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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Sand hinunterwarf. Meine Lehmtafeln und meinen Reisekasten schmiß er mir nach, ließ die Pferde wenden, vertraute mich dem Schutz aller Götter Ägyptens an und rief mir aufmunternde Worte zu. Dann fuhr er in vollem Galopp davon, so daß die Wagenräder aus den Steinen des Bodens Funken schlugen, und die übrigen Wagen folgten ihm nach.
    Als ich mir den Sand aus den Augen gerieben, sah ich eine Anzahl syrischer Streitwagen heranfahren und sich fächerförmig zum Kampf ordnen. Eingedenk meiner Würde erhob ich mich und schwenkte als Zeichen des Friedens einen grünen Palmzweig über meinem Kopf, obwohl die Blätter auf der Reise verwelkt und vertrocknet waren. Die Streitwagen aber fuhren, ohne sich um mich zu kümmern, an mir vorbei, und nur ein einziger Pfeil sauste zischend an meinem Ohr vorüber und bohrte sich hinter mir in den Sand. Die Streitwagen verfolgten Jujus Kolonne; aber ich konnte sehen, wie dieser und seine Leute die Futtersäcke und alsdann auch die Wasserbehälter aus den Wagen schleuderten, um deren Gewicht zu vermindern. So sah ich sie fast alle entkommen; ein einziger Wagen blieb zurück, weil das eine der Pferde über einen Steinhaufen gestrauchelt war. Ohne ihre Fahrt zu verringern, stürzten die Angreifer den Wagen um, fällten die Rosse und töteten die Männer.
    Nach der nutzlosen Verfolgung kehrten die Streitwagen Azirus zu mir zurück, und die Lenker sprangen herab. Ich rief sie an, nannte ihnen meinen Rang und zeigte ihnen die Lehmtafeln des Pharao. Sie aber kümmerten sich nicht um meine Angaben. Einige hatten die Hände, die noch von Blut troffen, in den Gürtel gesteckt. Sie plünderten mich aus, öffneten meinen Kasten, nahmen mir mein Gold, zogen mich aus und banden mich an den Handgelenken hinter einen Streitwagen, so daß ich hinter ihnen herlaufen mußte, während sie fuhren; ich glaubte dabei ersticken zu müssen, und der Sand schürfte mir die Haut an den Knien, aber sie kümmerten sich nicht um meine Schreie, obwohl ich ihnen mit dem Zorn Azirus drohte. All das mußte ich Pharao Echnatons wegen erleiden.
    Auf dieser Fahrt wäre ich zweifellos umgekommen, wenn Aziru nicht sein Lager gleich hinter den Bergen jenseits des Passes aufgeschlagen gehabt hätte. Mit halbgeblendeten Augen erblickte ich eine Menge Zelte, zwischen denen Pferde weideten; um das Lager hatte man aus Streitwagen und Ochsenschlitten einen Wall gebildet. Alsdann sah ich nichts mehr und erwachte erst, als Sklaven Wasser über mich gossen und mir die Glieder mit Öl einrieben; denn ein des Lesens kundiger Offizier hatte meine Lehmtafeln gesehen, weshalb ich nunmehr mit aller Ehrfurcht behandelt wurde und meine Kleider zurückerhielt.
    Als ich wieder zu gehen vermochte, wurde ich in das Zelt Azirus geführt, das nach Talg und Wolle und Räucherwerk duftete. Aziru kam mir, klirrende Goldketten um den Hals und den gekräuselten Bart in einem Silbernetz, wie ein Löwe brüllend entgegen. Er trat auf mich zu, umarmte mich und sagte:
    »Ich bin tief betrübt, daß dich meine Leute so schlecht behandelt haben! Du hättest ihnen deinen Namen sagen und erzählen sollen, daß du der Gesandte des Pharao und mein Freund bist! Auch hättest du nach gutem Brauch einen Palmenzweig als Friedenszeichen über deinem Haupte schwenken sollen; statt dessen sagen meine Leute, du seist mit gezücktem Messer und vor Wut heulend auf sie zugestürzt, so daß sie dich unter Lebensgefahr bändigen mußten.« Meine Knie brannten wie Feuer, und meine Handgelenke waren wie gebrochen. Deshalb war mein Sinn voll Bitterkeit, und ich sprach zu Aziru: »Sieh mich an und sage selbst, ob ich dem Leben deiner Leute hätte gefährlich werden können. Sie zerbrachen meinen Palmenzweig, plünderten mich aus, nahmen mir sogar die Kleider, verhöhnten mich und trampelten auf den Lehmtafeln des Pharao herum. Deshalb sollst du wenigstens einige von ihnen auspeitschen lassen, damit sie lernen, dem Gesandten des Pharao Achtung entgegenzubringen.«
    Aber Aziru spreizte höhnisch sein Gewand, hob erstaunt die Hände und beteuerte: »Du hast gewiß einen bösen Traum gehabt, Sinuhe, und ich kann wirklich nichts dafür, wenn du dir auf der schwierigen Reise die Knie an den Steinen zerschürft hast. Eines elenden Ägypters wegen kann ich wahrlich nicht meine besten Leute auspeitschen lassen, und die Worte eines Gesandten des Pharao sind wie Fliegengesumm in meinen Ohren.«
    »Aziru«, sagte ich, »König über viele Könige! Laß wenigstens den Mann auspeitschen,

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