane gefangengehaltenen Obersten dank seiner Fürsprache nicht zum Tode verurteilt hatte. Der Brief endigte mit dem schon bekannten Auftrag, Alexandra und den Miecznik nach Kiejdane zu bringen. – Allem Anscheine nach hatte Kmicic dieses Schreiben zu sich gesteckt, um es nötigenfalls dem Miecznik vorzuzeigen.
    Es war außer Zweifel, daß Kmicic die beiden Skrzetuskis, Pan Wolodyjowski und Zagloba vor dem sicheren Tode gerettet hatte.
    »Panowie!« sagte Zagloba, »wenn Sie jetzt noch Ihren Befehl, ihn zu erschießen, aufrecht erhalten, so will ich wahrhaftig nichts mehr von Ihnen wissen und werde Sie auf der Stelle verlassen!«
    »Davon kann jetzt natürlich nicht mehr die Rede sein,« sagte Wolodyjowski.
    »Ei, ei,« rief Pan Skrzetuski aus, »was für ein Glück, daß Sie den Brief noch zur rechten Zeit gelesen haben!«
    »Sie haben eine ungewöhnlich gute Witterung!« fügte Mirski aufrichtig hinzu.
    »Gleich, als er mir den Brief gab, und ich ihn bei der Laterne las, war mir, als hätte mir jemand eins über den Kopf gegeben. – »Um Gottes willen, Ritter,« sagte ich, »warum gaben Sie uns den Brief nicht gleich?«
    »Weil ich nicht wollte,« erwiderte er. – »Dieser unbändige Stolz, nicht einmal vor dem Tode läßt er ihn fahren! – Ich befahl, ihn sofort frei zu lassen und hierher zurückzubringen.«
    Bald nach diesen Worten erschien Kmicic, von den Soldaten umringt, in der Türe.
    »Sie sind frei, Pan Kmicic!« sprach Wolodyjowski hastig, »und solange wir am Leben sind, wird keiner von uns sich je an Ihnen vergreifen. – Doch sagen Sie, warum waren Sie so verzweifelt, daß Sie uns den Brief Radziwills nicht von selbst zeigten?« Und dann wandte er sich an die dabeistehenden Soldaten: »Gebt ihn frei und besteigt eure Pferde.«
    Die Soldaten gingen hinaus, und Pan Andreas blieb mitten im Zimmer allein stehen. Sein Gesicht war ruhig, aber sehr finster.
    »Sie sind frei!« wiederholte Wolodyjowski: »Sie können gehen, wohin Sie wollen, selbst zu Radziwill zurück. – Es ist schmerzlich zu sehen, daß ein Ritter, ein Nachkomme berühmter Ahnen, Helfershelfer eines Verräters ist.«
    »Überlegen Sie sich gründlich Ihre Worte,« entgegnete Kmicic. »Ich sage Ihnen im voraus, daß ich zu niemandem anders als zu Radziwill zurückkehren werde.«
    »Schließen Sie sich doch uns an,« rief Zagloba. »Hol der Teufel diesen Kiejdaner Tyrannen! Sie werden uns stets ein guter Freund, ein teurer Kamerad sein. Und das Vaterland wird Ihnen alle Ihre Vergehen vergeben.«
    »Auf keinen Fall!« antwortete Kmicic energisch, »Gott allein wird darüber richten, wer von uns dem Vaterlande besser dient. Sie, die Sie auf eigene Gefahr und Verantwortung den Bürgerkrieg entfachen, oder ich, der ich einem Fürsten diene, der allein imstande ist, unsere unglückliche Republik zu retten. – Gehen Sie Ihren Weg;

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