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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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worden, Sinuhe. Dennoch hättest du dich auch durch geringeren Aufwand von meiner Macht überzeugen können; meine Ratgeber sind sehr aufgebracht über diesen Einfall, der den Jahresertrag der Steuern einer ganzen Provinz verschluckt hat. Die Soldaten müssen nämlich Speise und Trank bekommen, und heute abend werden sie in der Stadt herumstrolchen und lärmen und allerlei dumme Streiche verüben, wie es unter Soldaten üblich ist, und noch einen Monat lang werden die Straßen ihretwegen unsicher sein. Deshalb werde ich dieses Schauspiel wahrscheinlich nie mehr wiederholen. Überdies ist mein Gesäß ganz steif vom langen Sitzen auf dem goldenen Thron, und es saust auch mir im Kopfe. Laß uns daher Wein trinken und unsere Leber nach diesem anstrengenden Tag erquicken, denn ich habe dich vieles zu fragen.«
    Ich trank Wein mit dem König, und er fragte mich eine Menge Dinge, wie es Kinder und junge Menschen, die noch nichts von der Welt gesehen haben, zu tun pflegen. Meine Antworten schienen ihm zu gefallen, und schließlich fragte er: »Hat dein Pharao eine Tochter? Nach allem, was du über Ägypten erzählt hast, habe ich mich entschlossen, die Tochter des Pharao zur Gemahlin zu begehren. In meinem Frauenhaus besitze ich allerdings schon vierhundert Frauen, was mehr als genug ist, denn ich vermag kaum mehr als ein Weib im Tag zu erkennen, und auch das würde mich langweilen, wenn sie nicht alle verschieden wären. Mein Ansehen aber würde steigen, wenn sich die Tochter des Pharao unter meinen Gemahlinnen befände, und die Völker, über die ich herrsche, würden mich noch höher verehren.«
    Ich hob entsetzt die Hände und sagte: »Burnaburiasch, du weißt nicht, wovon du redest, denn noch nie, solange die Welt besteht, ist es vorgekommen, daß eine Tochter des Pharao sich mit einem Fremden vermischt hätte, sondern alle Pharaotöchter ehelichen ausschließlich ihre Brüder, und falls sie keine Brüder haben, bleiben sie ihr Leben lang unverheiratet und werden Priesterinnen. Deshalb bedeuten deine Worte eine Beleidigung der Götter Ägyptens; doch will ich dir verzeihen, da du nicht weißt, wovon du sprichst.«
    Er runzelte die Stirn und sagte verärgert: »Wer bist du, mir Verzeihung zu gewähren? Ist übrigens mein Blut nicht ebenso göttlich wie das des Pharao?«
    »Ich habe dein Blut rinnen sehen, als du es in den Krug neben mir spucktest«, gab ich zu, »und ebenso habe ich das Blut des großen Pharao Amenophis rinnen sehen. Ich könnte nicht behaupten, daß zwischen deinem und seinem Blut ein Unterschied bestünde. Aber du mußt auch bedenken, daß der Pharao erst seit kurzem verheiratet ist, und ich nicht weiß, ob ihm bereits Töchter geboren wurden.«
    »Ich bin noch jung und kann warten«, erklärte Burnaburiasch mit schlauem Blick; denn er war König über ein Volk von Krämern. »Wenn übrigens dein Pharao keine Töchter besitzt, die er mir senden könnte oder wollte, so mag er mir irgendeine andere vornehme Jungfrau aus Ägypten schicken, die ich hier für seine Tochter ausgeben kann. Keiner zweifelt hier an meinem Wort, und der Pharao verliert nichts dabei. Wenn er aber nicht auf meinen Vorschlag eingehen sollte, werde ich meine Krieger seine Tochter holen lassen; denn ich bin sehr eigensinnig, und was ich mir einmal in den Kopf gesetzt habe, ist nicht mehr daraus fortzuschaffen.«
    Seine Worte erschreckten mich, und ich erklärte ihm, daß ein Krieg teuer zu stehen käme und den Welthandel schwer beeinträchtigen würde, weshalb er ihm größeren Schaden verursachen würde als Ägypten. Und ich fügte hinzu: »Du tust sicher am besten daran, abzuwarten, bis dein Gesandter dir berichtet, daß dem Pharao Töchter geboren wurden. Dann kannst du ihn selbst durch eine Lehmtafel von deinem Wunsch in Kenntnis setzen, und wenn dieser ihn anspricht, sendet er dir sicher seine Tochter und betrügt dich nicht; denn er hat einen neuen, mächtigen Gott, mit dem er in der Wahrheit lebt. Deshalb ist ihm jede Lüge ein Greuel.«
    Doch das konnte Burnaburiasch nicht begreifen, und so meinte er: »Von einem solchen Gott will ich nichts wissen. Ich wundere mich sehr, daß dein Pharao einen solchen Gott gewählt hat; denn jeder weiß, daß die Wahrheit einem Menschen oft schadet und ihn arm macht. Allerdings rufe ich alle Götter an, auch solche, die mir unbekannt sind, weil das so üblich und weil Vorsicht eine Tugend ist; mit eurem Gott aber will ich nur von weitem zu tun haben.« Ferner meinte er: »Der Wein hat mich

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