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Sister Sox

Titel: Sister Sox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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an kurz geschnittenes Gras erinnern sollte. Überall waren Kunststoffpalmen aufgestellt. Dazwischen Hängematten und Hollywoodschaukeln. Der Dicke watschelte um eine Theke herum und öffnete den Kühlschrank.
    – Ein Bier?
    Ich nickte. Er stellte ein Pils auf den Tresen. Die ganze Zeit über behielt er mich im Auge und beobachtete mich aufmerksam.
    – Unser Exotenbereich, sagte er.
    Die Raumgestalter hatten an Hawaii gedacht und großflächige Wasserfalltapeten geklebt. An die Türstöcke waren zur Verzierung Kokosnussschalen genagelt. Daneben lebensgroße Fotos von ein paar nackigen, schwarzen Frauen. Obwohl die eher selten sind auf Hawaii, war aber egal. Um den kleinen Raum optisch zu vergrößern, war ein Spiegel aufgehängt worden.
    – Die Atmo bringt’s. Mit Licht kannst du viel machen.
    Aber nicht alles, dachte ich, als ich ihn genauer ansah. So eine Fresse kriegte man nicht mal durch Halbdunkel geschönt. Poren wie Krater, nikotingelbe Haut, Tränensäcke bis an dieKniekehlen. Bierschwanger wölbte sich seine Wampe nach vorne. Das weiße Hemd lag wie eine Wurstpelle an seinem Leib, so eng und faltenlos gespannt, als habe man die Hirschhornknöpfe mit der Nietpistole den Bauch hoch getackert.
    – Also, was willst du wissen?
    – Pia Sockelmann, so heißt meine Nichte. Kennen Sie die? Hat jemand von hier mit ihr Kontakt gehabt? Sie ist verschwunden.
    Ich legte ein Bild von Pia vor ihn hin. Einen kurzen Moment stockte die Flasche, die der Dicke sich zum Munde führte. Dann nahm er einen tiefen Schluck.
    – Nichts gehört, nie gesehen.
    – Und eine junge Frau mit Namen Sascha?
    – Auch nicht. Bei uns jedenfalls nicht.
    Von der Tür her ertönte ein Pfiff. Ein Bierfahrer in brauner Schürze fuhr auf seiner Karre Kästen herein.
    – Moment, rief der Dicke. Ich komme schon.
    Er zog einen roten Satinvorhang beiseite und öffnete mit dem Schlüssel, den er an einem Karabinerhaken am Gürtel trug, den in einer Nische stehenden Blechschrank. Dort angelte er einen Schlüsselbund vom Haken und verschwand mit dem Bierfahrer im Kühlraum. Ich ging auf die andere Seite der Theke und schaute in den Schrank. Die Pistole im Mittelfach fiel mir sofort unangenehm auf. Vorsichtshalber entlud ich sie, man fühlte sich dann doch etwas freier. Neben einer weißen Handkasse lag eine DVD mit der Aufschrift Sicherung . Ich steckte sie ein. Im oberen Fach zwischen Bankordnern mit Kreditkartenbelegen stand ein Schnellhefter mit Zeitungsausschnitten. Ich blätterte hinein. Es handeltesich um Berichte und Inserate verschiedener gastronomischer Firmen und Lokale. Auch Sabatinos Osteria , in der ich oft verkehrte, war darunter. Man schien die Konkurrenz im Auge zu behalten. Als ich das Scheppern der Bierkarre hörte, setzte ich mich in eine Hollywoodschaukel. Die beiden kamen zurück. Der Dicke verschloss den Kühlraum.
    – Das Leergut steht draußen, sagte er.
    – Habe es schon gesehen. Servus.
    Der Bierfahrer verschwand, und der Dicke watschelte wieder hinter die Theke.
    – Sonst noch was, oder haben wir alle Probleme gelöst?
    Ich zuckte die Achseln. Der Dicke deutete auf das Bier, das auf dem Tresen stand.
    – Macht dann hundert Euro.
    Er fasste nach dem Schein in meiner Hemdtasche. Ich schlug ihm einmal kräftig mit den Fingerknöcheln auf die Handwurzel. Er schrie auf und ließ die Hand sinken. Ich fasste sein linkes Ohr und zog ihn über die Theke zu mir her.
    – Keine Info, kein Geld. Klar?
    Ich ließ ihn los und wendete mich zum Ausgang.
    – Halt Bürscherl, so geht’s nicht.
    Ich guckte mich um und sah, dass er die Pistole aus dem Schrank geholt hatte und auf mich anlegte.
    – Lass den Schein rüberwachsen, oder ich werde grantig.
    – Probier’s doch, du Arschloch.
    Ich hörte hinter mir ein zweifaches Klicken. Er hätte tatsächlich geschossen. Ich nahm einen Aschenbecher vom Tisch und warf ihn in den Spiegel. Dann ging ich einfach weiter. Als ich die Pendeltüre hinter mir gelassen hatte, hörte ichihn Boris! rufen. Schließlich war ich wieder draußen. Pia und Sascha standen mit dem Club hier in irgendeiner Verbindung, so viel war sicher. Die Frage war nur wie.

10
    Die hohen Gänge des Polizeipräsidiums waren angenehm kühl. Endlich hatte ich die gesuchte Tür gefunden. Ich klopfte kurz an und ging hinein. Bungert saß auf einem Drehstuhl mit dem Rücken zu mir. Er hatte mich offenbar nicht gehört. Zwischen den Beinen hielt er ein Büchse. Mit der rechten Hand schöpfte er daraus Erdnüsse wie mit einem

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