Sinuhe der Ägypter
hörte, und ging der Sache nach. Ammon gibt wirklich Boden zu billigem Preis ab, aber nur unter der Bedingung, daß er das Recht habe, nach Verlauf einer gewissen Zeit den Boden auf Wunsch wieder zum gleichen Preis einzulösen. Trotzdem ist der Kauf vorteilhaft, weil mit den Grundstücken Bauten, landwirtschaftliche Geräte, Vieh und Sklaven verbunden sind, so daß der Käufer, falls er das Land gut pflegt, Jahr für Jahr einen großen Betrag herauszieht. Du weißt selbst, daß Ammon den fruchtbarsten Boden Ägyptens besitzt. Wäre noch alles wie früher, so könnte es nichts Verlockenderes als einen solchen Kauf geben; denn er bringt sicheren und raschen Gewinn. In kurzer Zeit hat denn auch Ammon maßlos viel Boden verkauft und alles verfügbare Gold Ägyptens in seinen Höhlen aufgehäuft, so daß Mangel an Gold herrscht und die Preise für Liegenschaften stark gefallen sind. Aber all das sind Geheimnisse, über die man nicht reden darf. Ich wüßte auch nichts davon, hätte mich nicht mein so nützlicher Durst mit den richtigen Menschen zusammengeführt.«
»Du hast doch hoffentlich keinen Boden gekauft, Kaptah?« fragte ich entsetzt.
Aber Kaptah beruhigte mich und sagte: »So verrückt bin ich nicht, Herr. Auch du wirst wissen, daß ich, obgleich ich ein Sklave bin, nicht mit Mist zwischen den Zehen, sondern an einer gepflasterten Straße zwischen hohen Häusern geboren wurde. Ich verstehe nichts von der Landwirtschaft. Hätte ich auf deine Rechnung Grund gekauft, so würde mich jeder Vogt und Hirt und Sklave und jede Magd nach Kräften ausplündern, während mir in Theben niemand etwas stehlen kann, sondern im Gegenteil ich die anderen bestehle. Auch tritt der Vorteil in den Geschäften Ammons so offen zutage, daß sicherlich etwas dahintersteckt. Das beweist auch der Zweifel der Reichen an der Sicherheit der Tempelkasse. Ich glaube, daß all das wegen des neuen Gottes des Pharao geschieht. Noch viel Merkwürdigeres wird sich ereignen, Herr, ehe wir das Ende ahnen und begreifen können. Da ich aber stets auf deinen Vorteil bedacht bin, habe ich eine Anzahl günstiger Häuser in der Stadt gekauft, Geschäfts- und Wohnhäuser, die einen angemessenen jährlichen Ertrag einbringen. Diese Käufe sind bereits so weit abgeschlossen, daß nur noch deine Unterschrift und dein Siegel nötig sind. Du kannst mir glauben, daß ich vorteilhaft gekauft habe; und wenn mir die Verkäufer nach Unterzeichnung der Papyri Geschenke machen werden, so geht dich das nichts an, sondern ist eine Angelegenheit zwischen mir und den Verkäufern und hängt mit ihrer eigenen Dummheit zusammen. Bei diesen Käufen kann ich dir nichts stehlen. Solltest du mir aber freiwillig Geschenke machen wollen, weil ich diese Geschäfte so vorteilhaft getätigt, so habe ich nichts dagegen.«
Ich überlegte eine Weile und sagte: »Nein, Kaptah, ich werde dir keine Geschenke dafür machen, da ich überzeugt bin, daß du mir bei der Einziehung der Mieten und bei den Vertragsabschlüssen mit den Bauarbeitern für die jährlichen Reparaturen noch genügend stehlen wirst.«
Kaptah war keineswegs enttäuscht, sondern fand sich mit meinen Worten ab und gestand: »Gerade das habe ich gedacht. Denn dein Reichtum ist mein Reichtum, und daher ist dein Vorteil auch mein Vorteil. So muß ich bei allem auf deinen Vorteil sehen. Aber ich gestehe, daß mich, nachdem ich von den Geschäften des Ammon erfahren, die Landwirtschaft sehr zu interessieren begann und ich mich zur Getreidebörse begab, um dort meines Durstes wegen von Schenke zu Schenke zu gehen, die Gespräche der Getreidehändler zu belauschen und viele Dinge zu erfahren. Mit deinem Gold und deiner Erlaubnis, Herr, beabsichtige ich von der Ernte des nächsten Sommers Getreide auf Lager zu kaufen. Mit dieser Ware wird nämlich zur Zeit eifrig gehandelt, und die Preise sind noch recht niedrig. Allerdings ist Getreide weniger haltbar als Stein und Bauten; Ratten und Sklaven stehlen davon. Aber das geschieht auch in der Landwirtschaft, und wer nichts wagt, gewinnt nichts. Jedenfalls ist die Landwirtschaft und die Ernte von Überschwemmungen und Heuschrecken, von Erdmäusen und Bewässerungskanälen und vielen anderen Umständen abhängig, die ich nicht aufzählen will, weil sie mir nicht bekannt sind. Ich will damit bloß sagen, daß der Landwirt eine größere Verantwortung zu tragen hat als ich, der ich beim Kauf weiß, daß ich im Herbst mein Lager mit Getreide zu dem festgesetzten Preis füllen kann. Ich
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