Sinuhe der Ägypter
gesprochen.« Nach diesen Worten bedeckte er sich das Gesicht mit dem Zipfel seines Gewandes und verließ den großen Saal, in dem wir drei, Leichengeruch in den Nüstern, allein zurückblieben.
Ejes Hände beschrieben eine Gebärde der Hilflosigkeit, und er blickte Haremhab fragend an, der ihn seinerseits ebenso ratlos anschaute. Ich saß mit kraftlosen Knien auf dem Boden und beobachtete die beiden. Plötzlich lächelte Eje schlau und sprach: »Haremhab, die Speere befinden sich in deiner Gewalt, und der Thron ist dein. Setze also die beiden Kronen, die du doch begehrst, dir selbst auf!«
Haremhab aber lachte höhnisch: »So dumm bin ich nicht! Behalte deine dreckigen Kronen für dich, wenn du willst! Die Speere werden mir den Hintern aufschlitzen, wenn ich mich, ohne königliches Blut hinter mir zu haben, auf ihre Spitzen zu setzen versuche. Du weißt ganz gut, daß nach allem, was geschehen ist, nichts wieder zum Alten zurückkehren kann und daher Hunger und Krieg Ägypten drohen. Wenn ich jetzt die Krone an mich risse, würde das Volk mich alles Bösen, das bevorsteht, bezichtigen, und du könntest mich mit Leichtigkeit stürzen, sobald dich die Zeit dafür reif dünkte.«
Eje sagte: »Also Sekenre – falls er gewillt ist, nach Theben zurückzukehren. Wenn nicht er, dann Thut. Thut fügt sich bestimmt. Ihre Gemahlinnen sind von heiligem Blut. Mögen sie den Haß des Volkes ertragen, bis sich die Zeiten bessern!«
»Du willst also in ihrem Schatten herrschen!« meinte Haremhab. Aber Eje entgegnete: »Du vergißt, daß du die Armee hast und die Hetiter abweisen mußt. Gelingt es dir, wirst du der stärkste Mann in Kêmet sein.«
So stritten sie sich, bis sie einsahen, daß ihre Geschicke miteinander verknüpft waren und beide ohne einander zu keiner Lösung kommen konnten. Deshalb meinte Eje schließlich: »Ich gestehe offen, daß ich nach Kräften versucht habe, dich, Haremhab, zu stürzen. Aber du bist mir über den Kopf gewachsen, Sohn des Falken. Ich kann dich nicht länger entbehren; denn wenn die Hetiter das Land ergreifen, habe ich keine Freude mehr an meiner Macht, und ich bilde mir keineswegs ein, daß ein Pepitamon Krieg gegen die Hetiter führen könnte, wenn er sich auch ganz gut zum Aderlasser und Henker eignet. So sei dies der Tag unseres Bündnisses, Haremhab! Gemeinsam können wir Ägypten regieren, entzweit aber gehen wir beide unter. Ohne mich ist deine Armee machtlos, und ohne deine Armee Ägypten dem Untergang geweiht. Schwören wir daher bei allen Göttern Ägyptens, von heute an zusammenzuhalten! Ich bin bereits ein alter Mann, Haremhab, und möchte noch die Süße der Macht genießen; du hingegen bist jung und hast daher zum Warten Zeit.«
»Ich hege keine Sehnsucht nach den Kronen, sondern nach einem frischen, fröhlichen Krieg für meine Soldaten«, erklärte Haremhab. »Dafür aber verlange ich eine Sicherheit, Eje; sonst wirst du mich bei der ersten Gelegenheit betrügen. Widersprich mir also nicht! Ich kenne dich.«
Eje machte mit den Händen eine abwehrende Gebärde und sagte: »Welche Sicherheit konnte ich dir wohl geben, Haremhab? Ist die Armee etwa nicht die zuverlässigste aller Sicherheiten?«
Haremhabs Antlitz verfinsterte sich; er ließ den Blick verlegen die Wände entlangschweifen und kratzte mit seiner Sandale auf dem Fußboden, als wollte er mit den Zehen im Sand bohren. Dann sprach er: »Ich will die Prinzessin Baketaton zur Gemahlin haben. Wahrlich, ich werde den Krug mit ihr zerbrechen, wenn auch Himmel und Erde bersten sollten! Du kannst es nicht verhindern.«
Eje schrie auf: »Ach so! Jetzt verstehe ich, wonach du strebst, und sehe, daß du schlauer bist, als ich vermutete, wofür ich dir hohe Achtung zollen muß! Die Prinzessin hat ihren Namen bereits wieder in Baketamon abgeändert, die Priester haben nichts gegen sie einzuwenden, und in ihren Adern fließt das heilige Blut des großen Pharao. Wahrlich, Haremhab, wenn du sie ehelichst, wirst du gesetzlich zur Herrschaft berechtigt, und zwar noch vor den Gatten der Töchter Echnatons, hinter denen bloß das Blut des falschen Pharao steht. Du hast das sehr geschickt ausgetüftelt! Aber ich kann deinem Plan nicht beipflichten, wenigstens jetzt noch nicht; denn dann wäre ich dir mit gebundenen Händen und Füßen ausgeliefert und besäße keine Macht mehr über dich.«
Haremhab aber rief laut: »Behalte deine dreckigen Kronen, Eje! Mehr als die Kronen begehre ich die Prinzessin, und dies schon seit dem ersten
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