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Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Titel: Sinuhe, Sohn der Sykomore 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Brueckmann
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Sinuhe durch das Chaos zur Tür, die in den Garten führte, und öffnete die Läden.
    Luft!
    Im hereinflutenden Licht erkannte er, was er instinktiv vermutet hatte: Anuket war tot. Vorsichtig näherte er sich der Prinzessin und nannte ihren Namen. Das Mädchen reagierte nicht, fuhr immer nur fort, sich zu wiegen, den Daumen im Mund. Er beugte sich vor und berührte sie sacht am Arm. Mit schrillen Schreien sprang sie ihm ins Gesicht, kratzte und kniff ihn. Alle Bemühungen des Schreibers, sie zu beruhigen, schlugen fehl. Da packte Sinuhe sie entnervt und trug das strampelnde Kind aus dem Zimmer.
    Nur fort von diesem Grauen!
    Vor Anukets Raum hatten sich inzwischen etliche Frauen versammelt und versuchten, ins Innere zu spähen. Sinuhe unterdrückte seinen Ärger darüber und schob die um sich tretende Prinzessin einer der Konkubinen in die Arme.
    »Sieh zu, dass sie sich beruhigt«, befahl er barsch. »Und holt die Leichenbestatter. Anuket hat ihre Reise in den Westen angetreten.« Dann ging er zurück in den Raum und knallte den Neugierigen die Tür vor die Nase.
    Sicherheitshalber untersuchte er den massigen Körper auf dem Bett. Voll Grauen zog er seine Hand von dem wächsernen Fleisch zurück. Hier war eindeutig nichts mehr zu machen. Nun hob er den Krug vom Boden auf und spähte hinein. Merkwürdig, da befand sich neben den üblichen Ablagerungen auch eine krümelige Substanz am Boden. Er stippte den Finger hinein und roch daran.
    Kräuter?
    Inzwischen surrten etliche Fliegen um die Tote herum. Einige taten sich auch an der kleinen Weinpfütze und dem Erbrochenen gütlich. Wie in Trance beobachtete Sinuhe die lästigen Biester, die ihre Rüssel in die Überreste steckten. Mit den Beinen nach oben fielen die Insekten nieder, kreiselten mit schrillem Summen am Boden und verendeten kurz darauf.
    ›Wie eigenartig‹, dachte Sinuhe, und dann durchzuckte es ihn. ›Gift!‹ Er konnte sich nun lebhaft vorstellen, wie der nächtliche Lärm entstanden war. Dem Wein musste eine todbringende Substanz beigemischt worden sein. Die Frau hatte sich in Krämpfen gewunden, dabei die Möbel umgeworfen und geschrien. Was für ein schrecklicher Tod!
    Trotz des abstoßenden Bildes, das der aufgedunsene Körper bot, empfand Sinuhe tiefes Mitleid. Unwillkürlich musste er an Mentuhoteps Ende denken. Als er sich sicher war, dass er nichts übersehen hatte, eilte er in das Büro von Meketre und erstattete ihm aufgeregt Bericht.
    »Gift? Aber wie kommst du darauf? Wer sollte Anuket etwas antun wollen? Nein, du musst dich irren.«
    Sinuhe war verwundert, dass der Vorsteher sich so gelassen verhielt. Er erzählte von seiner Beobachtung mit den Fliegen und von den Kräuterresten im Krug.
    Meketre lachte übertrieben jovial. »Na, da hast du dich aber in etwas verrannt. Dafür gibt es doch ganz einfache Erklärungen. Anuket wird dem Wein selbst die Kräuter beigegeben haben – für den Geschmack, weißt du. Und woran die Fliegen gestorben sind, ist auch sonnenklar: Leichengift. Jeder weiß doch davon«, legte er väterlich die Hand auf Sinuhes Schulter. »Das einzige Rätsel bei dieser Sache ist, wie sie schon wieder an den Wein gekommen ist. Ich hatte strikte Anweisung gegeben.«
    »Woran ist sie nun aber gestorben?«, wollte Sinuhe zweifelnd wissen.
    »Totgesoffen. Sie hat einfach zu viel getrunken. Und nun«, schob Meketre den widerstrebenden Beamten aus dem Raum, »geh wieder an deine Arbeit!«
    »Aber … Sollten wir nicht trotzdem Pharao davon berichten? Vielleicht droht Meritamun Gefahr? Die Kleine ist total verstört. Wo soll sie jetzt hin?«, stieß Sinuhe an der Tür noch hervor.
    »Nun hör mir mal zu, Bürschchen! Ob und wann ich etwas Pharao berichte, das überlasse getrost mir. Es ist nichts Gravierendes geschehen. Um die Prinzessin kümmere ich mich schon. Und du – wenn du deine neue Stelle behalten willst, dann mach deine Arbeit – und nichts weiter. Hast du verstanden?«
    Das war deutlich.
    Sinuhe begab sich an seinen Schreibtisch, doch er konnte sich nicht konzentrieren und machte so viele Fehler, dass er die Papyri immer wieder entnervt zerknüllte. Er glaubte den Beteuerungen von Meketre einfach nicht. Zu beiläufig hatte er alles abgetan. In seiner Stellung müsste er doch jedem Verdacht nachgehen? Schließlich fasste er den Entschluss, am Abend bei seinen Eltern vorbeizuschauen. Cheti würde sicher wissen, was zu tun sei. Schnell beendete er die Tagesarbeit. Bevor er jedoch ging, lenkte er seine Schritte noch

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