Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
für junge Kerle – Männer, die noch nicht von nagenden Sorgen über die eigene Vergänglichkeit gequält wurden. Schnell leerte er die Gläser und bestellte noch einmal das Gleiche. Er blieb an der gemütlichen Theke stehen und fühlte sich gut dabei. Warm und irgendwie betäubt. Die Getränke gingen ihm runter wie Öl.
    Als ihm die Frau hinter der Theke die neuen Drinks hinstellte, sah er seinen ältesten Sohn Billy, der mit seinen Kollegen Lenny, Granty und Peasbo in einer Ecke des Pubs saß. Er nickte ihnen zu. Die Jungs gestikulierten zwar, dass er sich zu ihnen setzen solle, doch er winkte nur ab. Er wollte sie unter sich sein lassen und nahm stattdessen die Evening News zur Hand, die auf der Theke lag. Die jungen Männer strahlten Kraft und Selbstbewusstsein aus, aber die Arbeitslosigkeit hatte ihren Horizont auf ihre Wohnumgebung beschränkt und sie wütend und rastlos gemacht. Es stimmte, was seine Großmutter aus Lewis, eine Anhängerin der Wee Free Church of Scotland, immer gesagt hatte: Für müßige Hände findet nur der Teufel Arbeit.
    Ein Mann war aus dem Büro nach vorn in die Bar gekommen und hatte den Dienst hinter der Theke begonnen. Aus dem Augenwinkel bemerkte Davie, dass er ihn anstarrte. Als er aufblickte, sah er den Ex-Polizisten, dem der Pub gehörte. — Bergarbeiter, was?, grinste er freudlos und zeigte auf den NUM -Anstecker an Davies Revers, den Renton senior in Orgreave mit einem anderen Streikenden getauscht hatte. — Maggie hat den Faulpelzen anständig heimgeleuchtet!
    Dicksons Worte trafen Davie Renton im Kern seiner Seele. Er spürte, wie eine längst vergessene Version seiner selbst – eine Version, die er vor Jahren, fünfzig Meilen auf der M8 gen Westen, begraben hatte – an die Oberfläche kroch. Erst erstarrten seine Züge, dann funkelte etwas Ungehobeltes in ihnen auf. Er glaubte, ein ungewolltes Zucken in Dicksons Gesicht wahrzunehmen, das sich in pure Wut verwandelte, als Davie den Vorfall mit dem Polizisten erwähnte, der vor Kurzem bei Unruhen in London zu Tode gehackt worden war. — Hab gehört, einer eurer Jungs hat unten im Süden den Kopf verloren.
    Dickson erstarrte kurz zu einer Salzsäule und begann im nächsten Moment zu hyperventilieren. — Ich zeig dir gleich, was es bedeutet, den Kopf zu verlieren, du Weedgie-Bastard, platzte es aus ihm heraus. — Mach bloß, dass du hier rauskommst!
    — Keine Sorge, ich gehe schon, erwiderte Davie mit einem steifen Lächeln. — Hier stinkt es eh irgendwie nach vergammeltem Bullen fleisch. Er starrte Dickson herausfordernd in die Augen, leerte langsam sein Glas, drehte sich um und ging zur Tür hinaus.
    Es zog ihn wieder in Richtung der geschlossenen Werft, und er spürte, wie ein Gefühl der Reue ihn zerfraß. Er war den Tränen nahe, als er an den enthaupteten Polizisten, dessen Familie und die Witwe dachte. Wie hatte das nur passieren können? Wie hatte er sich in einem Moment der Wut so schändlich verhalten können, um den schrecklichen Tod dieses Mannes – ermordet von einem aufgebrachten, hasserfüllten Mob – für seine persönliche Rache an diesem Spinner im Pub zu benutzen?! Was war nur aus diesem Land geworden? Er dachte an die Generation seines Vaters, in der Männer aller Klassen Seite an Seite marschiert waren, um sich der größten Tyrannei entgegenzustellen, die die Menschheit je gesehen hatte. Sicherlich hatte eine Klasse, wie immer eigentlich, mehr Opfer bringen müssen als die andere, aber sie waren vereint gewesen, durch ein gemeinsames Schicksal zusammengeschweißt. Dieser esprit de corps jedoch, geformt durch zwei Weltkriege und ein weitläufiges Imperium, schien schon lange Geschichte zu sein. Langsam, aber unwiderruflich brach alles auseinander.
    Die Jungs in der Ecke hatten gesehen, wie Davie in den Pub gekommen war. Lennys Hand war selbstverliebt durch seinen strohblonden Bürstenhaarschnitt gefahren, als er sein puterrotes Gesicht zu Billy gewendet hatte: — Kommt dein alter Herr nich mal zu uns rüber?
    — Nee, ich denke, er is bloß hier, um mal aus der Bude rauszukommen, antwortete Billy etwas verstimmt. Er war ein wenig enttäuscht, weil er die Gesellschaft seines Vaters in solchen Situationen immer genossen hatte. Der alte Herr drängte sich niemals auf. Ganz im Gegenteil: Er füllte eine Runde mit Leben, hatte immer eine gute Geschichte zu erzählen und riss Gespräche niemals an sich. Er war ein großartiger Zuhörer und immer für ein gut gelauntes Palaver gut. Der Gedanke, dass

Weitere Kostenlose Bücher