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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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der schamlos genug war, mir, während ich hinter dem Wagen herlief, mit dem Speer das Hinterteil wundzustechen. Laß ihn auspeitschen, und ich begnüge mich damit. Denn wisse, daß ich dir und Syrien das Geschenk des Friedens überbringe.«
    Aziru lachte laut auf, schlug sich mit der Faust vor die Brust und sagte: »Was geht es mich an, wenn der erbärmliche Pharao im Staub vor mir kriecht und mich um Frieden anfleht? Aber deine Rede ist vernünftig, und da du mein und meiner Gemahlin und meines Sohnes Freund bist, werde ich den Mann auspeitschen lassen, der dich mit dem Speer in den Hintern stach, um deinen Lauf zu beschleunigen. Das war gegen guten Brauch, und wie du weißt, führe ich Krieg mit sauberen Waffen und für hohe Ziele.«
    Somit hatte ich die Genugtuung, meinen schlimmsten Quälgeist vor den versammelten Truppen neben Azirus Zelt ausgepeitscht zu sehen. Seine Kameraden hegten kein Mitleid mit ihm, sondern verhöhnten ihn, brüllten vor Lachen bei seinem Gejammer und zeigten mit den Fingern auf ihn; denn sie waren ja Soldaten, die sich in ihrem langweiligen Beruf über jede Abwechslung freuten. Zweifellos hätte Aziru ihn zu Tode peitschen lassen; als ich aber sah, wie ihm das Fleisch in Fetzen von den Rippen fiel und das Blut herabströmte, nahm ich an, daß ihn der Rücken bereits ebenso schmerzte wie mich die Knie und das Hinterteil. Deshalb hob ich die Hände zum Zeichen, daß ich ihm das Leben schenke. Und als ich sein Elend sah, ließ ich ihn in das Zelt tragen, das mir Aziru zum großen Ärger der Offiziere, die es bewohnt hatten, zur Unterkunft angewiesen hatte. Seine Kameraden priesen mich laut, weil sie annahmen, ich wolle ihn nun nach der Auspeitschung noch auf allerlei Art peinigen. Ich aber rieb ihm den Rücken mit den gleichen Salben ein, mit denen ich meine Knie und mein Hinterteil behandelt hatte, verband seine Wunden und ließ ihn den Durst an Bier löschen, so daß er mich schließlich für verrückt hielt und die Achtung vor mir verlor.
    Am Abend bot mir Aziru in seinem Zelt Schafsbraten und in Fett gekochte Graupen an, und ich speiste mit ihm und seinen Hauptleuten und den hetitischen Offizieren, die sich in seinem Lager befanden und deren Mäntel und Brustschilde mit dem Bild der Doppelaxt und der beflügelten Sonne verziert waren. Wir tranken Wein, und alle begegneten mir freundlich und wohlwollend und hielten mich vermutlich für sehr einfältig, weil ich gekommen war, ihnen in dem Augenblick den Frieden zu bringen, da sie diesen am dringendsten benötigten. Sie redeten hochtrabend von der Freiheit und künftigen Macht Syriens und von dem Joch der Unterdrückung, das sie abgeschüttelt hatten. Aber nachdem sie hinreichend getrunken, begannen sie untereinander zu streiten, und ein Mann aus Joppe zog sein Messer und stieß es einem Amoriter in die Kehle. Wenn auch Blut daraus floß, war die Verletzung nicht gefährlich, weil das Messer nicht die Pulsader zerschnitten hatte, und so konnte ich ihn mit meiner Kunst heilen, wofür ich reichliche Gaben von ihm erhielt. Auch wegen dieses Beistandes hielten mich die anderen für einfältig.
    Ebensogut hätte ich ihn allerdings sterben lassen können; denn noch während ich mich im Lager befand, ließ derselbe Amoriter den Mann aus Joppe, der ihn verletzt hatte, erstechen, und Aziru seinerseits ließ jenen mit dem Kopf nach unten an die Mauer hängen, um die Ordnung unter seinen Truppen zu wahren – und dies noch bevor seine Kehle ganz ausgeheilt war. Aziru behandelte nämlich seine eigenen Leute grausamer und strenger als andere Syrier, weil sie vor allen anderen ihn um seine Macht beneideten und Ränke gegen ihn schmiedeten, so daß er in seiner Machtstellung dauernd wie in einem Ameisenhaufen saß.

    2

    Nach der Mahlzeit schickte Aziru seine Hauptleute und die Offiziere der Hetiter aus seinem Zelte, damit sie die Zwiste in ihre eigenen Zelte verlegten. Er zeigte mir seinen Sohn, der ihn auf dem Feldzug begleitete, obwohl er erst sieben Jahre alt war. Es war ein schöner Junge mit Wangen wie Pfirsiche und glänzenden schwarzen Augen. Sein Haar war lockig und pechschwarz wie der Bart seines Vaters, und er hatte die helle Haut seiner Mutter geerbt. Aziru strich ihm übers Haar und sagte zu mir:
    »Hast du je einen stattlicheren Jungen gesehen? Ich habe viele Kronen für ihn gesammelt, er wird ein großer Herrscher werden, und ich wage kaum, mir auszumalen, wie weit sich sein Reich erstrecken wird! Mit seinem kleinen Schwert hat er bereits

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