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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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kennt.
    Schließlich kam Kaptah zu mir und sagte: »Dein Haus brennt, Sinuhe, und die ›Hörner‹ haben Mutis Leib mit ihren Messern aufgeschlitzt, weil sie jene mit dem Wäscheschlegel bedrohte, als sie Feuer an dein Haus legten. Es ist höchste Zeit, dein feinstes Linnengewand und alle Abzeichen deiner Würde anzulegen, wenn du dich retten willst! Laß diese verwundeten Sklaven und Räuber liegen und folge mir in ein Hintergelaß, damit wir uns beide umkleiden, um die Hauptleute des Priesters Eje unserer Würde gemäß zu empfangen! Ich habe nämlich einige Krüge Wein vor dem Räuberpack versteckt, um die Priester und Offiziere zu beschwichtigen und meinen ehrlichen Beruf weiter ausüben zu können.«
    Auch Merit schlang die Arme um meinen Hals und flehte mich an: »Rette dich, Sinuhe, wenn nicht deinetwegen, so doch mir und dem kleinen Thoth zuliebe!«
    Doch das viele Wachen und die Enttäuschung, der Tod und der Schlachtenlärm hatten mich so betäubt, daß ich mein eigenes Herz verkannte und sagte: »Was schert mich das alles: mein Haus, ich selbst, du und Thoth? Das Blut, welches fließt, ist vor Aton meiner Brüder Blut, und wenn das Reich Atons fallen soll, will ich nicht länger leben!« Warum ich so wahnwitzig sprach, weiß ich nicht; denn es war nicht mein weiches Herz, sondern etwas anderes, was aus mir redete.
    Auch weiß ich nicht, ob ich noch hätte fliehen oder etwas retten können; denn kurz darauf sprengten die Schardanen und Neger die Tür der Weinschenke und drangen herein, angeführt von einem Priester mit glattrasiertem Schädel und von heiligem Öl glänzendem Gesicht. Sie begannen die in Blutlachen am Boden liegenden Verwundeten totzuschlagen, der Priester stach ihnen mit einem heiligen Horn die Augen aus, und die mit Streifen bemalten Neger tanzten auf ihnen herum, so daß das Blut aus den Wunden spritzte. Der Priester rief: »Das ist ein Nest Atons! Reinigen wir es durch Feuer!« Vor meinen Augen schlugen sie dem kleinen Thoth den Schädel ein und töteten mit ihren Speeren Merit, die ihn auf ihrem Schoß zu schützen trachtete. Ich konnte sie nicht verteidigen; denn der Priester schmetterte mir sein Horn auf den Kopf, so daß der Hilferuf in meiner Kehle erstickte, und alsbald wußte ich nicht mehr, was geschah.
    Als ich zum Bewußtsein erwachte, lag ich in der Gasse vor dem »Krokodilschwanz« und wußte anfangs überhaupt nicht, wo ich mich befand, sondern glaubte, geträumt zu haben oder tot zu sein. Der Priester war verschwunden, und die Soldaten hatten die Speere weggelegt und tranken von dem Wein, den ihnen Kaptah anbot, während die Offiziere sie mit ihren silberdurchwirkten Peitschen zur Fortsetzung des Kampfes antrieben und der »Krokodilschwanz« vor meinen Augen lichterloh brannte. Denn seine Einrichtung war aus Holz und brannte wie dürres Uferschilf. Da erinnerte ich mich an alles und versuchte aufzustehen, aber meine Kräfte erlaubten es mir nicht. Da ich nicht auf den Füßen stehen konnte, begann ich auf Knien und Händen zu kriechen und mühte mich zu der brennenden Tür hin und ins Feuer hinein, um zu Merit und Thoth zu gelangen. Ich kroch in die Flammen, die mir mein bißchen Haar versengten, meine Kleider fingen Feuer, und ich verbrannte mir Hände und Knie, bis mich Kaptah unter Wehgeschrei aus dem Flammenherd zog und im Staub rollte, um das Feuer in meinen Kleidern zu ersticken. Bei diesem Anblick lachten die Soldaten laut und schlugen sich auf die Knie, bis Kaptah zu ihnen sprach:
    »Er ist gewiß ein wenig verrückt; denn der Priester schlug ihn mit dem Horn auf den Schädel. Diese Untat aber wird bestraft werden! Er ist nämlich ein königlicher Arzt, den man nicht anrühren darf – und dies um so weniger, als er ebenfalls ein Priester ersten Grades ist, wenn er sich auch gezwungen sah, schlechte Kleider anzuziehen und die Abzeichen seiner Würde zu verbergen, um der Wut des Volkes zu entgehen.«
    Ich aber saß im Straßenstaub und hielt mir den Kopf mit den verbrannten Händen. Die Tränen strömten mir aus den versengten Augen, und ich jammerte und klagte bitterlich: »Merit, Merit, meine Merit!« Doch Kaptah stieß mich ärgerlich in die Rippen und raunte mir zu: »Schweig, du Narr! Hast du in deiner Torheit nicht schon genügend Unglück über uns gebracht?« Als ich jedoch nicht schwieg, näherte er sein Gesicht dem meinigen und flüsterte erbittert: »Mögen dich diese Geschehnisse wieder zur Vernunft bringen, Herr! Jetzt hast du wahrlich dein Maß voll

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