Sinuhe der Ägypter
Name Nefernefernefer lautet und weil man einst behauptet hat, meine Augen seien grün wie der Nil in der Sommerhitze.«
»Ich kann deinen Ring nicht annehmen, Nefer«, sagte ich und wiederholte »Nefernefer«, und die Wiederholung ihres Namens bereitete mir unsäglichen Genuß. »Trotzdem werde ich dich nie vergessen.«
»Dummer Junge«, sagte sie. »Behalte den Ring, denn das ist mein Wunsch! Behalte ihn um meiner Laune willen, denn er wird mir einst hohe Zinsen eintragen.« Sie drohte mir mit dem Finger, und ihre Augen lachten, als sie hinzufügte: »Nimm dich auch stets in acht vor Frauen, deren Schoß schlimmer als Feuer brennt.« Sie wandte sich zum Gehen und gestattete mir nicht, sie zu begleiten. Durch die Tempeltür sah ich sie im Hof eine reich › verzierte Sänfte besteigen. En Läufer lief vor ihr her und bahnte ihr unter lauten Rufen den Weg, und die Menschen wichen zur Seite und blickten flüsternd der Sänfte nach. Doch kaum war sie gegangen, da überfiel mich ein unsägliches Gefühl der Leere, als wäre ich in eine dunkle Kluft gestürzt.
Wenige Tage später entdeckte Metufer den Ring an meinem Finger und griff mißtrauisch nach meiner Hand, um ihn zu betrachten. »Oh, ihr vierzig gerechten Paviane des Osiris!« rief er aus. »Nefernefernefer, oder wie? Das hätte ich dir niemals zugetraut.« Er sah mich fast respektvoll an, obwohl der Priester mich zum Reinigen der Böden und zu den niedrigsten Arbeiten im Tempel eingesetzt hatte, weil ich ihm keine Gabe mitbrachte.
In jenem Augenblick haßte ich Metufer und seine Worte so grimmig und erbittert, wie nur ein unreifer Jüngling hassen kann. Wie gerne ich ihn auch über Nefer ausgefragt hätte, ich ließ mich doch nicht dazu herab, sondern barg das Geheimnis in meinem Herzen, denn eine Lüge ist süßer als die Wahrheit, und ein Traum reiner denn irdische Vereinigung. Ich betrachtete den grünen Stein an meinem Finger und gedachte ihrer Augen und ihrer kühlen Brust und glaubte immer noch den Duft ihrer Salben von meinen Fingern einzuatmen. Ich suchte nach ihr, und ihre weichen Lippen berührten die meinen und trösteten mich, denn schon hatte Ammon sich mir offenbart, und mein Glaube war zusammengebrochen.
Beim Gedanken an sie flüsterte ich daher mit glühenden Wangen: »Meine Schwester!« Und das Wort tönte wie eine Liebkosung aus meinem Mund, denn von Ewigkeit zu Ewigkeit bedeutet es: Geliebte.
3
Doch jetzt will ich erzählen, wie Ammon sich mir offenbarte.
In der vierten Nacht war die Reihe an mir, über Ammons Ruhe zu wachen. Wir waren sieben Jünglinge: Mata, Moses, Bek, Sinufer, Nefru, Ahmose und ich, Sinuhe, Senmuts Sohn. Moses und Bek wollten wie ich Eintritt in das Haus des Lebens suchen, weshalb ich sie von früher kannte, während mir die übrigen Unbekannte waren.
Ich war schwach vom Fasten und von der Spannung. Wir waren alle ernst und folgten, ohne zu lächeln, dem Priester – sein Name sei der Vergessenheit übergeben –, als er uns in den geschlossenen Teil des Tempels geleitete. Ammon in seinem Schiff war bereits hinter den westlichen Bergen davongesegelt, die Wächter hatten ins Silberhorn gestoßen, und geschlossen waren die Tempeltore. Doch der Priester, der uns das Geleit gab, hatte sich am Fleisch der Opfertiere, an Obst und süßen Kuchen satt gegessen, sein Antlitz troff von Öl, und seine Wangen glühten vom Genuß des Weines. Er lachte vor sich hin, als er den Vorhang hob und uns in das Allerheiligste hineinsehen ließ. In seiner aus einem ungeheuren Steinblock ausgehauenen Kammer stand Ammon, und grün und rot und blau funkelten im Schein der heiligen Lampen die Edelsteine seiner Kopfbedeckung und seines Kragens. Am Morgen sollten wir ihn unter der Leitung des Priesters salben und frisch bekleiden, denn jeden Morgen brauchte er ein neues Gewand. Ich kannte ihn bereits von früher her. Ich hatte ihn am Frühlingsfest gesehen, als man ihn in einem goldenen Nachen in den Vorhof trug und die Menschen sich vor ihm zu Boden warfen. Und wenn die Wasser am höchsten standen, hatte ich ihn in seinem Schiff aus Zedernholz auf dem heiligen See segeln gesehen. Doch damals, als ich noch ein ungebildeter Zögling war, hatte ich ihn bloß von weitem sehen dürfen, und nie hatte sein rotes Gewand einen solch erschütternden Eindruck auf mich gemacht wie jetzt beim Lampenschein, in der lautlosen Stille des Allerheiligsten. Nur Götter und Pharaonen tragen rote Gewänder, und als ich sein hehres Antlitz betrachtete, hatte ich
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