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Sister Sox

Titel: Sister Sox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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die Rückenlehne gestopft war, und ging hinunter zur Isar. Dort kam mir Onkel Tom mit seiner Steel Guitar entgegen getorkelt. Ein Anblick, der einem alle Bitterstoffe der Depression ins Hirn schießen ließ. Vor mehr als zwanzig Jahren war er die heißeste Nummer der Münchner Clubszene gewesen. Inzwischen ist er abgestürzt. Er schiebt eine Bierwampe vor sich her, und seine Windstoßfrisur ist durchscheinend geworden. Sommers lebt er unter der Wittelsbacher Brücke und tingelt an der Isar von Lagerfeuer zu Lagerfeuer. Er grunzte wie eine waidwunde Wildsau, als er an mir vorbeistolperte.
    Bei einer schon schwer angeschlagenen Festgesellschaft schnorrte ich ein Bier und rollte mich unter einen Busch. Ein Stück weiter hatte ein Paar zueinander gefunden, genau genommen schon ineinander. War mir im Prinzip egal, nur hatte ein in die Enge getriebenes Wesen wie ich für derart heftige Lebensäußerungen wie das zur Schau gestellte Stöhnen der Frau definitiv keine Nerven mehr. Dieses hysterische Schatz-mach-weiter-ich-komme-gleich Gewinsel. Widerlich! Konnten die sich nicht ein Beispiel an der sozialverträglichen Beiläufigkeit der Paviane drüben im Tierpark nehmen? Ich zog mir den Schlafsack über den Kopf.

9
    Montagmorgen gleicht der Flaucher einem Schlachtfeld. Flaschen, zerknülltes Alu, faulige Haufen aus Lebensmittelresten, von Fliegen umschwärmt, drumherum hüpfende, pickende Krähen. Ich lag in einem Müllhaufen, während die Grillparty-People frisch geduscht und gebürstet schon wieder im Büro saßen. Ich war ziemlich schlecht drauf.
    Da half nur eine Rosskur. Ich zog mich aus und warf mich in die eiskalte Isar. Ich paddelte ein wenig herum, dann ließ ich mich von der Sonne auf einem der großen Steine trocknen. Zu meiner Menschwerdung fehlte jetzt nur noch ein Kaffee. Ich packte meine Sachen zusammen und ging zum Wagen zurück.
    Der gestrige Abend war ein kompletter Fehlschlag gewesen. Ich hatte Pia nicht finden können, und wegen Carmello hatte ich mir Ärger mit der Polizei eingehandelt. Gossec, der Loser der Wochenendes. Ich schaltete mein Handy ein, das Unangenehme zuerst. Ich rief im Polizeipräsidium Ettstraße an und verlangte Inspektor Dorst.
    – Wo sind Sie?
    Dorst verfügte über die Fähigkeit, ansatzlos zu schreien.
    – In Sicherheit.
    – Wir holen Sie sofort ab.
    – Vergessen Sie’s. Ich komme heute Nachmittag vorbei. Dann können wir uns unterhalten.
    – Ich sagte: jetzt!
    – Bin ja nicht taub, Inspektor. Aber ich habe noch etwas zu erledigen, das keinen Aufschub duldet.
    – Ich bestehe darauf, dass Sie sich auf der Stelle bei uns einfinden.
    – Jetzt hören Sie mal zu, Herr Inspektor. Gegen mich liegt nichts vor. Seien Sie froh, dass ich so pflegeleicht bin und mich Ihnen anbiete. Außerdem: Was wollen Sie tun? Mich fernmündlich festnehmen? Bis später!
    Ich legte auf. Vorne am Kiosk gab es einen Coffee to go . Ich nahm ein Hörnchen dazu. Ein scheußliches Teil, es schmeckte nach den Fleischpflanzerl, die der Kioskpächter auf Vorrat briet. Dann quälte ich mich mit meinem Bus durch Berufsverkehr Richtung Schwabing. Dort am Euroindustriepark nicht weit vom Wal Mart war der Club Oase .
    Bei Tage und ohne das Neonrotlicht sah das Ding schäbig und heruntergekommen aus. Eine betongraue aufgeblähte Garage. Vorne die Glastür zum bonbonrosafarbenen Empfang war geschlossen. Klingeln und Klopfen half nicht. Also ging ich um das Gebäude auf der Suche nach einem Hintereingang. Es war deutlich zu hören, dass jemand da drinnen herumrumorte. Auf der Rückseite war der Notausgang offen. Ein dicker Mann belud eine Sackkarre mit Getränkekisten. Als er mich kommen hörte, richtete er sich auf und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.
    – Was gibt’s, fragte er.
    – Ich suche meine Nichte, sagte ich.
    – Einen Kinderfick kriegst du bei uns nicht. Außerdem haben wir geschlossen.
    Ich zog einen Hunderteuroschein aus der Hose und steckte ihn mir in die Brusttasche. Er glubschte den Schein an und machte eine kurze Bewegung mit dem Kopf.
    – Gehen wir rein.
    Ich folgte ihm. Schon im Gang roch es nach kaltem Rauch. Eine Tür mit der Aufschrift Privat war halb geöffnet. Ein Server im klimatisierten Glasschrank war zu sehen.
    – Die Station für Kinderpornos, oder?
    Der Dicke lachte bullernd wie ein Kanonenofen. Ja mich leckst am Arsch! Für solche Scherze war er zu haben. Durch eine saloonartige Schwingtüre erreichten wir einen Clubraum mit grünem Teppichboden, der

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