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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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mich für die Weihe vorbereitete.
    »Sinuhe«, antwortete ich verwirrt und wagte nicht, ihren Augen zu begegnen. Doch sie war so schön, und so seltsam duftete das Öl, das auf ihrer Stirne glänzte, daß ich hoffte, sie würde mich zum Wegweiser im Tempel ausersehen. Solches geschah den Schülern des Tempels nämlich öfters.
    »Sinuhe«, wiederholte sie nachdenklich und sah mich forschend an. »Du erschrickst also leicht und fliehst, wenn man dir ein Geheimnis anvertrauen will?«
    Sie spielte auf die Sage von Sinuhes Abenteuer an, und das ärgerte mich, denn mit dieser Erzählung hatte man mich bereits in der Schule oft genug gereizt. Deshalb richtete ich mich auf und sah ihr gerade in die Augen, und ihr Blick war so seltsam und neugierig und klar, daß mein Gesicht zu glühen begann und mein ganzer Leib mit Feuer übergossen wurde.
    »Warum sollte ich mich fürchten?« sagte ich. »Ein künftiger Arzt fürchtet keine Geheimnisse.«
    »Ah?« meinte sie lächelnd. »Das Küken piepst bereits, ehe es seine Schale gesprengt hat. Ist unter deinen Kameraden ein Jüngling namens Metufer? Er ist der Sohn eines königlichen Baumeisters.«
    Metufer war es, der den Priester mit Wein aufgefüllt und ihm als Weihegeschenk einen goldenen Armreifen überreicht hatte. Ich verspürte einen Stich, verriet aber, daß ich Metufer kannte, und bot mich an, ihn zu holen. Ich dachte, das Weib sei vielleicht seine Schwester oder sonst eine Verwandte von ihm. Dieser Gedanke brachte mir Erleichterung, und ich blickte ihr kühn in die Augen und lächelte.
    »Doch wie soll ich ihn holen, da ich deinen Namen nicht kenne und nicht sagen kann, wer ihn rufen läßt?« wagte ich zu fragen.
    »Er weiß es schon«, sagte das Weib und stampfte ein paarmal leicht, aber ungeduldig mit ihrer mit bunten Steinen verzierten Sandale auf den Steinboden. Ich betrachtete ihre kleinen Füße, die nicht von Staub beschmutzt und deren schöne Nägel leuchtend rot gefärbt waren. »Er weiß schon, wer ihn rufen läßt. Vielleicht ist er mir etwas schuldig. Vielleicht weilt mein Mann auf Reisen, und ich erwarte Metufer, um mich in meiner Einsamkeit zu trösten.«
    Bei dem Gedanken, daß sie eine verheiratete Frau sein könnte, wurde mir wieder schwer ums Herz. Dennoch sprach ich kühn: »Wohlan, schöne Unbekannte! Ich werde ihn holen gehen. Ich werde ihm sagen, daß ein Weib, jünger und schöner als die Mondgöttin, ihn rufen läßt. Dann weiß er, wer es ist, denn wer dich einmal gesehen hat, kann dich sicher nie vergessen.«
    Erschrocken ob meiner eigenen Kühnheit wandte ich mich zum Gehen, sie aber faßte mich beim Arm und sagte nachdenklich: »Du hast es aber eilig! Warte noch ein wenig, vielleicht haben wir beide uns noch etwas zu sagen.«
    Wieder blickte sie mich an, daß das Herz in meiner Brust zerging. Dann streckte sie ihre von Ringen und Armbändern beschwerte Hand aus, beruhte meinen Schädel und fragte freundlich: »Friert dies schöne Haupt nicht, nachdem die Knabenlocke soeben erst dem Messer zum Opfer fiel?« Und sogleich fügte sie sanft hinzu: »Sprichst du die Wahrheit? Findest du mich wirklich schön? Sieh mich genauer an!«
    Ich sah sie an, und ihr Gewand war aus königlichem Linnen. Sie war schön in meinen Augen, schöner als alle Frauen, die ich je gesehen hatte, und sie tat wahrlich nichts, um ihre Schönheit zu verbergen. Ich sah sie an und vergaß die Wunde in meinem Herzen, vergaß Ammon und das Haus des Lebens, und ihre Nähe brannte meinen Leib wie Feuer.
    »Du gibst mir keine Antwort«, sagte sie betrübt. »Du brauchst auch nicht zu antworten, denn in deinen schönen Augen bin ich sicher ein altes häßliches Weib, das dich nicht erfreuen kann. So geh und hole den zur Weihe bereiten Jüngling Metufer, dann bist du mich los.« Aber ich ging nicht und wußte auch nichts zu sagen, obgleich ich gut verstand, daß sie mich zum besten hielt. Schatten lagen zwischen den Riesensäulen des Tempels. Ihre Augen glänzten in dem matten, durch ein fernes Gitterwerk aus Stein hereindringenden Dämmerschein, und niemand sah uns.
    »Vielleicht brauchst du ihn nicht zu holen«, sprach das Weib und lächelte mich an. »Vielleicht genügt es mir, wenn du mich erfreust und mit mir der Liebe genießest, denn sonst besitze ich niemanden, der mich ergötzen könnte.«
    Da entsann ich mich der Worte Kipas über Frauen, die schöne Knaben an sich locken, um sich ihrer zu erfreuen. So plötzlich tauchte diese Warnung vor mir auf, daß ich erschrak und

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