Sinuhe der Ägypter
Stadt zu erbauen, und nannte diese künftige Stadt Achetaton * , die Stadt der Himmelshöhe.
Ein Schiff nach dem anderen folgte, er versammelte seine Baumeister und Architekten und erteilte ihnen Weisungen über die Richtung der Hauptstraßen, über die Plätze für sein goldenes Haus und für den Tempel Atons. Auch jedem seiner Günstlinge wies er an den Hauptstraßen eine Baustelle für ein Haus zu. Die Bauleute vertrieben die Hirten und ihre Schafe, rissen ihre Lehmhütten ab und bauten Uferkais. Auch für die Bauleute bezeichnete der Pharao Echnaton außerhalb seiner Stadt die Baustelle für ihre eigene Stadt, und sie durften sich zuerst aus Lehm ihre Häuser aufführen. Sie lagen an fünf von Norden nach Süden und fünf von Osten nach Westen gehenden Straßen, waren alle gleich hoch und enthielten je zwei gleiche Zimmer. In jedem Haus stand ein Bratofen am gleichen Ort, und auch jeder Krug und jede Matte befanden sich an gleicher Stelle in jedem Haus; denn der Pharao meinte es gut mit allen und wollte, daß alle Bauleute gleichen Ranges seien, um glücklich in ihrer eigenen Stadt außerhalb der seinigen zu leben und den Namen Atons zu segnen.
Aber segneten sie wirklich den Namen Atons? Nein, sie verfluchten ihn bitterlich, und auch den Pharao verfluchten sie in ihrem Unverstand, weil er sie aus ihren eigenen Städten in die Wüste übergesiedelt hatte, wo es weder Straßen noch Bierstuben, sondern nur Sand und braungebranntes Gras gab. Und keine einzige Frau war zufrieden mit ihrem Bratofen, sondern alle murrten wider das Verbot, Kochfeuer von ihren Hütten anzünden, und verschoben unablässig ihre Krüge und Matten, und die Kinderreichen beneideten die Kinderlosen um den Raum. Wer an Erdböden gewohnt war, beklagte sich über die staubigen, ungesunden Lehmböden, und die an Lehmböden Gewohnten wiederum behaupteten, der Lehm in Achetaton sei nicht der gleiche wie anderswo, sondern zweifellos verflucht, weil der Boden beim Aufwaschen Risse bekam.
Auch wollten sie gewohnheitsmäßig ihre Hackfrüchte vor ihren Hütten anbauen und nörgelten über die Anbauflächen, die der Pharao ihnen vor der Stadt zugeteilt hatte, weil, wie sie behaupteten, dort nicht genügend Wasser vorhanden sei und sie auch den Dünger nicht so weit zu schleppen vermöchten, Sie zogen ihre Binsenseile zum Wäschetrocknen quer über die Straßen und hielten Ziegen in den Zimmern, obwohl der Pharao es aus Gesundheitsgründen und der Kinder wegen untersagt hatte. Ich habe nie eine unzufriedenere und streitsüchtigere Stadt gesehen als die der Bauleute von Achetaton, zu der Zeit, da die neue Hauptstadt aufgeführt wurde. Aber ich muß zugeben, daß sie sich mit der Zeit an alle Verdrießlichkeiten gewöhnten und dareinfügten und nicht mehr auf den Pharao schimpften, sondern nur noch seufzend ihrer einstigen Heime gedachten, ohne jedoch den Wunsch zu hegen, dorthin zurückzukehren. Ziegen aber hielten die Frauen trotz allem heimlich in ihren Zimmern, denn daran vermochte nicht einmal der Pharao sie zu hindern.
Dann kamen die Überschwemmung und der Winter, aber der Pharao kehrte nicht mehr nach Theben zurück, sondern blieb beharrlich an Bord seines Schiffs, von wo aus er das Land regierte. Jeder Stein, der auf einen anderen gesetzt, und jede Säule, die errichtet wurde, freuten ihn ungemein. Er brach oft in ein schadenfrohes Gelächter aus, wenn er schmucke leichte Holzhäuser an den Straßen emporwachsen sah, denn die Erinnerung an Theben fraß wie Gift an seinem Herzen. Für diese Stadt Achetaton verbrauchte er alles von Ammon geerbte Gold; aber den Boden Animons in allen Landesgegenden ließ er unter die Ärmsten verteilen, welche Erde zum Bebauen haben wollten. Er ließ alle stromaufwärts segelnden Schiffe anhalten, kaufte ihre Ladungen auf und löschte sie in Achetaton. Außer seinen eigenen Bauleuten strömten noch viele andere Arbeiter nach Achetaton, lebten in Lehmgruben und Schilfhütten am Stromufer, kneteten Lehm und formten Ziegel. Sie ebneten Straßen und gruben Bewässerungskanäle und im Park des Pharao einen heiligen See für Aton. Auch Büsche und Bäume wurden in Booten hergeschafft und nach der Überschwemmung in der Stadt der Himmelshöhe angepflanzt, ja sogar ausgewachsene Ölbäume wurden gesetzt, so daß der Pharao bereits im zweiten Sommer mit ungeduldigen Händen die ersten in seiner Stadt gereiften Datteln, Feigen und Granatäpfel pflücken konnte.
Ich hatte beruflich viel zu tun, denn wenn auch der Pharao in
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