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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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ein geborener Krieger, obwohl er älter und von der syrischen Staatskunst vergiftet war. Ich glaubte nicht, daß man nach seiner Auffassung über große Völker herrschen konnte. Ich hielt seine Gedanken und Pläne für ein Erbe seiner Väter, entstanden zu einer Zeit, da Syrien einem zischenden Schlangenneste geglichen, in dem die zahlreichen Kleinkönige untereinander um die Macht kämpften und sich gegenseitig ermordeten, bis Ägypten Syrien befriedete und dessen Fürstensöhne ihre Erziehung und Bildung im goldenen Hause des Pharao erhielten. Auch suchte ich ihm seine falsche Einschätzung des Reichtums und der Macht Ägyptens auszureden und warnte ihn davor, sich allzu stark aufzublähen. Denn auch ein Ledersack schwillt, wenn man ihn mit Luft vollbläst; sticht man aber ein Loch hinein, so sinkt er zusammen und verliert seine Größe. Aziru aber lachte mich aus, zeigte seine goldenen Zähne und ließ mir neue Schafsbraten auf Silberschüsseln auftischen, um mit seinem Reichtum zu prahlen.
    Sein Arbeitszimmer war in der Tat mit Lehmtafeln angefüllt, und Boten brachten ihm Schreiben aus allen Städten Syriens. Auch vom König der Hetiter und aus Babylon erhielt er Lehmtafeln, deren Inhalt er mir zwar vorenthielt, mit denen zu prahlen er hingegen nicht unterlassen konnte. Er fragte mich neugierig über das Land der Hetiter und über Chattuschasch aus; aber ich merkte bald, daß er über die Hetiter ebensogut wie ich unterrichtet war. Auch suchten ihn Gesandte der Hetiter auf und sprachen mit seinen Kriegern und Heerführern. Nachdem ich dies alles gesehen, sagte ich zu ihm: »Der Löwe und der Schakal können sich wohl zusammentun, um die gleiche Beute zu jagen; aber hast du jemals gesehen, daß der Schakal dabei die besten Stücke erhalten hätte?«
    Er zeigte bloß lachend seine goldenen Zähne und sagte: »Ich bin sehr wißbegierig und will genau wie du neue Dinge lernen. Aber ich kann leider meiner Regierungsangelegenheiten wegen nicht herumreisen wie du, der du keinerlei Verantwortung trägst und frei wie der Vogel in den Lüften bist. Es dürfte auch nichts Böses darin liegen, daß die Offiziere der Hetiter meinen Heerführern gute Ratschläge in der Kriegskunst erteilen; denn sie besitzen neue Waffen und Erfahrungen, die uns mangeln. Solches kann für den Pharao nur von großem Nutzen sein. Denn wenn es je zu einem Krieg käme, so hat Syrien schon lange als Ägyptens Schild im Norden gedient, und dieser Schild ist schon oft mit Blut befleckt worden. Diesen Umstand werden wir nicht vergessen, wenn es einmal gilt, die Rechnung zwischen Ägypten und Syrien zu begleichen.«
    Als er vom Krieg sprach, entsann ich mich wiederum Haremhabs und sagte: »Ich habe nun deine Gastfreundschaft lange genug genossen und möchte nach Simyra zurückkehren, wenn du mir eine Sänfte zur Verfügung stellen kannst. Deine schrecklichen Streitwagen besteige ich nie mehr; lieber lasse ich mir gleich den Schädel einhauen. Simyra ist mir allerdings verleidet, und als Ägypter habe ich wohl schon zu lange das arme Syrien ausgesaugt, weshalb ich an Bord eines Schiffes nach Ägypten heimzukehren gedenke. Es kann daher sein, daß wir uns lange nicht oder vielleicht überhaupt nie wiedersehen. Die Erinnerung an das Wasser des Nils schmeckt süß in meinem Mund; vielleicht werde ich dort bleiben, um mein Leben lang davon zu trinken, nachdem ich bereits genug von der Schlechtigkeit der Welt gesehen und nun auch noch von dir eine entsprechende Lehre erhalten habe.«
    Aziru meinte: »Niemand weiß etwas im voraus über den morgigen Tag. Auf einem rollenden Stein wächst kein Moos; und die Unruhe, die in deinen Augen glüht, gestattet dir gewiß nicht, lange in einem Lande zu verweilen. Aber wählst du dir eine Frau aus der Mitte meines Volkes, so werde ich dir ein Haus in meiner Stadt aufführen lassen, und du wirst es nicht zu bereuen haben, wenn du dableibst, um hier deinen Beruf auszuüben.«
    Ich gab ihm höhnisch zur Antwort: »Das Land der Amoriter ist das ungerechteste, hassenswerteste Land der Welt, sein Baal ist mir ein Greuel, und seine Frauen riechen wie Ziegen. Deshalb werde ich eine Mauer des Hasses zwischen mir und deinem Land errichten und jedem, der Gutes über dieses Land berichtet, den Schädel einschlagen. Noch manch anderes werde ich tun, was ich nicht aufzähle, weil es mir in diesem Augenblick nicht einfällt. Jedenfalls aber werde ich auf zahlreichen Lehmtafeln allerlei Rechnungen aufstellen, um zu beweisen, daß du

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