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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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unser Herr keinen Bauch mehr hat.« Ich aber lachte sie aus und schickte sie in das einstige Haus des Kupferschmieds, damit sie Muti von meiner Ankunft in Kenntnis setzten; denn ich getraute mich nicht mehr, mein Haus unangemeldet zu betreten. Den Ruderern gab ich Silber, und sogar Gold gab ich ihnen und sagte: »Bei Aton, geht und eßt, daß eure Bäuche schwellen! Labt eure Herzen an gutem Bier und schönen Mädchen; denn Aton ist ein Freudenspender, der schlichte Genüsse liebt und mehr als den Reichen den Armen zugetan ist, weil ihre Freuden einfacher sind als die der Reichen.«
    Doch als die Ruderer dies vernahmen, verfinsterten sich ihre Gesichter; sie kratzten das Schiffsdeck mit den Zehen, drehten mein Gold und Silber zwischen den Fingern und sprachen: »Wir wollen dich keineswegs beleidigen; aber dein Silber ist doch nicht etwa verfluchtes Silber und dein Gold verfluchtes Gold, da du von Aton zu uns sprichst? Verfluchtes Gold können wir nicht annehmen, weil es uns die Finger verbrennt und sich, wie jedermann weiß, in unserer Hand in Lehm verwandelt.« Das würden sie mir nie gesagt haben, wenn ich nicht mit ihnen gerudert hätte, wodurch ich mir ihr Vertrauen erobert hatte.
    Ich beruhigte sie und sagte: »Beeilt euch, euer Silber und Gold in Bier umzuwandeln, falls ihr dergleichen befürchtet. Aber seid ohne Sorgen! Mein Gold ist kein verfluchtes Gold und mein Silber kein verfluchtes Silber: an den Stempeln könnt ihr sehen, daß es altes, echtes Gold und Silber ohne Beimischung von Achetatons Kupfer ist. Doch muß ich sagen, daß ihr törichte Leute seid, da ihr euch vor Aton fürchtet; denn niemand braucht Furcht vor ihm zu hegen.« Sie antworteten mir mit den Worten: »Wir hegen durchaus keine Furcht vor Aton. Wer sollte auch einen machtlosen Gott fürchten? Aber du weißt ganz gut, Herr, wen wir fürchten, obwohl wir uns des Pharao wegen nicht getrauen, seinen Namen laut auszusprechen.«
    Die Ungeduld brannte in mir, und ich wollte mich nicht länger mit ihnen herumstreiten. Deshalb ließ ich sie gehen, und sie verzogen sich, hüpfend und lachend und Rudererlieder singend, in den Hafen hinauf. Auch ich hätte am liebsten gehüpft und gelacht und gesungen; aber die Sprünge hätten sich nicht für meine Würde geschickt, und der Gesang hätte heiser in meiner Kehle geklungen. Deshalb ging ich geradenwegs in den »Krokodilschwanz«, da ich zu ungeduldig war, um auf eine Sänfte zu warten. So sah ich Merit nach langer Trennung wieder, und ihr Anblick enttäuschte meine Sehnsucht nicht; denn in meinen Augen war sie schöner als je zuvor. Zwar muß ich zugeben, daß die Liebe wie jede andere Leidenschaft den Menschen Sand in die Augen streut, und Merit war nicht mehr jung; aber in der schönsten Reife ihres Sommers war sie meine Freundin, und kein Mensch auf Erden ist mir je näher gewesen als sie. Als sie mich erblickte, verneigte sie sich tief und hob die Arme; alsdann kam sie auf mich zu, legte mir die Hände auf die Schultern, streichelte mir die Wangen, lächelte und sprach: »Sinuhe, Sinuhe, was ist dir geschehen, daß deine Augen so klar sind und du den Bauch verloren hast?«
    Ich antwortete ihr: »Merit, Geliebte, meine Augen sind klar durch die Sehnsucht und das Fieber der Liebe, und mein Bauch ist vor Schwermut geschmolzen; denn ich habe ihn auf dem Weg zu dir, meine Schwester, verloren.« Sie trocknete mir die Augen und sagte: »O Sinuhe, wie ist die Lüge doch so viel süßer als die Wahrheit, wenn der Mensch einsam und sein Frühling nutzlos verblüht ist. Doch wenn du da bist, erblüht mir ein neuer Lenz.«
    Mehr will ich nicht über mein Zusammentreffen mit Merit berichten, weil ich auch von Kaptah erzählen muß. Sein Bauch war keineswegs geschmolzen, sondern noch gewaltiger als früher geworden, und noch mehr Schmuck und Ringe als zuvor klirrten ihm an Hals, Armen und Fußgelenken, und in das Goldblech, das sein blindes Auge deckte, hatte er Edelsteine einsetzen lassen. Als er mich sah, brach er in Tränen und Freudenrufe aus: »Gesegnet sei der Tag, der meinen Herrn nach Hause geführt!« Er geleitete mich in ein Hintergelaß und bot mir einen weichen Teppich zum Sitzen an, und Merit brachte uns vom Besten, was der »Krokodilschwanz« zu bieten vermochte, und wir freuten uns beide zusammen. Kaptah legte mir Rechnung über meinen Reichtum ab und sagte:
    »Sinuhe, mein Herr, du bist weiser als alle anderen Menschen; denn du bist schlauer als die Getreidehändler, die bis jetzt noch nicht

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