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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sein Blick richtete sich auf Franz-Josef.
    »Nein«, sagte der. »Wir jagen ihn nicht. Niemand muss sterben … außer dem Menschen natürlich, wenn wir es zulassen.«
    Pierre winkte ab. »Ach, die sterben doch ständig. Einer mehr oder weniger fällt da nicht ins Gewicht.«
    »Also gut.« Edgar wirkte erleichtert. Der Gedanke an Sophies Rache hatte ihn wohl doch nicht ganz kalt gelassen. »Dann folgt mir.«
    »Danke«, flüsterte Pierre, als sie die Lichtung verließen.
    Franz nickte knapp, obwohl er insgeheim stolz auf seine Lösung war. Es war die erste eigenständige Entscheidung, die er als Kaiser getroffen hatte.
    Der Pfad brachte sie zu einem Bach, der sich zwischen Bäumen und Felsen hindurchwand. Sie sprangen über einige Steine, um ans andere Ufer zu gelangen. Franz-Josef sah nasse Sohlenabdrücke auf dem Fels. Der Mensch, den sie verfolgten, hatte erstaunlich kleine Füße. Er fragte sich, ob es ein Kind war und ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn das der Fall war.
    Edgar blieb plötzlich stehen. »Da«, sagte er leise.
    Franz-Josef blickte über Edgars Schulter. Vor ihnen wurde der Wald dichter und unwegsamer. Sträucher wuchsen zwischen umgestürzten Bäumen, Moos und Farne bedeckten den Boden. Edgar stieß Franz-Josef an und zeigte auf eine große Eiche, die mehr als einen Steinwurf entfernt aus dem Unterholz hoch in den Nachthimmel ragte. Im ersten Moment wusste er nicht, was Edgar dort gesehen hatte, doch dann entdeckte er die Gestalt, die am Stamm emporkletterte.
    Der wilde Vampir war nackt und dreckverkrustet. Geschickt und lautlos wie ein Affe sprang er vom Stamm auf einen breiten Ast und lief auf ihm entlang zum nächsten Baum. Sein Blick war nach unten gerichtet, sein Körper so angespannt, dass die Sehnen seines Halses hervortraten.
    Franz-Josef suchte zwischen den Sträuchern nach der Beute, die er ausgemacht hatte. Der Geruch des Menschen war stark. Er musste ganz in der Nähe sein, irgendwo unter dem Vampir.
    Und dann sah er sie. Wie eine vornehme Dame, die am Sonntag nach der Kirche durch die Stadt flanierte, schlenderte sie durch den Wald. Den Stoff ihres Rocks hatte sie zusammengerafft. Sie schien Nüsse und Beeren darin zu sammeln, denn sie bückte sich immer wieder und legte etwas in die Kuhle, die der Stoff bildete. Im Licht des Vollmonds wirkte ihr Gesicht weiß und so ebenmäßig wie Porzellan. Langes braunes Haar fiel offen über ihren Rücken. Wenn sich der Mond darin fing, sah es aus, als flösse Wasser von ihrem Kopf herab.
    Sie ist wunderschön. Es traf ihn wie ein Schlag und es war der einzige Gedanke, zu dem Franz-Josef fähig war. Er starrte sie an, wollte keine Bewegung verpassen, keine Geste übersehen, keinen Blick an etwas anderes als ihr Gesicht verschwenden.
    »Hübsches Mädchen«, flüsterte Pierre leidenschaftslos. »Ist schade um sie.«
    Edgar brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. »Nicht reden«, sagte er leise. »Es geht los.«
    Franz-Josef ballte die Fäuste, als sich der Vampir erneut in Bewegung setzte. Er hatte das Mädchen fast erreicht, wandte sich aber im nächsten Moment ab und verschwand zwischen den hohen Farnen.
    »Ich muss ihr helfen«, flüsterte Franz-Josef.
    Edgar und Pierre sahen sich an. Dann, als hätte ihnen die kurze Geste als Absprache gereicht, packten sie ihn an den Armen.
    »Lass den Dingen ihren Lauf«, sagte Pierre leise.
    Franz-Josef wand sich im Griff der beiden, aber sie waren stärker und älter als er. Edgar presste ihm die freie Hand auf Mund und Nase.
    Der wilde Vampir hockte auf einem Ast über den Farnen, hinter denen das Mädchen verschwunden war. Ansatzlos stieß er sich ab. Franz-Josef wehrte sich verzweifelt, kämpfte gegen den Griff seiner Begleiter, trat nach ihren Beinen und warf den Kopf hin und her, um die Hand über seinem Mund abzuschütteln, doch er kam nicht frei.
    Ein Sturm schien durch die Farne zu toben, doch nach nur wenigen Lidschlägen beruhigten sie sich wieder. Franz-Josef hörte weder Schreie noch Stöhnen, nur die Stille der Nacht, die sich über den Wald senkte. Es war vorbei.
    »Und wir haben nichts gesehen.« Edgar nahm die Hand von Franz-Josefs Mund. »Nur wegen dir.«
    »Vielen Dank, Franz.« Pierre trat einen Schritt zurück. »Jetzt darf ich mich erst mal ein paar Nächte mit seiner schlechten Laune herumschlagen.« Er legte Edgar eine Hand auf die Wange. »Willst du vielleicht noch etwas umbringen, Schatz? Ich bin sicher, wir finden einen Rehbock, oder wie wäre es mit dem Pferd hinten auf

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