Sirup: Roman (German Edition)
sich immer weiter auf, bis sie nur noch Zentimeter von meinem Gesicht entfernt ist. Ich bin von ihrem Duft wie betäubt, und für einen Augenblick gerät vor meinen Augen das ganze Büro in Bewegung.
»Scat«, sagt sie, und ihr wohlgeformter Mund verzieht sich zu einem richtigen, echten, wirklichen Lächeln. Welch ein Schock! »Manchmal…« Sie hält kurz inne und fährt sich mit der Zunge über die Lippen. Ich muß an mich halten, um ihr nicht zu nahe zu kommen. »Manchmal überraschst du mich«, sagt 6 leise.
das augenbrauenmanöver
Ich weiß genau, was ich jetzt tun müßte: Ich müßte eine Augenbraue anheben. Präzise das müßte ich tun. Denn von einer frech hochgezogenen Augenbraue ist es schließlich nicht mehr weit zu einem innigen Kuß, und dann könnte ich mit der Hand in ihr dunkles Haar fassen und sie an mich ziehen. Und danach – danach könnten alle möglichen Dinge passieren, die zwar derzeit mein Vorstellungsvermögen noch völlig übersteigen, die aber sicher ganz nett wären.
Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, ich würde ein solches Augenbrauenmanöver gegebenenfalls auch auf die Reihe kriegen, schließlich gehörte das schon in der High-School zu meinen Spezialitäten. Klar, seither hat sich die Nachfrage nach diesem mimischen Salto mortale in engen Grenzen gehalten, und vielleicht bin ich da oben ja auch schon ein bißchen eingerostet. Trotzdem gibt es Dinge, die man nicht vergißt.
Exakt diese Maßnahme wäre also jetzt geboten, daran besteht für mich nicht der geringste Zweifel, während 6s Gesicht meine ganze Welt erfüllt und ihr strahlendes Lächeln mir sagt, daß ich vielleicht, ganz vielleicht doch ein bißchen Bewunderung verdiene.
Meine linke Augenbraue fängt tatsächlich an, aufwärts zu wandern. Und dann flippe ich plötzlich aus, und mein Mund verzieht sich zu einem gigantischen, superblöden Lächeln.
kaffeemaschine
Ein Ausdruck des Erstaunens huscht über 6s Gesicht, dann richtet sie sich ganz auf, und ihr wundervolles Haar streift im Vorbeiflug mein blöde grinsendes Gesicht. Mir vergeht auf der Stelle das Grinsen, doch es ist schon zu spät. 6 strebt jetzt zu ihrer Kaffeemaschine hinüber und würdigt mich keines Blickes mehr.
»Dann bleibt uns also Zeit bis morgen«, sagt sie. Sie beäugt skeptisch ihre der Füllung harrende Kaffeetasse. »Ich möchte in dieser Besprechung zehn Gründe auf Lager haben, weshalb wir für die Kampagne besser geeignet sind als er.«
»Okay«, sage ich mehr oder weniger hilflos.
Abends schaut 6 schweigend Letterman , und ich kann nicht schlafen, weil ich ständig daran denken muß, was alles hätte geschehen können.
sechzehn gründe
Am nächsten Morgen bleibe ich zu Hause und arbeite an der Liste, während 6 ins Büro geht. Schließlich mache ich mich auf den Weg zu der Besprechung und habe fünfzehn Gründe parat, warum Sneaky Pete von uns heute eins auf die Nuß kriegt. Den wichtigsten Grund habe ich auf meinem Blatt Papier allerdings gar nicht genannt, denn: Sneaky Pete hat es geschafft, 6 voll in Rage zu bringen.
scat stellt ein paar hypothesen auf
Ich treffe fünfzehn Minuten zu früh bei der von 6 genannten Adresse ein, und schon stecke ich wieder mal in der Klemme. Die Adresse ist nämlich offensichtlich falsch.
Das Gebäude selbst ist sogar recht eindrucksvoll, das will ich gar nicht bestreiten. Hübsch gestalteter Eingangsbereich, moderne Beschilderung. Trotzdem wirkt der Bau heruntergekommen. Jedenfalls kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß der Vorstandsvorsitzende von Coca-Cola für eine geschäftliche Besprechung ausgerechnet ein Gebäude auswählt, auf dem vorne in Großbuchstaben zu lesen steht: »Heiße nackte Mädchen in Aktion!«
Ich stehe mit der Adresse in der Hand und offenem Mund auf dem Gehsteig vor dem Ludus und sage: »Ach du Scheiße.«
Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie 6 jetzt vor einem teuren Restaurant auf und ab geht, skeptisch auf die Uhr sieht und auf der Straße Ausschau nach mir hält. Sie wartet bis zum letzten Augenblick und geht dann alleine rein. Und schon bevor alles anfängt, ist sie in der Defensive, als Jamieson sie fragt: Und wo bleibt Scat? Wann erwarten Sie ihn? Wissen Sie überhaupt, ob er kommt?
6 wird mich umbringen. Ja, sie wird mich physisch vernichten.
Ich gehe ebenso schweißgebadet wie ratlos zehn Minuten auf dem Gehsteig auf und ab, und dann drängt sich mir plötzlich ein ganz anderes Bild auf. Ich sehe 6 vor mir, wie sie sich in heiterster
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