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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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wimmelte von fetten Krokodilen, deren Schwänze in dem faulenden, nach Leichen stinkenden Wasser plätscherten, und hundert mal hundert aufgedunsene Leichen trieben noch in den Fluten. Der Pharao selbst aber ahnte nichts davon; denn er ruhte auf weichen Teppichen in seiner königlichen Schiffskabine, und die Diener salbten ihn mit wohlriechendem Öl und verbrannten Weihrauch um ihn herum, damit er den Geruch seines Gottes nicht spüre.
    Aber nach zehntägiger Reise fanden wir den Strom wieder geklärt, und der Pharao begab sich in das Vorschiff, um Umschau zu halten. Das Land um ihn herum war gelb von Reife, die Landleute brachten auf ihren Äckern die Sommerernte ein, und abends wurden die Viehherden zur Tränke ans Ufer getrieben, und die Hirten bliesen ihre zweirohrigen Schalmeien. Als die Leute das Schiff des Pharao erblickten, eilten sie weißgekleidet aus ihren Dörfern ans Ufer und grüßten den Pharao mit wedelnden Palmenzweigen und Zurufen. Der Anblick des zufriedenen Volkes wirkte besser als alle Arzneien auf ihn. Zuweilen ließ er sein Fahrzeug anlegen und begab sich an Land, um mit den Menschen zu reden, sie zu berühren und Frauen und Kindern segnend die Hände aufzulegen, was diese nie mehr vergaßen. Auch die scheuen Schafe näherten sich ihm, schnupperten an ihm herum und knabberten am Saum seines Gewandes, worüber er vor Vergnügen laut lachte. Und er fürchtete die Sonnenscheibe, seinen Gott, nicht, obwohl er in der Sommerhitze ein mörderischer Gott ist, sondern entblößte sein Gesicht der Sonne, die es rot verbrannte, so daß seine Erreger und sein Fieber wieder stiegen und die Seele schrecklich aus seinem Blick lohte, als er die Fahrt von neuem beschleunigte.
    Im Dunkel der Nacht stand er im Vorschiff, in Betrachtung der funkelnden Sterne versunken, und sprach zu mir: »Den ganzen Grund und Boden des falschen Gottes werde ich denjenigen schenken, die mit wenigem zufrieden sind und mit den Händen arbeiten, auf daß sie glücklich werden und den Namen Atons segnen mögen. Die ganze Erde werde ich unter sie verteilen; denn mein Herz erfreut sich beim Anblick dicker Kinder und lachender Frauen und Männer, die in Atons Namen ihre Arbeit verrichten und niemanden hassen oder fürchten.«
    Weiterhin sprach er: »Das Herz des Menschen ist dunkel, ich würde es allerdings nie geglaubt haben, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Denn mein Licht ist so hell, daß ich das Dunkel nicht erfasse, und wenn es in meinem Herzen brennt, vergesse ich alle falschen Herzen. Aber es gibt gewiß manche Menschen, die Aton sehen und seine Liebe fühlen, ihn aber nicht zu begreifen vermögen, weil sie ihr ganzes Leben im Dunkel verbracht haben und ihre Augen das Licht, das sie sehen, nicht erkennen, sondern es für etwas Böses halten, das sie peinigt. Deshalb lasse ich diese Menschen in Frieden und störe sie nicht, wenn sie nur mich und meine Getreuen nicht stören. Aber unter ihnen wohnen mag ich nicht, sondern ich werde meine Liebsten um mich versammeln, mit ihnen leben und sie nie verlassen, damit ich nicht beim Anblick solcher Dinge, die mich quälen und Aton ein Greuel sind, mein schlimmes Kopfweh bekomme.«
    Er blinzelte im Dunkel der Nacht zu den Sternen und sagte: »Die Nacht ist mir ein Greuel, ich liebe die Finsternis nicht, sondern fürchte sie, und auch die Sterne liebe ich nicht, denn bei ihrem Blinken kommen die Schakale aus ihren Schluchten und verlassen die Löwen mit blutrünstigem Geheul ihre Höhlen. Auch Theben ist mir lauter Nacht, und deshalb habe ich Theben verlassen, wie ich wahrlich alle Alten und Falschen aufgebe und meine Hoffnung auf die Jungen und die Kinder setze; denn aus der Jugend und den Kindern wird der Weltenfrühling aufgehen, und wer sich von Kindheit an die Lehre Atons zu eigen macht, der wird vom Bösen gereinigt, und damit wird die ganze Welt geläutert werden. Deshalb sollen alle Schulen neu eingerichtet, die alten Lehrer abgesetzt und andere Schreibtexte für die Kinder verwendet werden. Auch die Schrift soll vereinfacht werden; denn wir brauchen keine Bilder in der Schrift, und deshalb werde ich eine Schrift ausarbeiten lassen, die auch der einfachste Mensch erlernen kann. Es soll kein Unterschied mehr zwischen den des Schreibens Kundigen und dem Volke bestehen, sondern das Volk soll lesen und schreiben lernen, so daß es auch im kleinsten Dorf irgendeinen gibt, der das, was ich den Leuten schreibe, lesen kann. Ich werde ihnen nämlich öfters ausführliche

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