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Sirup: Roman (German Edition)

Sirup: Roman (German Edition)

Titel: Sirup: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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schierer Erschöpfung schlafe ich gegen vier Uhr schließlich ein. Deshalb bin ich besonders verzweifelt, als ich um 4 Uhr 20 von einem Jungmann geweckt werde, der gerade auf meinem Kopf sitzt.
    »Echt Wahnsinn, ey!« sagt der Junge. »Tut mir leid, Mann, hab dich echt nicht gesehen!«
    » Tim -othy«, schimpft Tina aus der Küche und kichert. »Tut mir leid, Scat.«
    Vor Wut kochend, krächze ich: »Verdammte Scheiße, so ein…«
    »Ganz ruhig, Mann«, läßt Timothy sich vernehmen und geht langsam Richtung Küche. Dort nimmt Tina ihn in Empfang und führt ihn zu ihrem Schlafzimmer. »Was hat der denn?«
    »Ach der , der arbeitet in der Werbung «, erläutert Tina, während sie die Tür zumacht.
    Ich bin so aufgebracht, daß an Schlaf nicht mehr zu denken ist. Also steh ich auf, spazier eine Weile in der Wohnung umher, atme tief durch und mache mit den Armen Lockerungsübungen. Als ich mich wieder etwas beruhigt habe, beginnen Tina und Timothy pünktlich eine kleine – gedämpfte – Kicherorgie. Plötzlich übermannt mich eine solche Wut, daß ich mich ganz schnell hinsetzen muß.
    Um fünf Uhr denke ich ernsthaft daran, einfach abzuhauen. Doch dieser Plan ist natürlich vollkommen idiotisch, weil ich so meine Karriere ganz sicher ruiniere. Trotzdem bin ich fast soweit.
    Um 5 Uhr 20 schließlich, genau eine halbe Stunde, bevor ich aufstehen muß, habe ich endlich eine Idee, wie ich vielleicht doch noch ein paar Minuten schlafen kann.
    Ich marschier schnurstracks in die Toilette und klappe die Klobrille hoch.
    Ach, wie dieser Anblick mich beruhigt! Dann kehre ich zu meinem Sofa zurück und versinke auf der Stelle in den tiefsten, intensivsten halbstündigen Schlaf meines Lebens.
    mktg-fallstudie # 6: zigarettenvermarktung

    IN ANBETRACHT DER TATSACHE, DASS DIESES PRODUKT SEINEN KONSUMENTEN UMBRINGT, IST DAS VERFAHREN RECHT EINFACH. ZUNÄCHST MÜSSEN SIE DIE LEUTE NUR DAVON ÜBERZEUGEN, EIN PAAR SCHACHTELN FLUPPEN ZU KAUFEN. BESONDERS WITZIG DARAN IST NATÜRLICH, DASS SIE DEN VERBRAUCHER ZUM KONSUM EINES PRODUKTES ÜBERREDEN MÜSSEN, DAS DIESER NACH EINER WEILE EINFACH KAUFEN MUSS. WICHTIG IST IN DIESEM ZUSAMMENHANG DIE BEHAUPTUNG, DASS DER VERBRAUCHER JA AUS EIGENEM ENTSCHLUSS SO HANDELT: LEITEN SIE DESHALB JEDE KAMPAGNE MIT DEM SATZ EIN: »ES ENTSPRICHT NICHT DER POLITIK UNSERES HAUSES, UNSEREN KUNDEN EINEN BESTIMMTEN LEBENSSTIL VORZUSCHREIBEN.«
    hoffnung

    Auf der Busfahrt zu Coca-Cola herrscht zwischen uns betretenes Schweigen, doch im Aufzug versucht 6 mich ein bißchen aufzuheitern. »Scat, wenn jemand so was auf die Reihe kriegt, dann Sie. Und vergessen Sie nicht – im Erfolgsfall stehen Ihnen alle Türen offen.«
    »Klar«, murmle ich und glotze betreten auf die Etagenanzeige. »Wahrscheinlich, damit sie mich schneller rausschmeißen können.«
    »Tut mir leid«, sagt 6 und sieht für ihre Verhältnisse sogar ein bißchen zerknirscht aus. »Als ich Sie in die Geschichte reingezogen habe, war mir nicht klar, was das für Sie bedeutet. War nicht ganz fair von mir.«
    Ziemlich schwierig, mit jemandem zu streiten, mit dem man sich einig ist. Ich belasse es deshalb bei einem düsteren Blick.
    6 atmet tief ein und drückt auf den Notstopp. Der Aufzug bleibt so abrupt stehen, daß ich fast gegen die Decke fliege. Noch bevor ich mich wieder gefaßt habe, hat 6 mich beim Revers gepackt, und ihr Gesicht ist direkt vor mir. Ganz gegen meine Art fühle ich mich durch ihre plötzliche Nähe wie betäubt. Das Aroma ihres Atems macht mich völlig fertig.
    »Sie sind talentiert, okay?« Sie sieht richtig wütend aus. »Sie sind ein Genie. So was hab ich noch nie zu jemandem gesagt.« Ihre riesigen dunklen Augen durchbohren mich. »Ja, vielleicht bist du sogar der beste Werbemann, der mir je begegnet ist.«
    Sie küßt mich.
    der kuß

    Hart. Ungestüm. Vernichtend.
    glaube

    6 macht sich von mir los, und ich schnappe nach Luft. Vor meinen Augen tanzen Sterne, meine Nerven sind außer Rand und Band und fragen völlig fassungslos: »Was zum Teufel war das ?« Eine Sekunde glaube ich sogar, daß 6 mir einen Schlag in den Magen verpaßt hat. Als sie den Aufzug wieder in Gang setzt, muß ich mich an der Wand festhalten, damit ich nicht umfalle.
    Die Türen öffnen sich, doch 6 bleibt reglos stehen. Sie sagt nur: »Wir können es schaffen, Scat. Wir schaffen es irgendwie.«
    Ich glaube ihr.
    entscheidungsschlacht

    Drei Millionendollarideen pro Jahr. Drei.
    Ich schalte nicht mal den Computer ein. Ich suche in den

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