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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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gelabt und meine Leber erquickt und deine Rede von den Töchtern des Pharao mich so erhitzt, daß ich mich in meinen Harem zurückziehen will. Aber du darfst mich begleiten, denn als Arzt ist dir das gestattet. Wie ich bereits sagte, habe ich Frauen im Überfluß und werde dir nicht zürnen, falls du dir eine aussuchen willst, um mit ihr der Lust zu pflegen. Nur darfst du sie nicht schwängern, denn das würde eine Menge Schwierigkeiten nach sich ziehen. Auch bin ich neugierig zu sehen, wie ein Ägypter sich mit einer Frau vermischt, denn jedes Volk hat seine eigenen Sitten, und du würdest staunen und dich weigern, mir zu glauben, wenn ich dir erzählte, was für Bräuche meine aus fernen Ländern stammenden Frauen pflegen.«
    Ohne sich um meine Weigerung zu kümmern, führte er mich in sein Frauenhaus, an dessen Wänden er mir von seinen Künstlern aus gefärbten und glasierten Ziegeln angefertigte Bilder zeigte, auf denen Männer und Frauen mancherlei Wollust miteinander trieben. Er zeigte mir auch einige seiner Frauen, die kostbare Gewänder und Kleinodien trugen. Unter ihnen befanden sich Frauen und junge Mädchen aus allen bekannten Ländern und auch von den Kaufleuten hergebrachte wilde Weiber. Sie waren verschiedener Farbe und Gestalt und plapperten laut wie Affen in vielen Sprachen und tanzten mit nackten Bäuchen vor dem König und ergötzten ihn auf mannigfache Art, denn alle wetteiferten um seine Gunst. Unaufhörlich forderte er mich auf, mir eine davon auszusuchen, bis ich ihm schließlich erklärte, daß ich meinem Gott gelobt habe, mich von Frauen fernzuhalten, sobald ich einen Patienten zu heilen hatte. Und da ich versprochen hätte, am Tage darauf einen seiner Vornehmen mit dem Messer zu heilen, dürfte ich mich keinem Weibe nähern und täte besser daran, mich jetzt zu entfernen, um nicht meine Heilkunst in Verruf zu bringen. Der König glaubte mir und ließ mich gehen; aber die Frauen waren äußerst ungehalten und gaben ihrer Unzufriedenheit durch mancherlei Gebärden und Laute Ausdruck. Denn sie hatten außer den Eunuchen des Königs im Frauenhaus noch nie einen Mann in voller Manneskraft erblickt, da der König jung und schmächtig und bartlos war.
    Doch bevor ich ging, äußerte der König schmunzelnd: »Die Flüsse sind über die Ufer getreten, und der Lenz ist da. Deshalb haben die Priester den dreizehnten Tag von heute an gerechnet zum Tag des Frühlingsfestes und zum Tag des falschen Königs ausersehen. Zu diesem Tag habe ich eine Überraschung für dich vorbereitet, die dich sicherlich sehr ergötzen wird, und auch ich erwarte mir viel Vergnügen davon, doch sage ich dir nicht im voraus, was es ist, um mir nicht selbst die Freude zu zerstören.«
    Ich ward daher von bösen Ahnungen erfüllt; ich fürchtete mit Recht, daß das, was König Burnaburiasch ergötzte, mich keineswegs ergötzen würde. Und hierin war Kaptah ausnahmsweise einmal der gleichen Ansicht wie ich.
    Während meines weiteren Aufenthaltes in Babylon erwarb ich viele geheime Kenntnisse, die für einen Arzt von Nutzen sind, und ganz besonders interessierte ich mich für die Wahrsagekunst der Priester. Von ihnen erfuhr ich, daß alles, was auf Erden geschah, in den Sternen geschrieben stand und daß es kein noch so geringes Ereignis – von den großen nicht zu reden – gab, das man nicht im voraus aus den Sternen ersehen konnte, wenn man nur genügend Fertigkeit in der Deutung der himmlischen Schrift erworben hatte. Ich überlegte mir ernsthaft, ob ich nicht in Babylon bleiben sollte, um diese Fähigkeit zu erlernen; aber da hierfür Jahre und Jahrzehnte nötig gewesen wären, gab ich den Gedanken auf und tröstete mich damit, daß auch dieser Entschluß sicherlich schon lange vor meiner Geburt in den Sternen geschrieben stand. Hingegen lernte ich unter der Leitung der Priester aus Schafsleber, die viele verborgene Dinge verriet, zu weissagen, und ebenso vergeudete ich eine Menge Zeit, indem ich sie Öl in Wasser gießen und mir die auf der Oberfläche entstandenen Figuren deuten ließ.
    Bevor ich dazu übergehe, das Frühlingsfest in Babylon und den Tag des falschen Königs zu schildern, will ich noch etwas Seltsames berichten, das meine Geburt betrifft. Als mir die Priester aus der Schafsleber und dem Öl im Wasser weissagten, erklärten sie: »Mit deiner Geburt ist ein schreckliches Geheimnis verbunden, das wir nicht erklären können; daraus folgt, daß du in Wirklichkeit nicht bloß ein Ägypter bist, wie du selbst

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