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Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Titel: Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt , Michael Sommer
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Oligarchen aus Syrakus und bekämpfte die mit ihnen verbündeten Karthager (322 v. Chr.). Dennoch misstrauten ihm die Syrakusaner: Wie ehedem Timoleon sollte ein Schiedsrichter aus Korinth die Wogen glätten und den Oberbefehl übernehmen; es kam der General Akestorides, der den Oligarchen die Rückkehr nach Syrakus gestattete und Agathokles in die Verbannung schickte.
    Agathokles, der sich nach Morgantina zurückgezogen hatte, dort Truppen sammelte und bereits Leontinoi erobert hatte, drehte jedoch den Spieß um und verhandelte nun selbst mit dem karthagischen Feldherrn Hamilkar. Hamilkar vermittelte tatsächlich zwischen den Oligarchen und Agathokles, dem die Rückkehr gestattet wurde und dessen Aufstieg nun nichts mehr hemmte: Agathokles ließ sich zum Strategen wählen und legte sich den klangvollen Titel „Wächter des Friedens“ zu. Wenig später, um 316, inszenierte der Wächter einen Volksaufstand, bei dem mehr als 4000 Menschen, vorwiegend Angehörige der Führungsschichten, ums Leben kamen. Nachdem er die übrigen Oligarchen verbannt und dem Schlachten ein Ende gesetzt hatte, berief er die Volksversammlung ein, von der er sich breitschlagen ließ, den „Schutz der Stadt“ zu übernehmen. Faktisch war Agathokles nun Tyrann, pro forma legitimiert durch die Akklamation der Volksversammlung.
    Unverzüglich rüstete der neue Herrscher auf. Gela, Akragas und Messene widersetzten sich seinem Machtanspruch; also wurde ihr Widerstand gebrochen. Abermals vermittelten die Karthager: In einem formellen Friedensvertrag wurde 314/13 v. Chr. jeder Stadt Autonomie zugestanden, Syrakus aber die Hegemonie über das gesamte griechische Sizilien. Die reale Machtverteilung zwischen Zentrum und Peripherie wurde damit erstmals in staatsrechtliche Formen gegossen. Agathokles war jetzt auch de jure Herr über die sizilischen Poleis.
    Doch noch immer regte sich Widerstand. Die Oligarchen in Akragas mochten sich mit Agathokles’ Hegemonie nicht abfinden. Die Eroberung der Stadt durch ein syrakusanisches Heer wendete die punische Flotte ab, denn in Karthago hatte man mittlerweile erkannt, welch mächtiger Gegner mit Agathokles heranwuchs. Fünf Jahre dauerte der Krieg (311– 306), der nun zwischen den beiden Großmächten entbrannte und bei dem die Karthager Syrakus und – |72| gleichzeitig – die Syrakusaner Karthago belagerten. Nie zuvor hatte ein sizilischer Machthaber militärisch auf afrikanischem Boden operiert; Agathokles tat nicht nur das, sondern schuf sich auch durch das Bündnis mit Ophellas, dem Herrscher von Kyrene, eine großräumige Machtoption. Er besetzte die punischen Städte Utica und Hippo Akra und besaß damit Flottenstützpunkte und Werften in Afrika. Freilich überdehnte Agathokles dann doch die Ressourcen seines Reiches: Er handelte mit Karthago einen Frieden auf der Basis des Status quo ante aus, errang einen Sieg über die letzten Anhänger der Oligarchie und war somit unbestrittener Herr über das griechische Sizilien. Hier freilich machte sein Wille zur Macht nicht halt: In weit ausgreifenden Flottenoperationen eroberte er die Inseln Lipara (Lipari, 304) und Kerkyra (Korfu, 299).
    Schon kurz nach dem Frieden mit Karthago nahm er den Königstitel an. Bereits sein weit ausgreifendes Agieren im Krieg mit Karthago hatte ihn nahe an die hellenistischen Mächte herangeführt, die im Osten das Erbe des Alexanderreiches angetreten hatten. Als sich dort Antigonos, Demetrios, Ptolemaios, Kassander Lysimachos und Seleukos nacheinander zu Königen erklärten („Jahr der Könige“), wollte auch Agathokles nicht zurückstehen. Mit den Ptolemäern verband er sich auch dynastisch und heiratete in dritter Ehe eine Stieftochter Ptolemaios’ I. (295). Eine Tochter von ihm heiratete den wegen seiner Siege berühmt gewordenen König Pyrrhos von Epiros. „König“ war Agathokles nicht etwa von Syrakus, sondern der Titel bezog sich auf das gesamte Gebiet, das er beherrschte. Darin manifestierte sich sein persönlicher Anspruch auf das eroberte Land. In Syrakus allerdings war seine Herrschaft weiter durch die Akklamation der Volksversammlung legitimiert; hier war er nicht König, sondern „Beschützer“.
    Risse in Agathokles’ Machtsystem zeigten sich bereits vor seinem Tod 289 v. Chr. Einer seiner Enkel, Archagathos, wollte sich nicht dem von Agathokles designierten Nachfolger, seinem Sohn gleichen Namens, beugen und ermordete den Rivalen. Wenig später starb auch Agathokles senior, vermutlich eines natürlichen

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