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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sich zu nehmen oder ein Wort zu sprechen, so daß ich als Arzt in Sorgen um ihn war. Am folgenden Tag wurde er vor das Volk getragen und setzte sich auf den Thron; sein Gesicht war klar und leuchtend wie die Sonne, als er die Hände hob und zu seinem Volk sprach:
    »Meiner Schwäche wegen herrscht heute Hunger in Ägypten und bedroht der Feind die Grenzen unseres Landes. Wisset, daß die Hetiter im Begriff stehen, Ägypten über Syrien anzugreifen, und daß Feindesfüße bald die schwarze Erde betreten werden. Dies alles geschieht meiner Schwäche wegen, weil ich die Stimme meines Gottes nicht deutlich genug erfaßt und seinen Willen nicht verwirklicht habe. Doch jetzt hat sich mir mein Gott offenbart. Aton ist mir erschienen, seine Wahrheit brennt in meinem Herzen, und ich bin nicht mehr schwach und wankend. Wohl stürzte ich den falschen Gott, doch ließ ich in meiner Schwäche all die anderen ägyptischen Götter an Atons Seite wieder herrschen. Deren Schatten hat Ägypten verdunkelt. Deshalb müssen heute alle alten Götter im Lande Kêmet fallen! Atons Klarheit aber soll als einziges Licht darüber herrschen. So mögen an diesem Tag alle früheren Götter verschwinden und Atons Reich auf Erden beginnen!«
    Bei diesen Worten war die Menge von Entsetzen gepackt; viele Leute streckten die Arme hoch, andere fielen vor dem Pharao zu Boden. Aber Pharao Echnaton fuhr mit lauter Stimme zu reden fort und rief: »Ihr, die ihr mich liebt: geht hin und stürzt alle alten Götter Kêmets, zerstört ihre Altäre, zertrümmert ihre Bildnisse, gießt ihr heiliges Wasser aus, reißt ihre Tempel nieder, tilgt ihre Namen aus sämtlichen Inschriften, dringt, sie zu beseitigen, bis in die Gräber ein, um so Ägypten zu erlösen! Ihr Vornehmen: greift zu den Keulen! Ihr Künstler: vertauscht die Meißel gegen Äxte! Ihr Bauleute: nehmt eure Hämmer! Zieht hinaus in alle Länder, alle Städte, alle Dörfer, die alten Götter zu stürzen und ihre Namen zu vernichten! So säubere ich Ägypten von der Macht des Bösen.«
    Da ergriffen bereits viele entsetzt die Flucht vor ihm; aber der Pharao holte tief Atem, sein Gesicht glühte vor Erregung, und er rief: »Das Reich Atons komme auf Erden! Von diesem Tag an soll es keine Herren und Diener oder Sklaven mehr geben! Alle Menschen sind vor Aton gleich und frei! Keiner ist mehr gezwungen, die Erde eines anderen zu bebauen oder die Mühle eines anderen zu drehen! Jedermann hat das Recht, seine Arbeit selbst zu wählen und ist frei, zu kommen und zu gehen, wie ihm beliebt! Der Pharao hat gesprochen.«
    Und das Volk hörte auf zu murmeln, und alle starrten stumm zu ihm empor; Totenstille breitete sich über Achetaton aus, und ich spürte Leichengeruch in der Nase. Doch während die Menschen also Pharao Echnaton anstarrten, wuchs er in ihren Augen, und die leuchtende Verzückung seines Antlitzes blendete sie, und seine Kraft teilte sich ihnen mit, so daß sie erregte Rufe auszustoßen begannen und zueinander sprachen: »Noch nie zuvor ist derartiges geschehen! Wahrlich, sein Gott spricht durch ihn, und wir müssen ihm gehorchen.« So zerstreute sich das Volk, in Erregung unter sich streitend, und die Leute begannen einander mit den Fäusten zu schlagen, und die Anhänger des Pharao stießen an den Straßenecken Achetatons alte Männer nieder, die gegen ihn sprachen.
    Aber als sich das Volk verlaufen hatte, sprach der Priester Eje zum Pharao: »Echnaton, wirf deine Krone weg und zerbrich den Krummstab in deiner Hand! Denn die Worte, die du geäußert, haben deinen Thron bereits gestürzt!«
    Pharao Echnaton entgegnete: »Die Worte, die ich gesprochen, haben meinem Namen für alle Zeiten Unsterblichkeit gesichert, und meine Macht wird in Ewigkeit in den Herzen der Menschen weiterleben.«
    Da rieb sich Eje die Hände, spuckte vor dem Pharao aus, verscharrte den Auswurf mit dem Fuß im Staub und sagte: »Wenn dem so ist, wasche ich mir die Hände und handle nach meinem Gutdünken; denn vor einem Irren brauche ich meine Handlung nicht mehr zu verantworten.«
    Er wollte sich entfernen, aber Haremhab packte ihn beim Arm und Nacken und hielt ihn mit Leichtigkeit zurück, obgleich jener ein großer, kräftiger Mann war. Haremhab sagte: »Er ist dein Pharao, und du, Eje, hast seinen Befehl auszuführen und darfst ihn nicht verraten; sonst werde ich dir wahrlich den Bauch durchbohren, wenn ich zu diesem Zweck auch aus eigenen Mitteln eine Armee besolden müßte. Ich habe es gesagt und pflege im allgemeinen

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