Sirup: Roman (German Edition)
wichtigen Positionen mit den richtigen Leuten besetze, das heißt mit Leuten, denen ich voll vertrauen kann. Das verstehen Sie doch, nicht wahr?«
Aus Angst, daß 6 diese Bemerkung als aggressiv auslegt und entsprechend reagiert, mische ich mich sofort ein. »Natürlich ist es ganz wichtig, daß die Kampagne professionell gemanagt wird, Mr. Jamieson. Das liegt uns sehr am Herzen.« Ich schiebe ihm ein freundliches Lächeln zu, um ihm zu zeigen, daß wir alle gute Kumpels sein können, und um 6 an unseren Vorsatz zu erinnern.
Jamieson lächelt zurück. »Ausgezeichnet! Genau das wollte ich von Ihnen hören.«
Ich kann nicht umhin, 6 einen selbstgefälligen Blick zuzuwerfen. Wenn das alles hier mal ausgestanden ist, werde ich sie auf einen Stuhl setzen und ganz oft Siehst du? sagen, und sie wird andächtig nicken und sagen: Na ja, Scat, vermutlich hattest du recht. Im Moment habe ich allerdings den Eindruck, daß sie ihre Wut kaum noch beherrschen kann.
Jamieson sagt: »Wie Sie bestimmt wissen, haben wir seit kurzem bei Coke einen neuen Mann: Sneaky Pete. Er hat ein paar sehr gute Ideen in das Unternehmen eingebracht, darunter das Konzept für ein Produkt namens Fukk, von dem wir uns für diesen Sommer viel versprechen.« Er nickt mir zu. »Lassen Sie sich die Geschichte bei Gelegenheit mal von Sneaky Pete selbst erzählen. Das wird ein gigantischer Erfolg.«
Ich sage so etwas wie »Sch…« und habe das Gefühl, mein eigenes Herz zu verschlucken.
»Die Sache ist die: Sneaky Pete hat gute Gründe dafür vorgebracht, daß es besser ist, ihn mit der Durchführung der Sommerkampagne zu betrauen«, sagt Jamieson und kratzt sich am Ohr, »und wissen Sie, ich bin dem nicht abgeneigt. Schließlich muß ich die wichtigen Positionen mit den richtigen Leuten besetzen, nicht wahr?« Er schaut mich an, und absurderweise nicke ich auch noch wie ein Vollidiot. Der Blick, den 6 mir daraufhin zuwirft, ist so haßerfüllt, daß ich ihn bis in die Zehenspitzen spüre.
»Mr. Jamieson«, sagt 6 und tritt einen Schritt vor, »wenn ich Ihre Zeit noch einen Augenblick in Anspruch nehmen darf. Ich glaube, daß es inzwischen zu spät ist, noch jemand anderen mit der Angelegenheit zu betrauen. Ich habe diese Kampagne konzipiert, und niemand kennt sich in dieser Sache so gut aus wie ich.«
»Ich weiß das durchaus zu schätzen, 6, und ich will Sie ja auch gar nicht aus dem Projekt herausnehmen. Ich möchte nur, daß wir mal darüber diskutieren, wie wir am klügsten vorgehen. Nur wir drei – beziehungsweise vier, falls Sie, Scat, ebenfalls Interesse haben.«
Ich mach schon den Mund auf, um einzuwilligen, verliere aber plötzlich jedes Zutrauen in meine Fähigkeit, etwas Intelligentes von mir zu geben, und mache die Klappe deshalb wieder zu.
Der Aufzug klingelt dezent, und die Tür öffnet sich. »Machen Sie mit Julie einen Termin aus.« Jamieson tritt aus der Tür und lächelt uns knapp zu, bevor sich die Tür wieder schließt. »Danke für Ihr Verständnis.«
mord eins
6 dreht sich langsam zu mir um, und während der nächsten Sekunden habe ich das ziemlich sichere Gefühl, daß ich gleich tot umfalle.
6 tätigt einen anruf
»Dann hab ich mich also geirrt«, sage ich. Während 6 mich mal wieder besonders furchterregend anschaut, geb ich mir redlich Mühe, mich nicht vollständig in meine subatomaren Partikel aufzulösen. »Ja, ich hab mich total geirrt.«
6 starrt mich über den Schreibtisch hinweg durchdringend an. Wahrscheinlich braucht sie gerade eine Röntgenaufnahme von meinem Gehirn. »Mann o Mann«, sagt sie schließlich. Sie nimmt das Telefon und wählt eine Nummer. »Mann o Mann.«
»Als Geschäftsmann bin ich die totale Null«, winsle ich. »Nie mehr werde ich dir einen Rat erteilen.«
6 knallt den Hörer wieder auf den Schreibtisch. Der Apparat zeigt schon einige bedenkliche Risse und ist an diese Art von Behandlung offenbar gewöhnt. »Mailbox«, sagt sie angewidert.
Ich fühle mich wie ein Idiot. »Wen hast du denn…?«
»Sneaky Pete.«
»Oh.«
Sie wählt erneut und drückt dann gleich auf den »Lautsprecher«-Knopf. Während auf der anderen Seite das Freizeichen ertönt, geht sie zu ihrer privaten Kaffeemaschine hinüber.
»Julie Stephens.«
»Julie, 6.« Sie läßt Kaffee in eine Tasse laufen. »Gut, daß ich Sie erwische.«
»Oh, hallo 6.« Wieder dieses Mißtrauen in der Stimme. Doch es klingt noch etwas anderes mit. 6 richtet sich auf und beäugt skeptisch das Telefon.
»Julie, erinnern Sie sich
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