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«Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)

«Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)

Titel: «Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Schädlich
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hatten in Sachsen beträchtlich an Wert verloren, mußten aber preußischen Untertanen zum Nennkurs ausgezahlt und verzinst werden. Das sah der Artikel 10 des Dresdner Friedensvertrages zwischen Preußen, Österreich und Sachsen vom 25. Dezember 1745 vor.
    Voltaire erteilte Hirschel den Auftrag, sächsische Steuerscheine – Staatsanleihen – aufzukaufen.
    Allerdings – Voltaire war kein preußischer Untertan; er hoffte nur auf seinen Status als Schützling Friedrichs.
    Und: Der schwunghafte Handel, den geschäftstüchtige Preußen jahrelang mit den sächsischen Wertpapieren getrieben hatten, war schließlich durch königlichen Erlaß vom 8. Mai 1748 verboten worden.
    Voltaire ignorierte das Verbot.
    Er rechnete sich einen guten Gewinn aus und übergab Hirschel fünf Wechsel über insgesamt 10   000 Taler. Als Pfand hinterlegte Hirschel bei Voltaire eine Reihe von Diamanten. Hirschel schickte die Wechsel an seinen Geschäftspartner, den Bankier Hohmann in Leipzig, und reiste nach Dresden. Hohmann legte 8000 Taler für Hirschel beiseite und schickte ihm nach Dresden 2000 Taler. Die Wechsel übersandte er dem Pariser Bankhaus Lourtan et Baur. Sie lauteten auf den Namen des Notars Delaleu, dem das Bankhaus sie präsentierte.
    Voltaire hatte Hirschel aufgetragen, die Steuerscheine zum Preis von 65 Prozent einzukaufen. Hirschel meldete nach Berlin, sie seien nur zu 70 Prozent zu bekommen und bald wohl nur noch zu 75 Prozent.
    Friedrich erfuhr am 29. November von dem Handelsplan und zeigte sich empört.
    Hirschel schickte Voltaire keine Steuerscheine.
    Voltaire wies Delaleu in Paris an, seine Wechsel nicht auszuzahlen.
     
    Am 13. Dezember kam Hirschel aus Dresden zurück. Er schrieb Voltaire, der sich in Potsdam aufhielt, er habe keine Steuerscheine kaufen können.
    In Berlin verlangte Voltaire von Hirschel seine Wechsel zurück. Im Gegenzug wollte er Hirschel die als Pfand hinterlegten Diamanten zurückgeben.
    Aber Hirschel weigerte sich, die Diamanten anzunehmen. Er behauptete, Voltaire habe einige Diamanten mit wertlosen Fälschungen vertauscht.
    Ende Dezember erhob Voltaire Klage gegen Hirschel. Er legte dar, daß er von Hirschel fasciniert worden sei, sich mit ihm auf Geschäfte einzulassen, und klagte auf Herausgabe aller Aufträge und Wechsel und auf die Taxierung der Pretiosen, die er von Hirschel bekommen hatte.
    Der Prozeß zog sich hin.
    Voltaire fühlte sich krank und ließ Friedrich darum bitten, zur Erholung für einige Zeit in dem Landhaus des Marquis d’Argens vor den Toren Potsdams wohnen zu dürfen.
    Friedrich gestattete es nicht.

4.
    Das Gerichtsurteil erging am 18. Februar 1751: Hirschel habe die Wechsel an Voltaire zurückzugeben, Voltaire die Juwelen an Hirschel.
    Eine Woche später unterzeichneten Voltaire und Hirschel einen entsprechenden Vergleich.
    Noch während des Prozesses hatte man in allen Zeitungen von dem Rechtsstreit lesen können.
    Friedrich hatte gefürchtet, die Sache schade seinem Ruf. Denn über Voltaire war gesagt worden:
     
«Das also ist der Mann, den der König ehrt!»
     
    Friedrich war drauf und dran, Voltaire als Kammerherrn zu entlassen.
     
    Eine unrühmliche Rolle spielte ein einundzwanzigjähriger Studiosus namens Lessing, der einige Eingaben Voltaires an das Gericht ins Deutsche übersetzt und Voltaire gelegentlich als Dolmetscher gedient hatte.
    Über den Ausgang des Prozesses verfaßte Lessing ein Epigramm, dessen letzte Zeilen lauten:
     
«Und kurz und gut den Grund zu fassen, Warum die List Dem Juden nicht gelungen ist, So fällt die Antwort ungefähr: Herr   V. war ein größ’rer Schelm als er.»
     
    Es hätte Friedrich als König und Freund gut zu Gesicht gestanden, Voltaire den unglücklichen Versuch einer Spekulation zu verzeihen.
    Aber statt königlich-freundschaftlicher Nachsicht am 24. Februar ein Brief von Friedrich. Der ruhmsüchtige Räuber, der den Österreichern Schlesien gestohlen hatte, kanzelte Voltaire, den «französischen Vergil», den «geistreichsten Mann Frankreichs», ab wie einen Schuljungen:
     
«Sie haben den elendesten Handel von der Welt mit dem Juden gehabt. Sie haben das abscheulichste Aufsehen in der ganzen Stadt gemacht. Die Affaire mit sächsischen Wertpapieren ist in Sachsen so bekannt, daß man schwere Klagen darüber bei mir vorgebracht hat. Ich habe bis zu Ihrer Ankunft Frieden in meinem Hause gehabt, und ich warne Sie: wenn Sie die Leidenschaft zu kabalieren und zu intriguieren haben, so sind Sie bei mir

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