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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Hernach versiegelte ich das Gefäß wiederum. Mit diesem Krüglein kehrte ich in das Zelt des Prinzen zurück, ließ mich auf seinem Teppich nieder, aß von den Gerichten, die uns Sklaven anboten, trank von dem Wein, den uns die Mundschenke in die Becher gossen, und obgleich ich die ganze Zeit an schwerem Brechreiz litt, erzählte ich tolle Anekdoten über die ägyptischen Sitten, um den Prinzen und seine Hauptleute zum Lachen zu reizen. Der Prinz lachte denn auch so stark, daß seine Zähne unaufhörlich blitzten, schlug mich mit der Hand auf den Rücken und meinte:
    »Du bist ein witziger Mann, Sinuhe, obwohl du ein Ägypter bist! Wenn ich erst in Ägypten heimisch bin, werde ich dich zum königlichen Leibarzt machen. Wahrlich, ich vergehe vor Lachen und vergesse meinen kranken Magen, wenn ich dich von den ägyptischen Ehesitten erzählen höre! Doch sind es verweichlichte Bräuche, welche die Ägypter wohl nur erfunden haben, um das Kinderkriegen zu vermeiden! Deshalb werde ich die Ägypter hetitische Sitten lehren und meine Hauptleute über die Bezirke Ägyptens setzen. Das wird dem Lande guttun, nachdem ich zuerst der Prinzessin das gegeben habe, was ihr gebührt.«
    Er schlug sich mit den Händen auf die Knie, trank, bis er berauscht war, lachte wieder und sagte: »Wahrlich, ich wünschte, die Prinzessin läge bereits auf meiner Matte! Deine Schilderungen, Sinuhe, haben mich aufgeregt, und ich werde dafür sorgen, daß sie vor Wollust stöhnt! Bei dem heiligen Himmel und der großen Erdmutter: ganz Ägypten wird noch vor Freude jauchzen; denn wenn einmal das Land Chatti und Ägypten vereint sind, gibt es in der ganzen Welt kein Reich mehr, das unserer Gewalt widerstehen könnte. Wir werden alle vier Erdteile unter unsere Herrschaft bringen, und unsere Macht wird sich von Land zu Land und von Meer zu Meer erstrecken. Vor allem aber müssen die Ägypter eiserne Glieder und feurige Herzen bekommen, damit sie den Tod höher als das Leben einschätzen. Das alles soll geschehen, und zwar sobald wie möglich!«
    Er hob den Becher und trank; alsdann opferte er der Erdmutter von seinem Wein und spritzte auch Wein in die Luft, um dem Himmel zu opfern, bis sein Becher leer war. Sämtliche Hetiter waren bereits angeheitert, und meine lustigen Geschichten hatten ihr Mißtrauen verjagt. Ich benützte daher die Gelegenheit, um. zu sagen:
    »Ich will dich und deinen Wein keineswegs herabwürdigen, Schubattu; aber du hast jedenfalls noch nie ägyptischen Wein genossen! Hättest du ihn einmal gekostet, würde dir jeder andere Wein wie Wasser schmecken, und du würdest ihn verschmähen. Deshalb wirst du mir verzeihen, wenn ich von meinem eigenen Wein trinke, von dem allein ich berauscht werden kann. Zu diesem Zweck nehme ich immer davon mit, wenn ich bei Fremden zu Gast geladen bin.«
    Ich schüttelte meinen Weinkrug, brach vor seinen Augen das Siegel und schenkte mir von dem Trank ein, wobei ich tat, als wäre ich betrunken, so daß ich von dem Wein verschüttete. Dann nippte ich am Becher und sagte: »Ah! Das ist Wein aus Memphis! Pyramidenwein, der mit Gold aufgewogen wird! Starker, süßer, berauschender ägyptischer Wein, desgleichen es nirgends in der Welt mehr gibt!« Der Wein war wirklich stark und gut. Ich hatte ihm Myrrhe beigemischt, die das ganze Zelt mit ihrem Duft zu erfüllen begann; aber noch durch den Wohlgeruch des Weins und der Myrrhe hindurch spürte ich den Geschmack des Todes. Deshalb rann mir beim Trinken Wein übers Kinn – die Hetiter aber hielten mich für betrunken. Prinz Schubattu ward neugierig, hielt mir seinen Becher hin und sagte:
    »Ich bin kein Fremder mehr für dich, und schon morgen werde ich dein Herr und Pharao sein. Gib mir daher von deinem Wein zu kosten; sonst glaube ich nicht, daß er so ausgezeichnet ist!«
    Ich aber preßte den Weinkrug an meine Brust, weigerte mich hartnäckig, seinem Wunsch nachzukommen, und erklärte: »Dieser Wein reicht nicht für zwei! Ich habe nicht mehr bei mir und will mich heute abend betrinken, weil heute ein großer Freudentag für ganz Ägypten ist: der Vorabend des ewigen Bündnisses zwischen Ägypten und dem Lande Chatti!«
    »Hiiah!« rief ich dann, indem ich den Schrei eines Esels nachahmte, und stammelte, den Weinkrug fest umarmend: »Meine Schwester, meine Braut, mein süßes Liebchen! Meine Kehle ist dein Heim und mein Bauch dein weiches Nest, und kein Fremder darf dich berühren.«
    Die Hetiter krümmten sich vor Lachen und schlugen sich mit den

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