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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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unter ihren Füßen bekam plötzlich Risse, und ein paar Augenblicke später raste Lizzie in den Abgrund hinab. Das Blut rauschte durch ihren Kopf, aber ein Gefühl der Taubheit erfasste ihre Glieder und ihr Gesicht. Sie strich ihr Haar nach hinten, hielt es mit der Faust fest und formte einen Pferdeschwanz. Dann drehte sie sich um, unsicher, ob sie die Stärke finden würde, den Flur hinunterzulaufen. Sie ließ ihre Portfolio-Mappe an der Wand vor Hammonds Büro stehen, ging die Treppe hinunter und verließ das Hochschulgebäude. Es war kalt draußen, aber Lizzie merkte es kaum, als sie sich auf eine Bank im Meadows Park setzte und auf den Matsch an ihren glänzenden Lederschuhen hinabblickte. Als sie schließlich den Kopf hob, schaute sie auf das schwache Licht des Mondes. Ungeduldig wartete sie darauf, dass es die letzten Strahlen der orangefarbenen Sonne ersetzen würde, die sich an diesem Spätnachmittag noch durch den Himmel kämpften. Konnte sie sich jetzt noch als Künstlerin betrachten? Oder waren das alles nur Eitelkeiten und wirklichkeitsfremde Spinnereien?
    Sie hatte das Fußballspiel gar nicht bemerkt, das gerade in einigen Metern Entfernung zu ihrer Bank endete. Er hingegen hatte sie sehr wohl wahrgenommen – wie sie da gedankenversunken auf der Bank saß – und betete, dass ihre Selbstverlorenheit noch bis zum Schlusspfiff des Schiedsrichters anhalten möge, damit er sich schnell umziehen und zu ihr gehen könnte. Tommy Lawrence spürte, dass sich hier eine Chance für ihn ergeben hatte, eine Art schicksalshafte Fügung. Und er hatte Glück: Nach einer raschen Dusche schlug er die Kneipeneinladungen seiner Teamkollegen aus und hastete durch den Park zu der einsamen Figur auf der Bank. Dann stand er mit einem Mal vor ihr – mit einem ernsten Ausdruck auf dem attraktiven Gesicht, in das seine noch nicht ganz trockene, braune Haarpracht hinabbaumelte.
    Lizzie widersprach ihm nicht, als er meinte, dass sie verärgert aussähe. Sie gingen einen Kaffee trinken. Sie erzählte, er hörte zu. Er merkte, dass es keine Wut in ihrer Stimme gab. Stattdessen erzählte sie ihre Geschichte mit einer Art teilnahmslosen Würde, die möglicherweise aber auch ein Ausdruck des tief sitzenden Schocks war. Tommy wusste instinktiv, dass er Lizzie helfen musste, ihre Wut und ihr Selbstwertgefühl wiederzufinden. — Es ist nur die Meinung einer Person, argumentierte er. — Hört sich so an, als wäre der Kerl ein echt schmieriger Freak. Ich wette, dass er insgeheim auf dich steht.
    Als sie Tommys Worte hörte, ging ihr ein Licht auf. Schließlich handelte es sich um den Cliff Hammond. Der Mann »genoss« einen gewissen Ruf. Mehr als einmal hatte er sie auf einen Drink oder einen Kaffee einladen wollen, und mehr als einmal hatte sie diesen egozentrischen Dandy zurückgewiesen. Mit einem Mal ergab alles Sinn: Der schrumpelige alte Lustmolch war verbittert und wollte sich nun auf diese perfide Weise an ihr rächen.
    — Na ja, also sonderlich objektiv ist er jedenfalls nicht, oder? Scheint mir eher ein echter Schleimbeutel zu sein, der Kerl, erklärte Tommy. — Du kannst nicht zulassen, dass ein halbgarer Wichser wie der dich auf diese Weise behandelt!
    — Stimmt! Das geht gar nicht, sagte Lizzie. — Das geht auf keinen Fall! Sie merkte, dass Tommy sie wieder aufgebaut und ihr neuen Mut geschenkt hatte.
    — Wir sollten hingehen und deine Mappe holen.
    — Aye, das sollten wir tun. Lizzie stand auf und hatte das Gefühl, dass mit einem Mal alles wieder richtig und wichtig war … dank Tommy Lawrence aus Leith.
    Die Mappe stand immer noch an der Wand vor dem Büro, wo sie sie hatte stehen lassen. Gerade als sich Lizzie das Portfolio unter den Arm schob, trat Cliff Hammond aus seinem Arbeitszimmer. — Liz … da bist du ja. Hatten wir nicht vor mehr als einer Stunde einen Termin?
    — Ja. Ich war sogar hier, aber dann habe ich gehört, wie Sie sich mit Bob Smurfit unterhielten.
    — Oh … Hammonds Gesicht wurde etwas blasser, als er Lizzies Begleitung bemerkte.
    Tommy tat einen Schritt auf den Dozenten zu und kam ihm damit ungemütlich nah. Hammonds Körper verkrampfte sich, er wich unfreiwillig ein wenig zurück. — Aye, anscheinend tauschen Sie sich gern mit Kollegen über Ihre Studentinnen aus, sagte Tommy anklagend mit zusammengekniffenen Augen.
    — Ich … ich denke … hier liegt ein … Miss…, stammelte Cliff Hammond, ohne das Wort »Missverständnis« aussprechen zu können.
    — Nicht gerade die feine Art,

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