Sisters of Misery
bei Freundinnen übernachtet?«
»Freundinnen? Was für Freundinnen?«, wollte Rebecca wissen. »Etwa diese Mädchen, von denen ihr euch lieber fernhalten solltet? Die, über die ich ⦠diese schlimmen Dinge gesehen habe? Diese Freundinnen? Du bist Cordelias einzige Freundin, Maddie.«
Die Worte trafen Maddie wie ein Fausthieb. AuÃer ihr hatte Cordelia niemanden. Sie war ihre einzige Freundin. Und sie hatte sie nach Misery Island gebracht und diesen Mädchen
überlassen, die mit ihr gespielt hatten - ein böses, grausames Spiel.
Nachdem sie heià geduscht und sich den Schmutz, den Sand und den Gestank nach Wein und Schweià vom Körper geschrubbt hatte, fühlte Maddie sich wieder zuversichtlicher und redete sich ein, dass Cordelia bestimmt jeden Moment durch die Tür kommen würde. Doch als der vom heiÃen Wasserdampf beschlagene Badezimmerspiegel wieder frei war, sah sie den riesigen Bluterguss auf ihrer Stirn, der sie an die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Nacht gemahnte. Hektisch zupfte sie ihren Pony zurecht, um die dicke Beule zumindest notdürftig darunter zu verstecken. AnschlieÃend schlich sie in ihr Zimmer zurück, um Kate oder die anderen anzurufen, konnte aber keines der Mädchen erreichen. Waren sie womöglich immer noch alle auf der Insel? Am liebsten wäre sie sofort hingefahren, um herauszufinden, was los war, aber sie wusste, dass Abigail oder Rebecca sie auf keinen Fall gehen lassen würden. Nicht solange Cordelia nicht wohlbehalten nach Hause gekommen war.
Nachdem sie noch ein paarmal erfolglos versucht hatte, Kate und die anderen zu erreichen, ging sie in die Küche hinunter, wo Rebecca, Abigail und Tess am Tisch saÃen und ihre Tante sie sofort erneut mit Fragen bestürmte. Maddie behauptete, sie hätte sich die Beule beim Feldhockeytraining zugezogen, obwohl sie wusste, dass ihr das niemand wirklich abkaufte. Tess sah sie an, als könne sie ihre Gedanken lesen, und wieder lag dieser unglaublich enttäuschte Ausdruck in ihren Augen.
Rebecca lieà Maddie immer und immer wieder die Ereignisse des letzten Abends rekonstruieren. Aus Angst vor Konsequenzen
wollte Maddie Kate und die anderen erst einmal aus der ganzen Sache raushalten, weshalb sie ihre Antworten so vage wie möglich hielt.
»Wir sind in der Katzenbucht schwimmen gewesen.«
»Wer war noch dort?«
»Nur wir ⦠am Anfang â¦Â«
»Waren diese anderen Mädchen auch dabei? Haben sie Cordelia irgendetwas angetan?«
»Ja ⦠ich meine, nein. Ja, sie waren auch dort, aber wir waren nur schwimmen und haben was getrunken und ⦠Ich weià nicht, was die anderen Mädchen gemacht haben.«
»Haben sie ihr Drogen gegeben?«
»Nein.«
»Lüg mich nicht an, Maddie!«
»Nein, haben sie nicht.«
»Haben sie mein kleines Mädchen ertränkt?«, rief Rebecca verzweifelt.
»Nein!«, schluchzte Maddie aufgelöst. Rebeccas, Abigails und Tessâ Fragen stürmten auf sie ein, und schon bald konnte sie nicht mehr unterscheiden, wo eine Frage aufhörte und die nächste begann. Anfangs klang Rebeccas Stimme noch anklagend, dann immer mutloser. Die Frauen unterhielten sich flüsternd und warfen Maddie immer wieder besorgte Blicke zu, um vielleicht doch irgendeinen Hinweis auf das zu bekommen, was passiert sein könnte.
Maddie war hin- und hergerissen. Sie fürchtete sich vor dem, was Kate mit ihr machen würde, wenn sie Rebecca, Tess und ihrer Mutter von den Sisters of Misery und den Ereignissen auf Misery Island erzählen würde. SchlieÃlich hatte sie mit eigenen Augen gesehen, wozu Kate in der Lage war. Vielleicht wäre sie ja sogar zu einem Mord fähig. Schaudernd schob sie diesen Gedanken wieder beiseite.
Rebecca stellte das ganze Haus auf den Kopf, sah in jeden
Schrank, spähte unter jedes Bett und schaute in jedem möglichen Winkel dreimal nach, während Maddie und Tess hilflos danebenstanden. Danach begann sie, jeden in der Stadt anzurufen, ging Namen für Namen und Nummer für Nummer das gesamte Telefonbuch durch. Als sie es im Haus irgendwann nicht mehr aushielt, machte sie sich mit Maddie zu Fuà auf die Suche nach Cordelia. Sie liefen jeden noch so schmalen Weg ab, klingelten an jeder Tür, hielten jeden an, der ihnen unterwegs begegnete. »Haben Sie meine Tochter gesehen?«, fragte Rebecca dann jedes Mal mit flehendem Ton und hielt ein
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