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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Verräters betreten. – Mögen uns diese Raubmörder mit Gewalt fortführen! – Wir sind nicht die Einzigen, die den Verfolgungen des Abtrünnigen ausgesetzt sind, nicht uns allein wird seine Rache treffen. – Aber mag er wissen, daß wir tausendmal lieber den Tod erleiden wollen als diese Schmach!«
    Und zu Kmicic gewandt, sprach sie mit dem Ausdrucke der größten Verachtung:
    »Greifen Sie uns doch, Pan Offizier oder Pan Henker; binden Sie uns an Ihre Pferde fest, anders werden Sie uns nicht fortschaffen!«
    Das Blut stieg Kmicic zu Kopfe. Einen Augenblick schien es, als wenn er in fürchterlichen Zorn ausbrechen würde, aber es gelang ihm, sich zu bezwingen.
    »O, Panna!« sprach er mit dumpfer Stimme, »Sie haben keinen Funken Mitleid mit mir, wenn Sie mich einen Straßenräuber, einen Henker heißen. Gott möge richten, wer von uns beiden im Rechte ist: Ich, der ich dem Hetman diene, oder Sie, die Sie mich so schwer und unverdient beleidigen! – Sie überschreiten jede Grenze! – Ich schwöre, Sie überschreiten jede Grenze!«
    »Sie spricht recht so,« rief der ermutigte Miecznik. »Wir rühren uns freiwillig nicht von der Stelle!«
    Aber Kmicic beachtete ihn gar nicht: so tief war er erschüttert und aufgeregt.
    »Sie haben mich,« fuhr er zu Alexandra gewandt fort, »einen Verräter genannt, Sie haben mich verurteilt, ohne mich anzuhören, ohne mir ein Wort zu meiner Verteidigung zu gestatten. – Schön, mag es so sein! – Aber nach Kiejdane werden Sie doch mitkommen, – mit oder ohne Ihren Willen, das ist gleich! Dort werden Sie meine Beweggründe kennen lernen; dort werden Sie erfahren, ob Sie mich gerecht verurteilt haben. Und Ihr Gewissen wird Ihnen sagen, wer von uns hier der Henker ist: dies sei meine Rache. Eine andere Rache will ich nicht!«
    »Wir fahren nicht!« sagte entschlossen der Miecznik.
    In diesem Augenblicke hörte man von draußen her das Aufschlagen vielzähliger Pferdehufe.
    »Panna! In drei Minuten müssen Sie in der Kalesche sitzen, sonst wird Ihr Onkel erschossen!« sagte Kmicic.
    Mehr und mehr nahm ein wilder Zorn von seiner Seele Besitz.
    »Auf den Weg!« brüllte er mit donnernder Stimme, so daß die Fensterrahmen erzitterten.
    Aber gleichzeitig wurde die Flurtüre leise geöffnet, und eine fremde Stimme fragte:
    »Und wohin denn eigentlich, Pan Ritter?«
    Die Augen aller wandten sich zur Türe. An der Schwelle stand ein kleiner Mann im Panzer mit gezogenem Säbel in der Rechten.
    Kmicic wankte wie vor einer schrecklichen Vision zurück.
    »Pan – Wolo-dyjowski!« rief er.
    »Zu Diensten,« antwortete der kleine Ritter und trat mehrere Schritte vor.
    Ihm folgten: Mirski, Zagloba, beide Skrzetuskis, Oskierka und Roch Kowalski.
    »Wer ihr auch sein möget, Pan Ritter,« begann der Miecznik, »rettet einen Staatsbürger, den man ungeachtet seiner Stellung und seines Rechtes arretieren und fortführen will. Panowie, tretet für die Freiheiten der Schlachtschitzen ein!«
    »Fürchten Sie nichts!« antwortete Pan Wolodyjowski, die Dragoner dieses Ritters sind gefesselt, und er selbst bedarf mehr als Sie der Hilfe.«
    »Und eines Beichtvaters,« setzte Zagloba hinzu.
    »Nun,« wandte sich Wolodyjowski an Kmicic, »Pan Ritter, es scheint, Sie haben kein Glück mit mir. Zum zweiten Male schon verlege ich Ihnen den Weg. – Sie haben gewiß nicht erwartet, mich hier zu sehen.«
    »Nein,« entgegnete Kmicic, »ich glaubte Sie in den Händen des Fürsten.«
    »Ich bin Gott Lob diesen Händen entschlüpft. Das aber ist eine andere Sache und gehört nicht hierher. – Als Sie zum ersten Male diese Panna entführten, habe ich Sie zum Zweikampf herausgefordert, – ist das wahr?«
    »Es ist wahr,« sagte Kmicic und faßte unwillkürlich an seinen Kopf.
    »Jetzt aber steht die Sache ganz anders. – Jetzt sind Sie nicht mehr wert, daß sich ein anständiger Mann mit Ihnen schlägt.«
    »Und warum?« fragte Kmicic und sah mit stolz erhobenem Kopfe Wolodyjowski fest in die Augen.
    »Weil Sie ein Verräter und Renegat sind, weil sie Tausende von Soldaten niedermetzelten, die dem Vaterlande treu blieben; weil durch Ihre Schuld dieses unglückliche Land unter der Last eines neuen Joches stöhnt! Kurz, machen wir schnell dem ein Ende! Wählen Sie, auf welche Weise Sie zu sterben wünschen! Ich schwöre zu Gott, Ihre letzte Minute ist gekommen!«
    »Mit welchem Rechte wollen Sie über mich zu Gericht sitzen und mich hinrichten?« fragte Kmicic.
    »Pan,« sagte Zagloba ruhig, – »beten Sie

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