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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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eigen ist, wenn ich mich so ausdrücken darf.«
    »Je mehr ich über die Götter erfahre, desto überdrüssiger werde ich ihrer«, sagte ich niedergeschlagen. Aber der Archivar des Königs Schubbiluliuma lachte und lehnte sich, vom Wein gesättigt und die dicke Nase gerötet, auf seinem Sitz zurück. »Wenn du ein Mann von Weitblick bist«, sagte er, »bleibst du bei uns, um unseren Göttern zu dienen; denn alle anderen Völker haben bereits der Reihe nach die bekannte Welt beherrscht, und jetzt ist die Reihe an uns gekommen. Unsere Götter sind über alle Maßen stark, ihr Name heißt Macht und Angst, und wir werden ihnen gewaltige Altäre aus gebleichten Menschenschädeln errichten. Ich verbiete dir auch nicht, dies weiterzuerzählen, falls du so dumm sein solltest, uns zu verlassen. Denn keiner wird dir Glauben schenken, weil ja alle wissen, daß die Hetiter ein armes, schmutziges Hirtenvolk sind, das mit seinen Schafen in den Bergen lebt und nur die Weiden liebt. Aber ich habe bereits viel zuviel Zeit mit dir verloren und muß mich beeilen, nach meinen Schreibern zu sehen und Keilzeichen in weichen Lehm zu drücken, um alle Völker von unseren guten Absichten zu überzeugen.«
    Er ging seines Weges, und am selben Abend sprach ich zu Minea: »Ich habe nun genug über das Land Chatti erfahren und das, was ich suchen kam, gefunden. Deshalb bin ich bereit, falls die Götter es gestatten, dieses Land, an dessen Leichengestank ich ersticke, mit dir zu verlassen. Wahrlich, solange wir hier verweilen, lastet der Tod wie ein erdrückender Schatten über mir, und ich bezweifle nicht, daß der König der Hetiter mich auf einen Pfahl spießen lassen würde, wenn er wüßte, was ich alles erfahren. Deshalb ist mein Magen krank, solange ich innerhalb der Grenzsteine dieses Landes weilen muß. Nach allem, was ich hier gehört, möchte ich eher als Rabe denn als Mensch geboren sein.«
    Mit der Hilfe meiner vornehmen Patienten gelang es, mir eine Erlaubnis zu beschaffen, die uns berechtigte, auf einem bestimmten Weg zur Küste zu reisen und dort an Bord eines Schiffes zu gehen, um das Land zu verlassen, obgleich die Patienten meine Abreise sehr bedauerten und mir empfahlen, dazubleiben, und mir versicherten, daß ich in einigen Jahren ein reicher Mann wäre, wenn ich mit der Ausübung meines Berufes unter ihnen fortführe. Niemand aber dachte daran, meine Abreise zu verhindern, und ich lächelte die Leute an und erzählte ihnen Geschichten, die ihnen Spaß machten, so daß wir uns in Freundschaft trennten und ich reichliche Abschiedsgeschenke erhielt. So verließen wir Chattuschasch, hinter dessen furchtbaren Mauern die Welt der Zukunft lauerte. Wir ritten auf Eseln an dröhnenden Steinmühlen, die von geblendeten Sklaven gedreht wurden, und an Leichen von Zauberern vorüber, die zu beiden Seiten des Weges aufgespießt waren. Als Zauberer aber wurden in Chattuschasch alle diejenigen umgebracht, die nichtgenehmigte Lehren verkündeten, und der Staat billigte nur eine einzige Lehre. Ich beschleunigte unsere Reise, so gut es ging, und nach zwanzig Tagen langten wir in der Hafenstadt an.

    4

    Wir hielten uns einige Zeit in dieser Hafenstadt auf, obwohl sie eine lärmende Stätte des Lasters und Verbrechens war; denn sooft wir ein nach Kreta bestimmtes Schiff sahen, erklärte Minea: »Es ist zu klein und könnte leicht in Seenot geraten; ich habe keine Lust, noch einmal Schiffbruch zu erleiden.« Sahen wir aber ein größeres Schiff, so meinte sie: »Es ist ein syrisches Schiff; mit einem solchen will ich nicht reisen.« Von einem Schiff dritter Art wiederum erklärte sie: »Der Kapitän hat den bösen Blick, und ich befürchte, daß er die Reisenden als Sklaven in fremde Länder verkaufen wird.«
    So kam es, daß wir in der Hafenstadt blieben, worüber ich nicht ungehalten war; denn ich hatte genügend damit zu tun, Wunden auszuwaschen und zuzunähen und zertrümmerte Schädel zu öffnen. Auch der Befehlshaber der Hafenwache vertraute sich mir an. Er litt an einer Krankheit, die ihn am Verkehr mit Frauen hinderte, weil sie ihm dabei große Schmerzen bereitete. Ich aber kannte diese Krankheit bereits aus Simyra und vermochte sie mit dem von den dortigen Ärzten verwendeten Mittel zu heilen, und als er sich wieder ohne Beschwerden mit den Mädchen des Hafens ergötzen konnte, kannte seine Dankbarkeit mir gegenüber keine Grenzen. Dies gehörte nämlich zu seinen Gehaltsgebühren: jedes Mädchen, das seinen Beruf im Hafen ausüben

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