Sinuhe der Ägypter
mich heiter anlachte, glänzten seine Zähne blendend weiß wie diejenigen eines reißenden Tiers. Ich reichte ihm ein von Eje angefertigtes, gefälschtes Schreiben der Prinzessin Baketamon und streckte unter allen nötigen Ehrenbezeigungen die Hände in Kniehöhe vor, als wäre er bereits mein Herrscher. Es belustigte mich sehr, zu sehen, daß er zu meinem Empfang ägyptische Kleidung trug, die ihn jedoch in seinen Bewegungen hinderte, weil er sie nicht gewohnt war. So sprach er zu mir:
»Da sich meine künftige königliche Gemahlin dir anvertraut hat und du königlicher Arzt bist, will ich dir nichts verbergen. Deshalb sage ich dir, daß ein Prinz, der heiratet, an seine Gemahlin gebunden ist; das Land meiner Gemahlin soll also das meinige und die Sitten Ägyptens sollen die meinigen werden. Darum habe ich bereits nach Kräften versucht, mich mit ihnen vertraut zu machen, um bei meiner Ankunft in Theben kein Fremder mehr zu sein. Auch brenne ich vor Neugier auf alle Wunder Ägyptens, von denen ich so viel gehört, und auf die Bekanntschaft mit den mächtigen Gottheiten, die von nun an auch meine Götter sein werden. Am heißesten aber sehne ich mich nach meiner großen königlichen Gemahlin, da ich mit ihr Kinder zeugen und ein neues ägyptisches Herrschergeschlecht gründen will. Erzähle mir alles über sie, wie groß sie ist, wie sie aussieht und wie breit ihre Lenden sind! Du kannst offen sprechen, als wäre ich bereits ein Ägypter. Und du sollst mir auch nichts Ungünstiges über sie verbergen; denn du kannst mir vertrauen, so wie ich mich auf dich wie auf einen Bruder verlasse.«
Als Beweis dieses Vertrauens standen hinter ihm die Hauptleute mit gezückten Waffen und hielten die den Zelteingang bewachenden Soldaten die Speerspitzen gegen meinen Rücken gerichtet. Ich aber tat, als bemerkte ich es nicht, verneigte mich bis zum Boden vor ihm und sprach:
»Meine Herrscherin, die Prinzessin Baketamon, gehört zu den schönsten Frauen Ägyptens. Ihres heiligen Blutes wegen hat sie sich unberührt gehalten, obwohl sie einige Jahre älter ist als du; ihrer Schönheit aber kann die Zeit nichts anhaben: ihr Antlitz ist wie der Mond, und ihre Augen sind wie Lotosblüten. Als Arzt kann ich dir auch versichern, daß sie, obgleich ihre Lenden wie diejenigen aller Ägypterinnen schmal sind, alle Anlagen für das Gebären von Kindern hat. Sie hat mich dir entgegengeschickt, um die Gewißheit zu erhalten, daß dein königliches Blut ihres heiligen Blutes würdig ist, daß du körperlich alle Forderungen erfüllst, die man an einen Ehegatten stellen kann, und sie nicht enttäuschest. Sie erwartet dich mit Ungeduld, weil noch nie in ihrem Leben ein Mann sie berührt hat.«
Prinz Schubattu streckte die Brust vor, hob die Ellbogen in Achselhöhe, um mir seine Armmuskeln zu zeigen, und sprach: »Meine Arme spannen den stärksten Bogen, und zwischen meinen Schenkeln kann ich einem Esel den Atem ausquetschen. Mein Gesicht ist, wie du siehst, ebenfalls makellos, und ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt krank gewesen bin.«
Ich entgegnete: »Du bist gewiß noch ein unerfahrener Jüngling und kennst die ägyptischen Sitten nicht, wenn du dir einbildest, eine ägyptische Prinzessin sei ein Bogen, den man spannt, oder ein Esel, den man zwischen die Schenkel klemmt! Ich muß dir auf alle Fälle einiges über die ägyptische Liebeskunst vortragen, damit du dich nicht vor der Prinzessin schämen mußt. Meine Herrscherin hat wahrlich klug gehandelt, mich dir entgegenzusenden, um dich in unsere Sitten einzuweihen!«
Prinz Schubattu fühlte sich durch meine Worte sehr beleidigt; denn er war ein selbstbewußter Jüngling und wie alle Hetiter stolz auf seine männliche Kraft. Seine Hauptleute brachen in Lachen aus, was ihn noch mehr ärgerte, so daß er vor Wut erblaßte und mit den Zähnen knirschte. Vor mir aber wollte er wie ein Ägypter gebildet auftreten und äußerte daher so ruhig, als er es vermochte:
»Ich bin kein unerfahrener Junge, wie du zu glauben beliebst! Mein Speer hat schon manchen Ledersack durchbohrt, und deine Prinzessin dürfte keinen Grund zum Klagen haben, wenn ich sie in die Kunst des Landes Chatti einweihe.« Ich entgegnete: »Wohl glaube ich an deine Kraft, mein Herrscher! Aber sicherlich irrst du, wenn du behauptest, nicht mehr zu wissen, wann du zuletzt krank gewesen bist. Denn als Arzt sehe ich es deinen Augen und Wangen an, daß du nicht gesund bist, und weiß, daß du an Abweichen
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