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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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keuchte Cathy, während sie eine Kippe ausdrückte, um sich gleich darauf die nächste anzustecken. — Nicht nach der Sache mit Klein Davie und unserem Billy vor Gericht!
    — Simon ist doch mit ihm unten. Der wird schon aufpassen, dass unser Junge nicht vom rechten Weg abkommt. Außerdem ist auch Stephen Hutchison bei ihnen in London, der Junge aus seiner alten Band, weißt du? Das ist auch ein guter Kerl. Der würde sich ganz bestimmt nicht in so was reinziehen lassen …
    Das schrille Klingeln des Telefons unterbrach Davies Argumentationslinie. Cathy hastete zum Apparat. Es war ihre Schwester. Davie ahnte, dass die beiden wieder Ewigkeiten damit zubringen würden, sich ihr Leid zu klagen. Er fühlte sich auf einmal überflüssig und ging raus, runter zu den Docks.
    Der permanent von leichtem Nieselregeln eingehüllte Hafen war für Davie zu einem zweiten Zuhause, zu einer Art Zufluchtsstätte geworden und erinnerte ihn an das heimatliche Govan im Südwesten von Glasgow. Er dachte zurück an die Zeit, als er in den Osten gekommen war, um mit Cathy zusammen zu sein. Wie er vor all den Jahren von einer Mietswohnung in eine andere Mietswohnung, von einer Werft im Westen zu einer Werft im Osten gezogen war und schließlich eine Stelle beim Schiffbauer Henry Robb gefunden hatte. Die alten Docks waren nun verlassen und menschenleer. Vor ein paar Jahren hatte man sie geschlossen und damit eine über sechshundertjährige Schiffsbauertradition in Leith beendet. Er war einer der letzten Männer gewesen, die damals ausbezahlt und entlassen wurden.
    Davie wandelte durch das Straßenlabyrinth von Leith, spazierte durch den getauten Matsch auf den Gehwegen und bewunderte die unterschiedlichen Baustile der Gebäude. Sie waren einst von Kaufleuten errichtet worden, die Geld und Wohlstand nach Edinburgh brachten, als die Stadt dank des Seehandels wuchs und gedieh. Wuchtige Steinkonstruktionen mit vergoldeten Kuppeldächern und von Säulen getragene, pseudo-griechische Tempelelemente dominierten die Gegend. Einst waren es Kirchen oder – wie die Citadel Station, an der Davie gerade vorbeitrottete – Bahnhofsgebäude gewesen. Jetzt beherbergten diese Bauten Läden, Geschäfte und Gemeindezentren, die mit geschmacklosen Postern in Neonfarben für ihre Waren und Aktivitäten warben.
    Viele dieser Gebäude waren baufällig und zeigten Spuren von Vandalismus oder Verwahrlosung. Verschärft wurde das Problem durch die Auswüchse des sozialen Wohnungsbaus: größtenteils trostlose Zweckbauten aus den Sechzigern. Als Ergebnis war Leith zwar in architektonischer Hinsicht vollkommen einzigartig, aber auch eine Geisterstadt. Davie betrachtete die alten Gleise, die in die stillgelegten Docks führten, und erinnerte sich an die Menschenmassen, die hier früher zwischen den Werften, Werkstätten und Fabriken emsig hin und her gelaufen waren. Jetzt stand da ein schwangeres Mädchen mit einem Kinderwagen an der Straßenecke und diskutierte mit einem jungen Kerl mit Bürstenfrisur und Trainingsanzug. Eine einsame Bäckerei, deren eine Fensterscheibe kaputt und deshalb zugenagelt war, versank zwischen leerstehenden Läden, in deren Schaufenstern Schilder mit der Aufschrift ZU VERMIETEN prangten. Eine Frau in brauner Kittelschürze und mit einer von Unmengen Haarlack in Form gehaltenen Frisur schaute Davie vorwurfsvoll an, so als wäre er für die Misere verantwortlich. Ein herrenloser schwarzer Hund schnüffelte in weggeworfenen Verpackungen herum und verscheuchte zwei Seemöwen, die kreischend protestierten, als sie über ihn hinwegflogen. Wo sind nur all die Leute hin?, fragte Davie sich. In ihren Wohnungen? Unten in England?
    Einem Naturgesetz in zentralschottischen Städten folgend, fand sich Davie Renton nach kurzer Zeit in einem Pub wieder. Es war eine Kneipe, die er sonst nicht frequentierte. In dem Laden hing ein drückender Geruch, den man sogar noch durch den Zigarettenqualm hindurch wahrnehmen konnte. Ansonsten war das Ambiente aber sehr gepflegt, der Tresen und die Tische glänzten. Die Bardame war ziemlich jung. Ihr schüchternes und unbeholfenes Verhalten ließ erahnen, dass sie sich erst noch an ihre Rolle als Eye-Candy gewöhnen musste. Es tat ihm irgendwie leid, dass sie in einem Pub wie diesem arbeiten musste, und so orderte er mit besonders freundlicher Miene ein Pint Special und einen Whisky. Er war selbst etwas überrascht von seiner Bestellung, da er dieser Tage selten Lust hatte, Hochprozentiges zu trinken. Das war etwas

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