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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Botschaften über allerlei Dinge, die sie wissen müssen, zukommen lassen.«
    Seine Rede flößte mir Schrecken ein; denn ich kannte die neue Schrift des Pharao: sie war leicht zu erlernen, aber keine heilige Schrift und weder schön noch so reich wie die alte, weshalb jeder Schreiber, der seine Kunst in Ehren hielt, sie verachtete und diejenigen, die sich ihrer bedienten, schmähte. Daher sagte ich: »Die Volksschrift ist häßlich und wirkt verwildernd, auch ist sie keine heilige Schrift. Was soll aus Ägypten werden, wenn jeder schreiben lernt? Dergleichen ist noch nie dagewesen, und in Zukunft wird keiner mehr mit den Händen arbeiten wollen, und dann wird die Erde brachliegen, und das Volk keine Freude an seiner Schreibkunst haben, wenn es hungern muß.«
    Das hätte ich nicht sagen sollen, denn er wurde sehr aufgebracht und rief: »So nahe ist mir also immer noch das Dunkel! Mit dir, Sinuhe, weilt es an meiner Seite. Du bist ein Zweifler, der mir Hindernisse in den Weg legen will; aber meine Wahrheit brennt in mir wie ein Feuer, und meine Augen durchschauen alle Hindernisse wie klares Wasser, bis ich die Welt, die nach mir kommen wird, erblicke. In jener Welt gibt es weder Haß noch Furcht, dort teilen die Menschen brüderlich Arbeit und Brot miteinander. Es gibt weder Reiche noch Arme mehr, und alle sind gleichgestellt und alle können lesen, was ich ihnen schreibe. Und keiner sagt zum anderen: ›Du schmutziger Syrien oder ›Du elender Neger‹, sondern jeder Mensch ist des andern Bruder, und es gibt keine Kriege mehr. All das sehen meine Augen, und deshalb schwellen Kraft und Jubel so gewaltig in mir, daß ich fürchte, sie werden mir das Herz zersprengen.«
    Da wußte ich wiederum, daß er verrückt war. Ich brachte ihn auf seinen Teppich und reichte ihm Beruhigungsmittel. Seine Worte aber quälten mich und brannten mir im Herzen, denn etwas in mir war für seine Botschaft reif geworden. Ich hatte viele Völker gesehen, und alle Völker waren sich im Grunde gleich. Ich hatte viele Städte gesehen, und alle Städte waren sich im Grunde gleich. Für einen rechten Arzt gab es keinen Unterschied zwischen Reichen und Armen, zwischen Ägyptern und Syriern, sondern seine Aufgabe bestand darin, allen und jedem zu helfen. Deshalb sprach ich zu meinem Herzen:
    »Seine Torheit ist groß und kommt bestimmt von seiner Krankheit, aber es ist eine gute und ansteckende Torheit, und ich möchte beinahe hoffen, daß seine Gedanken sich verwirklichen, obwohl mir mein Verstand sagt, daß eine solche Welt nur im Lande des Westens aufgebaut werden kann. Dennoch ruft mein Herz und sagt mir: seine Wahrheit ist größer als alle andern, früher verkündeten Wahrheiten. Und mein Herz sagt mir auch: keine Wahrheit, die nach ihm verkündet wird, kann größer sein, obwohl ich weiß, daß ihm Blut und Verderben auf den Fersen folgen werden. Er wird sein großes Reich verlieren, falls er lange leben sollte.«
    Ich betrachtete die Sterne im Dunkel der Nacht und dachte: Ich, Sinuhe, bin ein Fremdling in dieser Welt und weiß nicht einmal, wer mich geboren hat. Aus freiem Willen bin ich Armenarzt zu Theben geworden, und Gold bedeutet mir nicht viel, wenn ich auch lieber eine gemästete Gans als trockenes Brot und lieber Wein als Wasser genieße. Aber all das ist mir nicht so wichtig, daß ich nicht ganz gut darauf verzichten könnte. Da ich also nichts als mein Leben zu verlieren habe, warum sollte ich dann nicht des Pharaos Schwäche stützen, mich an seine Seite stellen und ihn, ohne zu zweifeln, ermuntern; denn er ist der Pharao und sein ist die Macht, und in der ganzen Welt gibt es kein reicheres und fruchtbareres Land als Ägypten, und vielleicht wird Ägypten aus dieser Prüfung lebend hervorgehen. Wenn dem so wäre, würde die Welt sich wahrlich verändern und eine neue Zeit anbrechen, in der die Menschen Brüder wären, reiche und arme.
    So träumte ich mit offenen Augen an Bord des königlichen Schiffes, und von den Ufern trug mir der Nachtwind den Duft reifen Getreides und den Geruch der Dreschböden zu. Doch der Nachtwind kühlte meine Glieder, und der Traum erlosch in meiner Seele.
    Am fünfzehnten Tag tauchte Land vor uns auf, das keinem Gott und keinem vornehmen Mann gehörte. Goldbraun und blau zeichneten sich die Berge am Ufer ab. Die Erde lag brach, und nur einige Hirten trieben ihre Herden auf die Weide und wohnten selbst in Schilfhütten am Strand. Da ging der Pharao an Land und weihte Aton diese Erde, um dort eine neue

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