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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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versiehst und den Schreibern des Königs die nötigen Geschenke machst, für ewige Zeiten aufbewahrt wird. Ich habe noch einen ganz besonderen Grund, dir diesen Vorschlag zu machen; doch will ich mit einer näheren Erklärung nicht deinen Kopf belästigen noch deine Zeit beanspruchen.«
    Es war ein milder Frühlingsabend, die Mistfeuer brannten prasselnd vor den Lehmhütten, der Wind trug aus dem Hafen den Duft von Zedernholz, Akazien und syrischem Riechwasser heran. Alle diese Gerüche in wohltuender Mischung mit dem Dampf der in ranzigem Fett gebratenen Fische, der abends das Armenviertel zu durchströmen pflegte, kitzelten mir die Nase. Ich hatte Gänsebraten nach Thebens Art gegessen und Wein getrunken, und mir war leicht zumute, weil der Wein mein Herz von schweren Gedanken, Sehnsucht und Kummer befreite und diese weit weg entführte. Deshalb forderte ich Kaptah auf, sich Wein in einen Lehmbecher einzuschenken, und sagte zu ihm: »Du bist frei, Kaptah. Wie du weißt, bist du schon längst frei; denn trotz deiner Frechheit bist du seit dem Tage, an dem du mir dein Kupfer und dein Silber liehst, obwohl du vermuten mußtest, es nie mehr zurückzuerhalten, mehr mein Freund als mein Sklave gewesen. Du sollst frei sein, Kaptah, und glücklich werden. Morgen werden wir die königlichen Schreiber gesetzliche Schriftstücke über deine Freilassung aufsetzen lassen, die ich mit meinem ägyptischen wie auch mit meinem syrischen Siegel versehen werde. Jetzt aber sage mir, wie du mein Vermögen und mein Gold angelegt hast, da du behauptest, das Gold werde für mich arbeiten, selbst wenn ich nichts mehr verdienen sollte. Hast du es denn nicht in die Tempelkasse eingezahlt, wie ich dir befahl?«
    »Nein, Herr!« entgegnete Kaptah und blickte mich mit seinem einen Auge treuherzig an. »Ich habe deinen Befehl nicht ausgeführt, weil es ein dummer Befehl war und ich dumme Befehle niemals ausgeführt, sondern stets nach meinem eigenen Verstand gehandelt habe, was ich dir jetzt, da ich frei bin und du maßvoll Wein getrunken hast und mir nicht zürnen wirst, gestehen kann. Da ich jedoch deine voreilige und unüberlegte Art kenne, die nicht einmal das zunehmende Alter zu ändern vermochte, habe ich sicherheitshalber deinen Stock versteckt. Das verrate ich dir, damit du nicht vergeblich danach suchst, wenn du meinen Bericht vernimmst. Nur Schafsköpfe tragen ihr Gold in den Tempel, der nichts dafür zahlt, sondern für die Aufbewahrung des Goldes in den von Wächtern bewachten Höhlen noch Geschenke verlangt. Außerdem ist es darum einfältig, weil dabei die Steuerbehörden die Menge des Goldes erfahren würden, was zur Folge hätte, daß dein Goldvorrat immer mehr abnehmen und schließlich nichts mehr vorhanden sein würde. Der einzige vernünftige Zweck des Goldsammelns besteht darin, das Gold für sich arbeiten zu lassen, so daß man selbst, die Hände im Schoß, dasitzen und in Salz geröstete Lotossamen kauen kann, um einen angenehmen Durst hervorzurufen. Deshalb bin ich den ganzen Tag auf meinen steifen Beinen in der Stadt herumgelaufen, um die besten Anlagemöglichkeiten in Theben ausfindig zu machen, während du einen Spaziergang zum Tempel unternahmst und dir die Stadt ansahst. Meinem Durste verdanke ich manche Aufklärung. Ich erfuhr unter anderem, daß die Reichen ihr Gold nicht mehr in die Höhlen des Tempels zum Aufbewahren geben, weil behauptet wird, das Gold sei dort nicht sicher. Wenn das stimmt, gibt es in ganz Ägypten überhaupt keine Sicherheit mehr für Gold. Weiter habe ich vernommen, daß der Ammontempel Boden verkauft.«
    »Du lügst«, rief ich heftig aus und erhob mich; der bloße Gedanke daran war bereits Wahnsinn. »Ammon verkauft niemals Boden! Im Gegenteil: er kauft ihn. Ammon hat zu allen Zeiten Grund erworben, so daß er ein Viertel des Bodens im schwarzen Lande besitzt; und was Ammon sich einmal angeeignet, das läßt er nicht mehr los.«
    »Natürlich, natürlich«, beschwichtigte Kaptah, goß wieder Wein in meinen Glasbecher und füllte gleichzeitig verstohlen seinen eigenen Lehmbecher. »Jeder vernünftige Mensch weiß, daß der Boden der einzige Besitz ist, der auf die Dauer nicht an Wert verliert, sofern man mit den Feldmessern auf gutem Fuß steht und ihnen jedes Jahr nach der Überschwemmung Geschenke macht. Jetzt aber verhält es sich tatsächlich so, daß Ammon eilends und insgeheim an jeden seiner Gläubigen, der Gold besitzt, Boden verkauft. Auch ich war zutiefst entsetzt, als ich davon

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