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Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Titel: Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt , Michael Sommer
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Ägadischen Inseln so vernichtend schlug, dass deren Befehlshaber Hamilkar Barkas um Frieden nachsuchen musste.
    Sizilien war damit für Karthago verloren. Es wurde, wie es wohl den römischen Kriegszielen von Beginn an entsprochen hatte, römisches Einflussgebiet. Zur Provinz wurde es damit allerdings noch nicht: Der Begriff der „Provinz“ als territoriale Untergliederung des römischen Herrschaftsgebiets außerhalb Italiens |78| stand 241 v. Chr. noch nicht zur Verfügung. Als
provincia
galt bis dahin der Kompetenzbereich eines Amtsträgers, also etwa ein militärisches Kommando oder die Führung der Staatskasse. Sizilien schuf also einen Präzedenzfall: Es war die erste außeritalische Besitzung Roms, und 227 v. Chr. entsandte man einen Praetor als Statthalter, dessen
provincia
Sizilien damit wurde. Ein zukunftsweisendes Herrschaftsmodell für die weitere römische Welt war geboren.
    Die allmähliche Provinzialisierung Siziliens durch Rom bedeutete nicht, dass der Statthalter sich nun in alle Belange der lokalen Bevölkerung einmischte. Die Städte und ihre Institutionen, die Regierungsform und die örtlichen Amtsträger – all das nahm keinen Schaden, sofern es mit den Bedürfnissen der römischen Herren harmonierte. Die Bewohner blieben Bürger ihrer Städte; und für die wenigsten wird die römische Machtübernahme einschneidende Veränderungen im Alltag mit sich gebracht haben. Vor allem sprach man selbstverständlich weiterhin Griechisch. Die Präsenz Roms beschränkte sich auf den geradezu minimalistischen Verwaltungsstab des Statthalters, das Einziehen von Tributen (das im Übrigen private Steuerpächter erledigten) und die Rechtsprechung, soweit sie die Kompetenzen der städtischen Gerichte überschritt.
    „Romanisierung“ hieß nicht, dass die Bewohner eroberter Gebiete über Nacht zu Römern wurden. Vordringlich war für Rom, dass die Provinzen in das Herrschaftssystem des entstehenden Reiches integriert wurden. Dazu beseitigte man Strukturen, Institutionen und Personen, die dieser Integration im Weg standen – aber nur sie. Imperien, auch das römische, zeichnet strukturelle Toleranz aus: Was der römischen Herrschaft nutzbar gemacht werden konnte, blieb unangetastet; wer der römischen Sache zu dienen versprach, blieb auf seinem Posten. Das römische Imperium hatte, anders als moderne Nationalstaaten, keine kulturelle Mission und es war nicht angetreten, lokale Kulturen einzuebnen und durch seine eigene zu ersetzen. Ohnehin hätte kaum jemand definieren können, was „römische Kultur“ überhaupt sein sollte. Wenn Menschen unter römischer Herrschaft allmählich ihre Gewohnheiten, ihren Kleidungsstil oder ihre Sprache änderten, dann taten sie das allein aus eigenem Antrieb.
    Der Linie struktureller Toleranz blieb Rom, bei allen Entwicklungen, denen sein Herrschaftssystem über die Jahrhunderte unterlag, von Beginn an treu. So blieb auch Hieron, der Stadtherr von Syrakus, in Amt und Würden. Er hatte sich, seit seinem Schwenk aus dem karthagischen Lager, Rom gegenüber loyal gezeigt und genoss nun, auch innerhalb der Provinz, weitreichende Sonderrechte. Erst der Zweite Punische Krieg (218 – 201) brachte den Prozess der Provinzwerdung zum Abschluss: Sizilien war in diesem Krieg zunächst lediglich römische Aufmarschbasis gegen Nordafrika. Anfang 215 v. Chr. aber starb Hieron, |79| und sein Enkel und Nachfolger Hieronymos beging den tödlichen Fehler, sich mit Karthago einzulassen. Hieronymos starb wenig später, doch der karthagische Feldherr Hannibal hatte in Syrakus unverzüglich Fakten geschaffen und die Stadt loyalen Gefolgsleuten anvertraut.
    Damit kehrte der Krieg nach Sizilien zurück: Zwei Jahre lang belagerte der römische Feldherr Marcellus Syrakus, dessen Widerstandswillen auch die ausgeklügelten Erfindungen des Mathematikers Archimedes im wahrsten Sinne des Wortes befeuerten. 211 v. Chr. fiel Syrakus, wobei auch Archimedes den Tod fand. Der Anekdotensammler Valerius Maximus (VIII. 7) berichtet, ein römischer Soldat habe Archimedes, der gerade darin vertieft war, Kreise in den Sand zu zeichnen, zu Marcellus befohlen; als der Grieche ihm antwortete: „Ich bitte dich, störe dies nicht!“, habe der Soldat den großen Wissenschaftler mit einem Schwerthieb getötet. Nach zähen Kämpfen im gesamten Westen der Insel fielen schließlich auch die letzten karthagischen Bastionen in römische Hand: Sizilien war nun römisch und blieb es für die nächsten 650 Jahre.
    Die römische

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