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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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bekommen, voller, als du selbst ahnst! Deshalb will ich dir, obgleich es zu spät ist, verraten, daß Thoth dein Sohn war und aus deinem Samen gezeugt wurde, als du das erstemal mit Merit schliefst. Ich erzähle es dir, damit du deinen Verstand zusammennimmst! Merit wollte es dir nicht bekennen, weil sie stolz und einsam war und du sie Achetatons und des Pharao wegen verließest. Er war von deinem Blut, der kleine Thoth, und wenn du nicht vollkommen verrückt gewesen wärest, würdest du in seinen Augen die deinigen und in den Zügen um seinen Mund die deinigen erkannt haben. Mein eigenes Leben hätte ich hingegeben, um ihn zu retten; aber deiner Verrücktheit wegen war es mir nicht möglich, und Merit wollte dich nicht verlassen. Deiner Verrücktheit wegen mußten sie beide sterben – und jetzt hoffe ich, Herr, daß du endlich zu Verstand kommen wirst!«
    Seine Worte ließen meine Klagen verstummen. Ich starrte ihn an und fragte: »Ist das wahr?« Doch wenn ich alles über dachte, bedurfte ich seiner Antwort nicht, um zu wissen, daß er die Wahrheit gesprochen hatte. Deshalb blieb ich im Straßenstaub hocken und weinte nicht länger und fühlte auch keine Schmerzen mehr. Denn alles in mir gefror und zog sich zusammen, und mein Herz verschloß sich, so daß mir alles, was mit mir geschah, vollkommen gleichgültig war. Vor meinen Augen brannte der »Krokodilschwanz« lichterloh und wälzte Rauch und Ruß über mich. Mit der Schenke verbrannten der kleine Körper Thoths und der schöne Leib Merits. Ihre Leichen wurden inmitten der toten Sklaven und Träger vom Feuer verzehrt, und ich konnte sie nicht einmal für die Ewigkeit bewahren. Thoth war mein Sohn gewesen, und wenn meine Vermutungen stimmten, floß in seinen Adern wie in den meinigen das heilige Blut der Pharaonen. Hätte ich das gewußt, so wäre vielleicht alles anders verlaufen; denn für seinen Sohn kann ein Mensch Dinge tun, die er um seiner selbst willen niemals ausführen würde. Doch jetzt war es zu spät, und Thoths heiliges Blut verbrannte mit demjenigen der Sklaven und Träger; er war nicht mehr am Leben, und ich verstand, daß mir Merit die Wahrheit nicht bloß aus Stolz und Einsamkeitsgefühl, sondern auch wegen meines furchtbaren Geheimnisses vorenthalten hatte. Deshalb saß ich von Rauch und Funken umwirbelt im Straßenstaub, und die Flammen, die ihre Leichen verzehrten, sengten mir das Gesicht.
    Von da an lebte ich in einem Dämmerzustand, ließ mich von Kaptah führen, wohin er wollte, und folgte ihm ohne Widerstand. Er brachte mich zu Eje und Pepitamon; denn die Schlacht war beendet. Während das Feuer immer noch im Armenviertel wütete, saßen sie auf ihren goldenen Thronen am Hafenkai zu Gericht, während Soldaten und »Hörner« Gefangene vor sie schleppten. Jeder, der mit einer Waffe in der Hand ertappt worden war, wurde mit dem Kopf nach unten an die Mauer gehängt, jeder, bei dem man Raubgut fand, den Krokodilen zum Fraß ins Wasser geworfen, und jeder, der das Kreuz Atons am Hals oder an den Kleidern trug, ausgepeitscht und zur Zwangsarbeit verschickt; die Frauen wurden den Soldaten und Negern zur Schändung ausgeliefert, und die Kinder zur Erziehung in die Tempel Ammons gegeben. So raste der Tod am Uferdamm von Theben, und Eje kannte kein Erbarmen; denn er wollte sich die Gunst der Priester sichern und sprach daher: »Ich will das Land Ägypten vom bösen Blut säubern!«
    Auch Pepitamon raste, weil Sklaven und Träger sein Haus geplündert, die Katzenkäfige geöffnet, das Futter der Tiere aufgegessen und die Milch und Sahne ihren Kindern gebracht hatten, so daß die Katzen vor Hunger wie tollwütig wurden. Deshalb zeigte auch Pepitamon kein Erbarmen, und binnen zweier Tage waren alle Mauern der Stadt dicht mit Leichen bedeckt, die mit dem Kopf nach unten daran hingen.
    Unter lautem Jubel aber richteten die Priester das Bildnis Amnions wieder in seinem Tempel auf und brachten ihm große Opfer dar.
    Eje ernannte Pepitamon zum Statthalter von Theben und begab sich selbst eilends nach Achetaton, um den Pharao zur Abdankung zu veranlassen und seine eigene Machtstellung mit Hilfe des königlichen Thronfolgers zu festigen. Er sprach zu mir: »Folge mir, Sinuhe! Ich brauche vielleicht den Rat eines Arztes, um den falschen Pharao unter meinen Willen zu beugen.« Ich antwortete: »Gewiß folge ich dir, Eje, denn ich will mein Maß voll bekommen.« Er aber verstand den Sinn meiner Worte nicht.

    5

    So reiste ich in der Gesellschaft des

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