Skagboys 01
geschissen! Ich steh auf, lass sie weiterjammern und gehe raus ins Treppenhaus, um eine zu rauchen. Man muss den Bastard fast schon dafür bewundern, wie fest er die drei noch immer im Griff hat. Mein Vater: David Kenneth Williamson. Ich hab mal Bilder von meiner Ma gesehen, als sie noch jung war: eine wunderschöne, temperamentvolle Südländerin mit dunklen Haaren. Aber irgendwann hat sich die viele Pasta gerächt, und sie ging auf wie ein Pfannkuchen, bis sie schließlich aussah wie ein Schwerlasttransporter. Wie zum Teufel konnte sie sich damals nur von diesem verschlagenen Mistkäfer einwickeln lassen?
Der Regen hat mittlerweile aufgehört. Die Sonne scheint wieder kräftig und beseitigt die letzten Beweise für die Existenz des Schauers. Alles, was bleibt, sind ein paar Pfützen auf den unebenen Pflasterstein-Gehwegen von Sozialbauhausen. Ich sollte es genauso machen, sollte durch die Wohnung von Ma gehen und alle noch verbliebenen Spuren der Kackbratze beseitigen. Stattdessen nehme ich einen langen Zug von meiner Marlboro. Fühlt sich verdammt gut an.
Ich schaue aus dem Treppenhausfenster auf das sich sonnende Leith herab. Und eins, zwei, drei, was seh ich da? Ein verzanktes Ehepaar! Coke Anderson und Anhang krabbeln gerade aus einem Auto. Seine Frau, Janey, ist zwar mittlerweile in die Jahre gekommen, war in ihrer Blütezeit aber definitiv ein Hingucker und wär im Notfall auch jetzt noch für ne Nummer gut. Sie meckert mit Coke, der, besoffen wie immer, hinter ihr herlatscht. Seitdem ihn die Werft aus medizinischen Gründen mit einer Pension in den Ruhestand geschickt hat – und das war vor was weiß ich wie vielen Jahren –, ist der bekloppte Hund keinen einzigen Tag mehr nüchtern gewesen. Es tut mir ein wenig um den Jungen leid. Grant heißt er. Ist gerade mal acht oder neun Jahre alt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie demütigend es ist, wenn der Alte sich weigert, seinen Scheiß auf die Reihe zu kriegen. Bei meinem Vater waren es allerdings nicht so sehr die Alkprobleme, sondern eher die Frauengeschichten, die für peinliche Momente sorgten. Dann erblicke ich das vierte Familienmitglied und denke nur noch: Schnittenalarm! Schnittenalarm! Schnittenalarm! Die Tochter von Coke hat sich in einen verdammten Knaller verwandelt! Leider wird sie in dieser Umgebung mit spätestens achtzehn zu einem aufgeblähten Mitglied der Pavian-Spezies mutiert sein. Ich hätte aber ganz bestimmt nichts dagegen, von dem süßen Nektar zu naschen, bevor er ganz und gar ungenießbar wird!
Während sie die Treppe hochstiefeln, höre ich mir weiter ihren Streit an. Coke versucht, sich zu rechtfertigen. — Aber Ja-ney … ich hab da halt ein paar von den Kollegen getroffen, Ja-ney … war schön, die wiederzusehen, weißt du?, erklärt er mit seiner näselnden Jammerstimme.
Verdammt, ich komm einfach nich auf ihren Namen. Wie heißt die Tochter noch mal? Komm schon, Kleine, komm zu Simon …
— Kannst langsam mal ne andere Platte auflegen, stöhnt Janey und nimmt auf dem Absatz unter mir die nächste Treppe in Angriff. Als sie mich bemerkt, sieht sie mich kurz an und dreht dann den Kopf nach hinten zu Coke. — Bleib besser draußen, Colin, und nerv uns nicht!
Ich schaue in das hochrote Gesicht des kleinen Grant und schenke ihm ein mitfühlendes Lächeln. Versteh dich nur zu gut, kleiner Mann. Dahinter kommt die Tochter. Die schmollenden Teenagerlippen weit vorgeschoben, sieht sie aus wie ein Model, dem man gerade gesagt hat, dass es nur noch einmal das Outfit wechseln soll und nur noch einmal den Catwalk runtertanzen muss, bevor es sich die lang ersehnte Line Koks reinziehen und einen Wodka Martini genehmigen kann.
— Hallo, Simon, grüßt Janey knapp, als sie an mir vorbeigeht, während Maria, so heißt die Tochter nämlich, die Rotzgören-Tour durchzieht und mich ignoriert. Sie hat blonde Haare und ist ziemlich braun gebrannt. Der schwarze enge Rock und das gelbe Top heben ihren Knusperhaut-Teint zusätzlich hervor. Schätze mal, dass die Andersons gerade erst von einem Familienurlaub auf Mallorca zurück sind, wo Coke sich ohne Frage wieder voll blamiert hat.
And suddenly that name will never be the same …
Schätze mal, dass das der letzte Familienurlaub gewesen sein wird, bei dem die Kleine mitgefahren ist. Von nun an checkt sie in ihren Ferien höchstwahrscheinlich im Hotel Teenage Lust ein und lässt entweder mit ein paar Freundinnen oder mit einem jungen, attraktiven Kerl aus der Nachbarschaft die Puppen
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