«Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)
Sie. Ich komme ohne Einladung. Retten Sie mich!»
«Aber mein lieber Voltaire! Sie sind mir jederzeit willkommen. Was ist geschehen?»
Voltaire berichtete von dem Zwischenfall in Fontainebleau.
Die Herzogin sagte:
«Ich fürchte mich nicht vor Ludwig. Er hat mein Haus zu respektieren.»
Voltaire wurde in einer geheimen Wohnung des Schlosses untergebracht.
Jeden Abend ging er über Treppen und Gänge zum Speisezimmer der Herzogin. Er las ihr nach dem Essen aus seinem Zadig vor, an dem er arbeitete.
Die alte Herzogin war von Voltaires Gesellschaft entzückt.
Émilie wagte es nicht, Voltaire zu besuchen oder ihm zu schreiben.
Nach drei Monaten konnte Voltaire das Schloß verlassen.
Émilie hatte ihre Spielschulden beglichen, und bei Hofe hatte man die «Sache» niedergeschlagen.
17.
In Cirey erschien im Januar 1748 der Jesuitenpriester Père Menou, Beichtvater von Stanislaus Leszczyński, und überbrachte eine Einladung an den Hof von Leszczyński, dem früheren König von Polen, Herzog von Lothringen, und dessen Geliebter, Madame de Boufflers, nach Lunéville.
Stanislaus bewunderte Voltaire und konnte die berühmte Émilie schätzen. Er war übrigens der Schwiegervater Ludwigs XV. Von Voltaire versprach er sich Theateraufführungen, Feste, amüsante Tischgesellschaften.
Es gehörte zu den Vergnügungen Voltaires und Émilies, von Cirey an den Hof von Stanislaus Leszczyński in Lunéville zu reisen.
An Madame de Boufflers schrieb Émilie:
«… niemals bleibt eine Liebe zwischen Mann und Frau immer auf der gleichen Ebene. Ach – am Anfang unserer Liebe erreichen wir die höchsten Gipfel … Die Feuer der Leidenschaft brennen am hellsten auf den Höhen. Doch sie verzehren sich dort auch am schnellsten … So war es von Anbeginn aller Zeiten zwischen Mann und Frau, und so wird es immer sein … Verschwindet die Leidenschaft, so kann sie zwischen diesem Mann und dieser Frau nicht von neuem entfacht werden … Ich habe … öfter beobachtet, daß der Mann zuerst abkühlt. Ich weiß nicht, warum das so ist, doch ich bin sicher, es ist der Lauf der Welt, der metaphysischen wie der physischen Natur, die den Mann von der Frau unterscheidet.»
Anfang Februar 1748 reisten Voltaire und Émilie nach Lunéville. Sie wohnten im Schloß von Stanislaus Leszczyński, dem «lothringischen Versailles».
Im Dienst Leszczyńskis stand ein junger Offizier, der den Frauen gefiel: Marquis Jean François de Saint-Lambert. Er war 1748 zweiunddreißig Jahre alt, Émilie zweiundvierzig. Ein stattlicher, großgewachsener Mann. Er drängte Émilie, sie ließ sich darauf ein.
Es war keine Liebe.
An Richelieu schrieb Émilie, ihr liebster Freund sei Voltaire, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen werde, aber ihr Liebhaber sei Saint-Lambert.
Voltaire und Émilie wieder in Cirey.
Im Januar 1749 sagte Émilie zu Voltaire:
«Ich bin schwanger. Von Lambert.»
«Hast du es ihm gesagt?»
«Er ist nicht interessiert.»
«Du mußt es deinem Mann schreiben.»
«Das habe ich getan.»
«Und?»
«Keine Antwort.»
Sie sagte noch:
«Und du?»
Voltaire sagte:
«Laß uns arbeiten.»
Er schrieb an seiner Histoire de la guerre de 1741 , sie arbeitete an der Übersetzung von Newtons Principia Mathematica .
Voltaire fühlte seine Beziehung zu seiner Nichte Louise Denis legitimiert.
Voltaire und Émilie reisten im Frühjahr 1749 wieder nach Lunéville. Stanislaus Leszczyński hatte Émilie erlaubt, ihr Kind im Schloß zur Welt zu bringen. Saint-Lambert kam hinzu, wohnte aber nicht im Schloß.
Im Mai schrieb Friedrich, er erwarte Voltaire Anfang Juli in Berlin.
«Lösen Sie Ihr Versprechen ein. Teilen Sie den Tag Ihrer Abreise genau mit; und will die Marquise du Châtelet mit Ihnen wuchern, so denke ich, mich bezüglich des Preises mit ihr zu einigen und einen ihr genehmen Tageszins zu zahlen für ihren Dichter, für dessen schönen Geist, für dessen …»
Ende Juli antwortete Voltaire:
«… ich komme; ich habe Ihnen versprochen, daß ich abreise, sobald Madame du Châtelet das Wochenbett hinter sich hat, was wahrscheinlich Mitte oder spätestens gegen Ende September der Fall sein wird.»
Mitte August schrieb Friedrich:
«Seien Sie gewiß, daß ich Sie ungeduldig erwarte … Nennen Sie mir, ich bitte Sie, die Route, die Sie nehmen werden, und wann Sie an meinen Grenzen eintreffen, auf daß Sie Pferde vorfinden.»
Voltaire antwortete aus Lunéville:
«Madame du
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