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Sirup: Roman (German Edition)

Sirup: Roman (German Edition)

Titel: Sirup: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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Schreibtischschubladen herum, bis ich einen Stapel Papier und einen Stift finde, und dann fang ich an zu schreiben.
    Ich mache Entwürfe. Ich zeichne Bilder. Ich schreibe Scripts für Werbespots. Ich schreibe und schreibe. Ich redigiere nichts. Ich werfe nichts in den Papierkorb. Ich wühle mich nur immer weiter, Seite um Seite. Ich arbeite wie ein Verrückter.
    Drei Millionendollarideen pro Jahr.
    Als 6 mittags meine Gurkensandwiches abliefert, hab ich keine Zeit, mit ihr zu reden. Ich esse mit der linken und schreibe mit der rechten Hand weiter. 6 beobachtet mich einen Augenblick und zieht sich dann zurück.
    Ich arbeite nonstop bis 16 Uhr 30, als 6 mich abermals besucht. Sie wirkt so nervös, wie ich sie noch nie gesehen habe. »Scat, es ist Zeit. Egal, was dir eingefallen ist, wir brauchen es jetzt.«
    Ich atme langsam tief ein und lege mir den Papierstapel zurecht.
    Ich gehe meine Entwürfe und Einfälle durch.
    warum »calvin and hobbes« so lustig ist

    »Calvin and Hobbes« ist mein absoluter Lieblingscartoon.
    Auch »Robotman« gefällt mir nicht schlecht, und einen »Dilbert« lasse ich mir auch nicht entgehen. Doch keiner von beiden kann es mit »Calvin and Hobbes« aufnehmen. Weil »Calvin and Hobbes« einfach ins Schwarze trifft.
    Der Cartoon deckt viele Themen ab, doch mir imponieren am meisten die messerscharfen Einblicke in die amerikanische Marketing- und Werbeszene. Bill Watterson, der Erfinder von »Calvin and Hobbes«, haßt das Marketing. Das beweist schon der Umstand, daß er jegliches »Calvin and Hobbes«-Merchandising untersagt hat. Und deshalb gibt es weder Kaffeetassen noch Handtücher oder T-Shirts mit seinen Motiven. Er hat ganz bewußt auf die Möglichkeit verzichtet, einen Haufen Geld zu verdienen, weil ihm die Integrität seiner Karikaturen am meisten am Herzen liegt. Wenn das nicht beeindruckend ist!
    Bill ist auch dafür bekannt, daß er immer wieder Schaffenspausen einlegt. Für einen Karikaturisten, der Tageszeitungen beliefert, ist es verdammt schwierig, Pausen einzulegen, weil seine Arbeiten sonst ihren festen Platz in den Zeitungen verlieren. Doch Bill hat sich ein ums andere Mal eine Auszeit gegönnt.
    Es ist zwar nur eine Vermutung, aber ich glaube, daß Bill solche Pausen brauchte, weil er in seiner Arbeit ehrlich bleiben wollte. Ich glaube, für Bill war die Vorstellung unerträglich, eine Karikatur, von der er nicht völlig überzeugt ist, nur deshalb abzuliefern, weil die Terminvorgaben das verlangen.
    zweiter versuch

    »Na und?« fragt 6. Ihre Stimme klingt metallisch und gepreßt. Ich schaue zu ihr hinauf und blicke in ihr aschfahles Gesicht.
    »Alles Schrott«, sage ich schwerfällig. »Nichts als Schrott.«
    Das Wort Schrott hängt für einige Sekunden wie ein Donnerschlag in der Luft. 6 starrt mich an, als ob ich sie verraten hätte.
    »Nein«, sagt sie. »Es muß doch was dabei sein. Es muß…«
    »6…« Ich knalle den ganzen Papierstapel mit all den jämmerlichen Ideen angewidert auf den Schreibtisch. »Ich hab’s einfach nicht geschafft. Es ging einfach nicht.«
    6 läßt den Kopf hängen.
    »Tut mir leid«, sage ich.
    Sie blickt zu mir auf, und ihr Gesicht ist total weiß. »Ich muß mal ’nen Anruf machen.« Sie greift über meinen Schreibtisch hinweg nach dem Telefon und wählte aus dem Gedächtnis eine hausinterne Nummer. Sie wartet eine ganze Weile, bevor sie zu sprechen anfängt. Offenbar ist sie mit einer Mailbox verbunden. »Mr. Jamieson, hier spricht 6 um 16 Uhr 45 am Freitag, dem achtundzwanzigsten. Ich möchte von meinem Posten bei Coca-Cola zurücktreten.« Sie schluckt und läßt eine lange Sekunde verstreichen, bevor sie fortfährt: »Es ist mir nicht gelungen, die Sommerkampagne für Classic Coke zufriedenstellend zu managen, deshalb liegen wir jetzt mindestens vier Wochen hinter dem Zeitplan. Durch mein Fehlverhalten habe ich die Gewinnaussichten des Unternehmens gefährdet. Eine Entschuldigung dafür habe ich nicht.
    Danke für die Möglichkeiten, die Sie mir bei Coca-Cola eröffnet haben. Zum Schluß möchte ich Ihnen noch mein tiefstes Bedauern aussprechen.
    Auf Wiedersehen.«

KAPITEL 000006
    Leben, Tod und Coca-Cola
    nachspiel

    Wir stehen lange auf dem Parkplatz herum.
    Na ja, genaugenommen stehe ich auf dem Parkplatz herum. 6 sitzt auf dem Parkplatz herum, geht auf dem Parkplatz hin und her und starrt auf den Parkplatz.
    »Mensch, 6«, sage ich noch mal. »Vielleicht sollten wir jetzt besser gehen.«
    Sie sieht mich ausdruckslos an. Dann

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