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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Fürsten hatten Kmicic so mitgenommen, daß er sich kaum auf den Füßen halten konnte. Die einfache Frage Charlamps nach seiner Hochzeit hatte ihn aufs tiefste verletzt. Vor seinen Augen erschien das abweisende, kalte Gesicht Alexandras, ihre zusammengepreßten Lippen, ihr Schweigen, durch das sie in sein Todesurteil willigte. Wahrscheinlich hätte sie mit ihrer Bitte auch nicht sein Schicksal geändert. Pan Wolodyjowski wäre unerbittlich geblieben. Aber das tat nichts zur Sache; es schmerzte ihn tief, daß sie nicht dennoch ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte. – Zweimal, nicht lange vordem, hatte sie nicht gezögert, ihn zu retten. War wirklich zwischen ihnen eine so tiefe Kluft entstanden? Sprach in ihrem Herzen nicht die Liebe oder auch nur das Mitleid – das Mitleid mit einem lebenden Wesen? Je mehr Kmicic darüber nachdachte, desto mehr erschien Alexandra ihm hart, desto stärker schnürte seine Entrüstung ihm die Brust zusammen. »Was habe ich denn so Schweres verbrochen,« fragte er sich, daß sie mich wie einen Ausgestoßenen verachten darf? Angenommen, daß es ein Unrecht ist, Radziwill zu dienen, so kann ich doch beschwören, daß ich es nicht aus Ehrgeiz, aus Eigennutz tue. Ich sehe in ihm den einzigen Retter des Vaterlandes. – Wofür hat man mich so verurteilt?« – Seine Seelenpein wuchs von Minute zu Minute. Pan Andreas warf sich auf sein Bett und versuchte einzuschlafen; aber trotz seiner furchtbaren Ermüdung fand er keine Ruhe. Er sprang bald wieder auf und ging im Zimmer ruhelos umher, seine Hände preßte er krampfhaft an die heiße Stirn.
    So verging eine Stunde, eine zweite. Todmüde legte er sich schließlich wieder hin, und bald schlief er nun auch ein; aber in diesem Augenblicke rief man ihn schon wieder zum Fürsten.
    Radziwill fühlte sich zwar besser, sein aschfahles Gesicht verriet jedoch eine hochgradige Schwäche. Er saß in einem tiefen Lehnstuhle. Als Kmicic erschien, schickte er seinen Arzt, der neben ihm saß, fort.
    »Ich stand schon mit einem Fuße im Jenseits,« begann er, »und du trägst die Schuld daran.«
    »Euer Durchlaucht, ich weiß von keiner Schuld meinerseits; ich sprach das aus, was ich dachte.«
    »So etwas darf nie wieder vorkommen. Wenigstens du solltest die unerträgliche Bürde, die auf mir liegt, nicht noch vergrößern. – Wisse, ich habe dir verziehen, niemandem sonst auf der Welt hätte ich so etwas vergeben!«
    Kmicic schwieg.
    »Wenn ich jene Leute, die ich in Kiejdane auf deine Bitte hin begnadigte, dennoch hinrichten lassen wollte, so geschah dies, nicht um dich zu hintergehen, sondern um dir den Kummer zu sparen. – Ich habe nur zum Scheine deine Bitte gewährt, weil ich für dich eine große Schwäche hege. – Der Tod dieser Obersten war notwendig, unbedingt notwendig. – Hältst du mich denn für einen Henker? Meinst du, ich vergieße das Blut vieler, nur um das schreckliche Schauspiel zu genießen? – Wenn du älter wärest, so würdest du begreifen, welch große Opfer man bringen muß, wenn man ein großes Ziel erreichen will. Siehst du jetzt, was du durch deine Fürsprache angerichtet? Ein innerer Krieg ist entbrannt; die guten Beziehungen zu den Schweden sind getrübt; die Rebellion breitet sich weiter aus wie die Pest. Und damit ist's noch nicht genug. Du hättest beinahe in ihren Händen dein Leben lassen müssen, und ich habe sie auch vergeblich zu fangen gesucht. Jetzt gehen sie nach Podlachien und stellen sich an die Spitze des Aufruhrs. – Du solltest dir wirklich eine Lehre daraus ziehen. – Wären Sie in Kiejdane mit dem Tode bestraft, so wäre von alledem nichts geschehen. Aber du folgtest deinen persönlichen Gefühlen und batest für sie. Ich aber, als ich sie nach Birze schickte, sah weiter, ich sah in die Zukunft! – Wer könnte es glauben, daß ich derselbe bin, vor dem einst Chmielnicki erzitterte. Und dieselben Truppen, die ich einst von Sieg zu Sieg führte, verlassen mich jetzt und erheben ihre Hände gegen mich wie gegen einen Vatermörder.«
    »Nicht alle tun das; es gibt auch solche, die Eurer Durchlaucht auch heute unbedingt glauben,« sagte impulsiv Kmicic.
    »Heute glauben sie noch, und dann werden auch sie aufhören!« lächelte Radziwill bitter. – »Bevor man mich mit einer Krone krönen wird, drückt man mir den Dornenkranz tief aufs Haupt. – Des Nachts stört mir etwas den Schlaf, irgend etwas geht in meinem Zimmer um. – Unbekannte Gesichter sehen in meinen Alkoven hinein, und von Zeit zu Zeit

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