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Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Titel: Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt , Michael Sommer
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Osten, stark geschrumpft, die Wirtschaft lag danieder, in Stadt und Land herrschte Anarchie. Auch hierin einem Alexander ähnlich, hatte Dionysios I. ein Reich geschaffen, das so sehr auf seine Person zugeschnitten war, dass es ihn nicht überleben konnte.
    Epigonen: Timoleon, Agathokles und Pyrrhos
    Die Landung Dionysios’ II. eröffnete eine neue Runde der Kämpfe. Hiketas, ein alter Parteigänger Dions, der sich zuvor der Tyrannis in Syrakus bemächtigt hatte, ging mit seinen Anhängern ins Exil nach Leontinoi. Von dort aus wandten sie sich an Korinth und baten die Mutterstadt, eine Interventionsstreitmacht nach Syrakus zu entsenden. Korinth stimmte – aus Gründen, die sich uns nicht erschließen – zu. Hiketas, der seine Felle als Tyrann davonschwimmen sah, besann sich bald eines Besseren und schickte Gesandte nach Karthago – und auch dort entschloss man sich zum Eingreifen. Das korinthische Expeditionskorps unter Führung Timoleons, eines Angehörigen der korinthischen Oberschicht, das 344 bei Tauromenion (Taormina) landete, prallte also auf ein karthagisches Heer, das inzwischen bei Lilybaion im Westen Siziliens gelandet war. Timoleon verstärkte sein Heer um Söldner, zwang Dionysios II. zur Kapitulation |70| und errang einen unblutigen Sieg über das karthagische Aufgebot, das sich, obwohl zahlenmäßig weit überlegen, zu kämpfen weigerte. Die Karthager versuchten es noch ein zweites Mal, landeten erneut ein Heer in Lilybaion an – und wurden vernichtend von Timoleon geschlagen (um 340). Hiketas, der nun vollständig isoliert war, wurde von seinen eigenen Söldnern in Leontinoi fallengelassen, an Timoleon ausgeliefert und hingerichtet. Sizilien war befriedet – fürs Erste.
    Die Gestalt des Timoleon bleibt rätselhaft. Wieso beauftragte man in Korinth ausgerechnet den schon älteren, um 411 geborenen Aristokraten mit der Mission? Warum unterstellten sich so viele der kleinen Tyrannen und Condottieri Siziliens seiner Führung – aus freien Stücken, wie es scheint? Weshalb gelang ihm, was so vielen anderen versagt geblieben war, darunter Männern wie Dion und Hiketas? Für jemanden, dem für sein Unternehmen – genau wie den Tyrannen – jede Legitimation fehlte, wird er von der griechischen Historiographie erstaunlich pfleglich behandelt. Für den Erfolg seiner Mission und die Sympathien, die ihm, dem Fremden, entgegenschlugen, gibt es nur eine Erklärung: In der verzweifelten Lage des Jahres 344 war er der Einzige, der Rettung versprach. Wieder waren es, wie bei Dionysios I., fast schon messianische Heilserwartungen, die sich an eine charismatische Rettergestalt knüpften.
    Allerdings war Timoleon, anders als Dionysios, nicht auf eine unbefristete Alleinherrschaft aus. Er beseitigte zwar die kleinen Tyrannenherrschaften, die sich überall im Machtvakuum gebildet hatten, und restaurierte die Autorität der Zentralgewalt im gesamten griechischen Gebiet; zugleich aber schleifte er in einem hochsymbolischen Akt die Tyrannenresidenz, die sich Dionysios auf Ortygia errichtet hatte, und machte sich daran, die demokratische Verfassung, die sich Syrakus gegen Ende des 5. Jh. gegeben hatte und die formal nie aufgehoben worden war, zu revidieren. Die wichtigste Rolle spielten fortan die im Rat der 600 versammelten Vornehmen. Timoleon war, rein rechtlich, nur noch Privatmann. Doch auch als solcher verfügte er über eine so überragende Autorität, dass er in allen wichtigen Fragen konsultiert wurde.
    Doch noch bevor Timoleon bald nach 337 v. Chr. starb, brach in Syrakus wieder der alte Gegensatz zwischen Anhängern der Demokratie und stärker oligarchisch orientierten Kräften auf. Die im Rat der 600 versammelten Oligarchen behielten zunächst die Oberhand, aber im Volk begann es zu gären. Die Stimmung machte sich ein noch junger Mann namens Agathokles zunutze, der Sohn eines Töpfers aus Rhegion, der in Syrakus zu sagenhaftem Reichtum gelangt war. Agathokles agitierte in der Volksversammlung und beschuldigte zwei Führer der Oligarchenpartei, nach der Tyrannis zu streben; die freilich saßen vorerst |71| am längeren Hebel und trieben den Nachwuchsdemagogen ins Exil auf das italische Festland.
    Dort blieb Agathokles nicht müßig. Er betätigte sich als Kriegsunternehmer, der große Söldnerheere anwarb und in den Dienst zahlungswilliger Kunden stellte. Mit seinen Söldnern setzte er schließlich nach Sizilien über, nachdem er einen Angriff der Syrakusaner auf Rhegion abgewehrt hatte. Er vertrieb die

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