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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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hinter dem Rücken anderer Leute zu tratschen. Ganz besonders mies allerdings, wenn es nicht der Wahrheit entspricht. Wollen Sie vielleicht wiederholen, was Sie zu Ihrem Kollegen gesagt haben?
    Als ein Dozent, der die emotionale Kraft der Kunst schätzte und die mitreißende Dynamik der momentan aufstrebenden Talente aus Glasgow liebte, war Hammond angesichts dieses Sturms gerechtfertigter Empörung nun mehr als geschockt von seiner eigenen Schwäche. Wäre Lizzie allein gekommen, hätte er sich an einer Erklärung versucht, um den Schaden zu begrenzen. So aber fühlte er sich klein und mickrig im Angesicht dieses groß gewachsenen, durchtrainierten jungen Burschen. Das Verhalten und die Ausdrucksweise des Jungen legten eine Herkunft aus Orten nahe, in die Hammond niemals einen Fuß setzen würde und deren Namen er nur aus der Peripherie der Stadtpläne oder als Endstationen der braunen Buslinien kannte und hin und wieder als Schauplätze erschütternder Sozialdramen in reißerischen Zeitungsartikeln wahrnahm. Je mehr Hammond sich dieser Tatsachen bewusst wurde, desto stärker machte sich der zuckende Spasmus auf seiner linken Gesichtshälfte bemerkbar.
    Dieser unkontrollierbare Reflex war es auch, der ihn vor physischer Gewalt bewahrte. Tommys Verachtung für die Feigheit von Lizzies Peiniger war schnell in eine Art Selbstekel vor den Folgen seines einschüchternden Verhaltens umgeschlagen. Die beiden Männer standen sich reglos gegenüber, bis Lizzie irgendwann an Tommys Ärmel zupfte. — Lass uns von hier verschwinden, sagte sie, und die beiden verließen das Hochschulgebäude, um etwas in einer nahe gelegenen Bar trinken zu gehen.
    So war Tommy vor zwei Wochen in ihr Leben getreten. Seitdem waren die beiden unzertrennlich gewesen. So flink er auch auf dem Fußballfeld sein mochte, so langsam war er in anderen Bereichen seines Lebens. Gestern Abend hatte Lizzie die Sache dann selbst in die Hand genommen und ihn nach ein paar Drinks in ihre Wohnung und ihr Bett geschleppt. Sie war erleichtert, dass die Sache nun endlich aus dem Weg war.
    Das Licht des späten Vormittags scheint durch die Vorhänge und legt sich auf ihre Körper. Lizzie schaut auf das zufriedene Gesicht des neben ihr schlummernden Tommy. Wie die Bücher in ihren Regalen und die Drucke an ihren Wänden scheint er eine Art Paradies zu versprechen. Was sie bisher über ihn gehört hat, war allerdings nicht durchweg positiv. Die Leute, mit denen Tommy abhing, hatten einen zweifelhaften Ruf. Vielleicht lag es ja an der postkoitalen Situation, aber Tommy machte gerade einen äußerst friedfertigen Eindruck. Auf der anderen Seite: Wer sah schon im Schlaf aus wie ein gemeiner Bösewicht? Selbst ausgemachte Fieslinge wie Frank Begbie strahlten wahrscheinlich eine engelhafte Unschuld aus, wenn sie schlummerten. Nicht dass sie das irgendwann selbst herausfinden wollte! Es war nur schwer vorstellbar, dass ein so netter Kerl wie Tommy tatsächlich mit einem durchgeknallten Psycho wie Begbie befreundet war. Lizzie konnte nicht verstehen, warum er sich mit solchen Leuten abgab.
    Eine Taube gurrt lautstark auf dem Fensterbrett, und Tommy reißt die Augen auf. Er blickt erfreut zu Lizzie, die neben ihm sitzt und Schlachthaus 5 oder Der Kinderkreuzzug liest. Sie hat ihre Lesebrille auf, die er zum ersten Mal an ihr sieht. Ihre brünette Lockenpracht hat sie nach hinten gebunden. Tommy fragt sich, wie lange sie schon wach ist und – mit einem Blick auf ihr T-Shirt – ob sie sich schon wieder ihren blauen Slip angezogen hat. — Na, du …
    — Guten Morgen. Lizzie schaut mit einem Lächeln auf ihn herunter.
    Er stützt sich auf seinen Ellbogen auf, um sich in dem hellen und angenehm duftenden Zimmer umsehen zu können.
    — Willst du was frühstücken?, fragt Lizzie.
    — Aye …, er zögert. — Ähm … was schlägst du vor?
    — Ich glaube, ich habe da ein paar Eier im Kühlschrank. Rührei mit Toast?
    — Hört sich super an.
    Plötzlich hämmert jemand gegen die Tür. — Wer zum Teufel kann das sein?, wundert sich Lizzie verärgert. Sie steht auf und zieht sich den Bademantel über. Als sie zu Tommy schaut, sieht sie, dass er sie anschaut. Er hat den blauen Slip unter dem T-Shirt entdeckt und ist fasziniert von ihrem Anblick.
    — Mach nicht auf, bittet er sie.
    Sie denkt kurz darüber nach, aber da klopft es erneut so vehement, dass man denken könnte, die Polizei würde vor der Tür stehen. — Scheint wichtig zu sein.
    Lizzie überlegt kurz, ob nicht ihre

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