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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sie in Tücher eingeknöpft mitgebracht hatten. Haremhab erklärte mir, daß ich Aziru irgendwo zwischen Tanis und Gaza begegnen werde, wo dieser mit seinen Streitwagen gegen die Freischärler kämpfe. Er unterrichtete mich auch über die Verhältnisse in Simyra und zählte mir die während der Belagerung abgebrannten Häuser sowie die Namen der beim Aufstand umgebrachten Vornehmen auf, so daß ich über sein Wissen höchst erstaunt war. Darum berichtete er mir von seinen Spionen, welche die Städte Syriens besuchten und den Truppen Azirus als Schwertschlucker, Gaukler und Wahrsager oder als Bierverkäufer und Sklavenhändler folgten. Aber er gab auch zu, daß die Spione Azirus auf die gleiche Art bis nach Memphis gelangten und den Freischaren und Grenzbewachungstruppen als Zauberkünstler, Bierhändler und Aufkäufer von Kriegsbeute folgten. Sogar Aschtarte-Jungfrauen waren von Aziru als Spioninnen angestellt worden und hätten leicht die gefährlichsten werden können, weil sie viele wichtige Dinge durch die ägyptischen Offiziere, die sich mit ihnen ergötzten, erfahren konnten; zum Glück aber verstanden sie von kriegerischen Angelegenheiten zu wenig, um wirklich gefährlich zu sein. Es gab sogar Spione, die sowohl Haremhab als auch Aziru dienten, und Haremhab räumte ein, daß diese die klügsten seien, weil sie auf keiner Seite in Gefahr gerieten, sondern das Leben behielten und am reichlichsten Gold verdienten.
    Die Flüchtlinge und die Offiziere Haremhabs berichteten mir jedoch so schreckliche Dinge über die Krieger der Amoriter und die ägyptischen Freischaren, daß mir das Herz zu zittern begann und die Knie wie Wasser wurden, als sich die Stunde meiner Abreise näherte. Haremhab sagte:
    »Du kannst selbst wählen, ob du lieber auf dem Landweg oder über das Meer fährst. Willst du den Seeweg, so werden dir die Kriegsschiffe Kretas vielleicht das Geleit bis Gaza geben, obgleich es ebensogut möglich ist, daß sie dein Fahrzeug nicht beschützen, sondern beim Anblick der Kriegsschiffe von Sidon und Tyrus, die das Meer von Gaza bewachen, die Flucht ergreifen. In diesem Fall wird dein Schiff, falls du tapfer kämpfst, versenkt, und du ertrinkst in den Fluten. Wehrst du dich hingegen nicht mutig, wird dein Fahrzeug gekapert und du wirst Ruderer auf einem syrischen Kriegsschiff und stirbst binnen weniger Tage unter Peitschenhieben und Sonnenhitze. Da du aber ein Ägypter und vornehmer Mann bist, ist anzunehmen, daß sie dir die Haut abziehen und sie zum Trocknen auf ihre Schiffe hängen werden, um Markttaschen und Börsen daraus anzufertigen. Ich will dich jedoch keineswegs beunruhigen; denn es ist auch möglich, daß du unversehrt nach Gaza kommst. Vor kurzem gelang es nämlich einem Waffenboot, es zu erreichen, während ein Getreideschiff versenkt wurde. Wie du aber aus dem belagerten Gaza bis zu Aziru gelangen sollst, das ist mir wahrlich ein Rätsel.«
    »Vielleicht ist es am sichersten, ich reise zu Land«, schlug ich zögernd vor. Haremhab nickte zustimmend und erklärte: »Von Tanis an werde ich dich durch einige Speerwerfer und Streitwagen geleiten lassen. Wenn sie mit Azirus Truppen in Fühlung geraten, ergreifen sie eilends die Flucht und lassen dich allein in der Wüste zurück. Möglich ist es natürlich, daß die Krieger Azirus, wenn sie sehen, daß du ein Ägypter und vornehmer Mann bist, dich nach Sitte der Hetiter auf eine Stange spießen und ihre Notdurft über deine Lehmtafeln verrichten. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß du trotz Geleites in die Hände der Freischärler fällst, die dich bis auf die Haut ausplündern und dann ihre Mühlsteine drehen lassen, bis ich dich mit Gold loskaufen kann; doch glaube ich kaum, daß du es so lange aushalten wirst; denn dein Leib ist lehmfarben und erträgt daher die Sonnenstrahlen nicht, und ihre Peitschen sind aus der Haut der Flußpferde gemacht. Doch ist es ebensogut möglich, daß sie dir, nachdem sie dich ausgeplündert, mit ihren Speeren den Bauch aufschlitzen und dich den Raben zum Fraß zurücklassen; das ist keineswegs die schlimmste Art, das Leben zu beenden, sondern es wird ein ziemlich leichter Tod sein.«
    Als ich all das vernahm, zitterte mein Herz noch mehr als zuvor, und meine Glieder froren, obwohl es heißer Sommer war. Deshalb sagte ich: »Ich bedaure sehr, meinen Skarabäus bei Kaptah gelassen zu haben, damit er mein Eigentum bewache! Vielleicht hätte er mir besser helfen können als der Aton des Pharao, dessen Macht sich, nach

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